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Diablo Immortal

Blizzard

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Free-to-Play aus der Mobile-Games-Hölle

„Diablo Immortal“ nutzt seinen großen Namen, um mit jedem erdenklichen Free-to-Play-Trick Geld zu scheffeln. Sympathisch geht anders.

Von Rainer Sigl

Monster totklicken, Schätze einsacken, seinen Helden oder seine Heldin hegen und pflegen: Das Spielprinzip von „Diablo“ ist seit einem Vierteljahrhundert unverändert. Auch, weil es perfekt funktioniert: Wer einmal reinkippt in den hypnotischen Trott des Actionrollenspiels, will nie wieder raus.

Das kann man toll finden oder aber sterbenslangweilig, die Motivation durch genau kalkulierte Endorphinausstöße hat aber Millionen Fans, die seit zehn Jahren sehnsüchtig auf Nachschub warten. Ja, „Diablo“ war immer schon sowas wie ein virtueller einarmiger Bandit; der neueste Ableger „Diablo Immortal“ hat es aber auf neue und unverschämte Art und Weise auf das Geld seines Publikums abgesehen.

„Diablo Immoral“?

„Diablo Immortal“ ist ein Mobile-Game, das nach Protesten alteingesessener Fans auch gleich mit einem - mäßig gelungenen, technisch wackeligen - PC-Port daherkommt. Außerdem ist es aber ein Free-to-Play-Spiel, und das heißt bekanntlich, dass man erst später im Game zur Kasse gebeten wird. Und das nicht zu knapp: Wer seinen Charakter vollständig und perfekt ausrüsten will, muss trotz Gratisstarts tief in die Tasche greifen - sehr tief. Über 100.000 Dollar sind dafür nötig, wurde von investigativen YouTubern ausgerechnet. Dem viel diskutierten Video musste kurz danach noch eines hinterhergeschickt werden, denn einige zusätzlich vorhandene perfide Abzock-Tricks waren den Autoren erst nach Veröffentlichung überhaupt aufgefallen.

Natürlich muss niemand annähernd so viel Geld ausgeben - eigentlich, so behaupten Blizzard und Fans des Spiels, könnte man sogar ganz ohne Geldeinwurf bis ans Ende der Kampagne kommen. Das mag stimmen, doch dafür sind Geduld und Standhaftigkeit nötig, denn Blizzard legt es mit wirklich allen Mitteln darauf an, das fette Geld reinzubringen. Kein Wunder, dass erboste SpielerInnen schon von „Diablo Immoral“ sprechen.

Geld her!

So gut wie alle Varianten von Monetisierung sind hier vertreten: Vom Abo-Modell über kosmetische Käufe, Gacha-Spielmechaniken bis hin zu Lootboxen und dem ultimativen Tabu, dem vielgeschmähten Pay-to-Win: Wer nicht bezahlt, kann vor allem im Endgame kaum mit jenen mithalten, die Geld ausgeben wollen. Just dieses Endgame, das erst nach dem ersten Run durch die Kampagne so richtig beginnt, ist für viele Hardcore-Fans der Hauptgrund, überhaupt zu spielen.

„Diablo Immortal“, erschienen für iOS, Android und PC.

„Free-to-Play“-Spiele dominieren seit einigen Jahren den Spielemarkt, über 80% der Gesamteinnahmen der Spieleindustrie werden mit dem Modell erwirtschaftet.

„Diablo Immortal“ ist vor allem in den ersten Spielstunden kein schlechtes Mobile-Game, das aber auch kaum etwas anders macht als die Vorgänger oder auch nur andere F2P-Games seines Genres. Ja, man kann hier ein paar Stunden ein fast „normales“ „Diablo“ spielen und freut sich, dass einen wie gehabt die altbekannte Spirale aus konzentriertem Kampf-Flow und Loot-Endorphinen ins Spiel zieht. Dieser großzügigen Verliebtheitsphase folgt, wie in fast jedem F2P-Spiel, der Liebesentzug: Wenn man so richtig reingekippt ist, steigert sich der Druck, doch bezahlen zu müssen, auf unangenehme Art und Weise.

Diablo Immortal

Blizzard

Made in China

Der große, legendäre Name „Diablo“ wird hier für Free-to-play der auf dem chinesischen Markt groß gewordenen, überdurchschnittlich manipulativen Spielart dieses Bezahlmodells missbraucht; NetEase, der Entwickler des Blizzard-Mobile-Ablegers, ist ein großer Player im dortigen F2P-Markt. In Belgien und den Niederlanden startet „Immortal“ übrigens nicht: Die dortige Gesetzeslage stuft Teile seiner Spielsysteme als Glücksspiel ein. Vielleicht sollte sich auch in anderen Ländern der Gesetzgeber genauer ansehen, wie hier mit psychologischen Tricks auch bei sehr jungem Publikum ein Milliardengeschäft gemacht wird.

Etwas Positives hat die Sache somit: Der große Name „Diablo“ sorgt dafür, dass der hohe Preis von Gratisspielen endlich wieder einmal auch im Mainstream Thema ist. Wer „Immortal“ spielt, bezahlt: Entweder mit Geld, oder aber mit Lebenszeit und Frust.

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