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Cover des Albums "Universal Credit" von Jeshi

Because Music / Jeshi

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Jeshi zeigt auf „Universal Credit“, warum Austerität tötet

Der Londoner Rapper Jeshi hat auf seinem Debütalbum “Universal Credit” den schwierigen Spagat zwischen explizit politischem Rap und künstlerischem Wert geschafft.

Von Mahdi Rahimi

Der im Nordosten von London in Walthamstow, Postcode E17 - was den jüngeren FM4 Zuhörer*innen und Leser*innen ein Begriff sein sollte - aufgewachsene Rapper beschreibt auf dem Album die Auswirkungen von 12 Jahren Austeritätspolitik der konservativen Regierung, die gefolgt ist auf 13 Jahre Regierung eines neoliberalen Kriegsverbrechers, die wiederum auf 18 Jahre Thatcherismus gefolgt ist. „Universal Credit“ ist im Vereinten Königreich ein Neologismus für Sozialhilfe, die aber ähnlich wie Hartz IV darauf abzielt, dass Menschen möglichst in Unwürde leben und ihnen nie im Leben einfallen würde, ihr Leben in irgendwas anderes außer Knechtschaft vor dem Kapital zu verbringen.

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Das sind nicht meine Worte, sondern das sind u.a. abgewandelte Worte eines gewissen Mark Fisher, der quasi böse Zwilling des anderen Mark Fisher, der meint, dass „Universal Credit“ so konzipiert wurde, dass niemand auf die Idee kommt keine Arbeit zu suchen.

Das übliche Treten gegen die Arbeiterklasse und Arbeitslose hat aber in Großbritannien Tradition und wurde nicht erst von den Konservativen eingeführt. Anfangs erwähnter neoliberaler Kriegsverbrecher brachte in seiner Regierungszeit Werbung im Fernsehen gegen „Benefit Fraud“ und dass man u.a. auch gegen die Nachbarn „snitchen“ sollte. Doch falls jemand lieber aus erster Hand über das Vereinigte Königreich Informationen haben möchte, statt meine Nacherzählungen durchzulesen, soll er/sie bitte beim geschätzten Kollegen Robert Rotifer vorbeischauen, der dies seit über 25 Jahren weitaus kompetenter als ich angeht.

Um zu Jeshi zurück zu kommen, so kann man ihn auf dem Albumcover mit einem Scheck über £324.84 sehen, was genau der Betrag ist, den man jetzt bekommt, nachdem die konservative Regierung den “Corona Bonus” von £20/Woche extra wieder gestrichen hat. Er beschreibt in Interviews auch das Aufwachsen in London ohne Vater, der nach Jamaica abgeschoben wurde, und die alltägliche Normalisierung eines Lebens in Armut und Gewalt.

Auf dem besprochenen Song “Protein” rappt Jeshi über das Londoner “Traplife” mit Anspielungen auf Erkrankungen durch schlechter Ernährung, was ebenfalls ein alltägliches Problem ist. Alles in allem ist „Universal Credit“ ein sehr schönes und berührendes Album, das zwar durch die aktuelle globale politische Situation und den Anstieg der Lebenserhaltungskosten in Großbritannien an Aktualität gewinnt, aber eine seit knapp 40 Jahren traurige Realität beschreibt, eine quasi normalisierte „everyday life“-Story, die uns so bald leider nicht verlassen wird.

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