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Sophie Rois und Milan Herms in Nizza am Strand.

Komplizen Film/Reinhold Vorschneider

Film

A wie Amour Fou

„A E I O U - Das schnelle Alpbahet der Liebe“ feiert die Amour Fou. Sophie Rois spielt die Hauptrolle in Nicolette Krebitz’ neuem Film, der sich erlaubt, charmant aus der Zeit zu fallen.

Von Maria Motter

Was Nicolette Krebitz in ihrem neuen Film als Liebe zu etablieren sucht, hat im Vorfeld der diesjährigen Berlinale manche irritiert: In „A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe“ beginnen ein 17-jähriger Außenseiter und eine 60-Jährige Schauspielerin, von der er Sprechunterricht bekommt, ein Verhältnis. Der Altersunterschied wäre das eine, das Machtverhältnis aber das andere, lauteten Bedenken vorab. Doch die kommen einem beim Anschauen von „A E I O U - Das schnelle Alpbahet der Liebe“ gar nicht in den Sinn. Es ist eine leicht verrückte, charmant und witzig erzählte Geschichte. Und Sophie Rois tanzt in der Hauptrolle regelrecht durch diesen fast schwebenden Film.

„Ich hatte zuerst auch Bedenken, ob das nicht eine Zumutung ist für einen jungen Buam, da die ganze Zeit spielen zu müssen, dass er sich für mich interessiert“, sagt Sophie Rois im FM4-Interview. „Dann hatten wir aber ein sehr lustiges Casting und wir haben super miteinander gespielt. Milan Herms ist nicht vierzehn, sondern er war achtzehneinhalb, als wir gedreht haben. Ein Erwachsener.“

Alles beginnt mit A

Alles beginnt mit dem Anfang vom Ende, in einer Gegenüberstellung in einem Kommissariat in Südfrankreich. Verdächtige Männer müssen antreten, jeder hält ein Schild mit einem Buchstaben. Das „A“ hat Adrian (Milan Herms), doch Anna (Sophie Rois) lässt sich nichts anmerken. „Au Revoir, Herr Kommissar“, grüßt sie und fährt dem Ermittler davon, der noch mehr als vom Fall von ihr eingenommen scheint.

Der Prolog wird gegen Filmende aufgegriffen werden. „A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe“ führt von Berlin an die Côte d’Azur und lässt die Amour Fou hochleben. Sophie Rois und Milan Herms werden als klandestines Pärchen unterwegs sein.

Ein Paar hüpft durch eine Stadt im Süden. Szene aus "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe".

Filmladen

Milan Herms und Sophie Rois in „A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe“ von Nicolette Krebitz. Im nächsten FM4 Filmpodcast sprechen Pia Reiser und Christian Fuchs über diese Amour Fou und über Joachim Triers „Der schlimmste Mensch der Welt“.

Ennui in Berlin, Amour Fou an der französischen Rievera

Anna lebt ihr mondänes Leben in Berlin. Udo Kier gibt Annas Vermieter und den ihr teuren Freund, der einfädelt, dass Anna Sprechunterricht gibt. So hat sie auch einen Grund, im einstigen Arbeitszimmer ihres toten Lebensgefährten durchzulüften. Und der Zufall bringt dann Adrian ins Spiel.

Wie liebevoll und genau Nicolette Krebitz die Charaktere des Films zeichnet und sie ernstnimmt, unterhält zudem mit zauberhaften Einfällen, ohne ins Schrullige zu kippen.

Für die ursprüngliche Einsamkeit der Anna hat sie eine Szene: Anna baut sich eines Abends mit Spagat und Glöckchen eine Alarmanlage von ihrer Altbauwohnungstür bis ins Schlafzimmer. So dass der Glöckchenklang sie wecken und warnen würde, im Fall des Falles. Und sie überlegt dann doch, wer überhaupt was stehlen würde in ihrer Wohnung. „Das bisschen Schmuck und die Kunst an den Wänden, sie war ja meist in irgendeinem Lokal entstanden oder speziell an sie gerichtet. Wer würde schon eine gerahmte Serviette kaufen, auf der stand: Schlaf mit mir, Anna - Martin Kippenberger“. Sophie Rois ist auch die Erzählstimme im Off und die punktgenauen Beschreibungen sind Literatur im Ohr.

„Adrian hatte nicht nur einen Sprachfehler, er kam insgesamt nicht an im Leben. Er sorgte oft für Schwierigkeiten und es gab ständig Scherereien. Der Arzt sagte, er hätte ADHS und niemanden, der ihn liebt“, wird Adrian vorgestellt. Als er bei Anna anläutet, im alten Anorak und heller Hose, bringt er nur ein Ja heraus, doch bald hat er das Heft in der Hand. Ob er denn keine Freundin in seinem Alter fände, herrscht ihn Anna einmal an.

Milan Herms umarmt Sophie Rois Mitte. Szene aus "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe".

Komplizen Film/Reinhold Vorschneider

Adrian bringt Anna Wellensittiche, bunter als Blumen, und ist derjenige, der die sexuelle Annährung initiiert. Sie versteckt Zigaretten vor sich selbst am Küchenkastl, er legt den Kopf schief und beim Einkaufen Capri Sonne in den Korb. Am Strand wird sie ihm den Rücken zuwenden, damit er ihr aus dem Kleid hilft, indem er den Reißverschluss öffnet. Ein junger Mann von ganz unten und eine Dame der Gesellschaft finden da zueinander.

„Die beiden sind verschiedene Arten von Außenseitern, aber dieses Außenseitertum macht diese Liebesbegegnung möglich“, sagt Sophie Rois im FM4-Interview. „Dieses Ausscheren, um irgendwie an ein richtiges Leben ranzukommen und dem Leben noch mal so was abzugewinnen - das Leben sieht ja manchmal so aus, wir dürfen einkaufen gehen und viel anderes bleibt nicht mehr übrig. Wir dürfen Bungeespringen, Skifahren und bei ‚Deutschland sucht den Superstar‘ mitmachen. Man kennt das ja, dass einen das Gefühl beschleicht, dass das alles kein richtiges Leben ist, sondern irgendwie man nur so ein Hackfutter für ich-weiß-nicht-wen ist. Es ist dem Film schon gelungen, Szenen zu kreieren, wo die an was anderes herankommen. An irgendetwas, das sich Leben schimpfen kann.“ Das sei natürlich auch keine Garantie, dass das in die Ewigkeit gehe. Aber das ist ja auch nicht die drängendste Frage einer Amour Fou.

Udo Kier sitzt neben Sophie Rois in "A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe".

Filmladen

„A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe“ spielt mit Assoziationen zu Filmen der 60er Jahre. Für die Kamera wurden Objektive verwendet, die noch einen Fokuspunkt haben und nicht die totale Schärfe des heutigen HD-Materials. Und da Nicolette Krebitz auch noch Musikerin ist, betont die Filmmusik Neugier wie Suspense. „A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe“ ist eben anders als angenommen. A wie amüsant.

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