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Yes zu „Nope“: Der innovativste Blockbuster des Jahres

Eventkino muss nicht überladen und sinnentleert sein: Mit seinem neuen Meisterwerk zielt Ausnahmeregisseur Jordan Peele auf Herz und Hirn gleichermaßen. Eine kleine Lobeshymne auf einen Pflichtfilm, inklusive Interview mit den Hauptdarsteller*innen.

Von Christian Fuchs

Eine der ersten rudimentären Bewegtbildstudien aus dem Jahr 1887 zeigt einen schwarzen Reiter auf einem Pferd. Der Name des Jockeys wurde in Aufzeichnungen nie erwähnt. Die Geschwister Haywood, die in der Gegenwart eine kleine Pferderanch in Kalifornien betreiben, sind sich aber sicher: Dieser afroamerikanische Reiter ist ihr Vorfahre.

Auch die Heywoods haben mit dem Kino zu tun: Sie trainieren ihre Tiere für Film- und Fernsehproduktionen. OJ und Emerald Heywood, fantastisch gespielt von Daniel Kaluuya und Keke Palmer, haben es nicht leicht in dem ausbeuterischen Business. Der rassistische Druck ist zwar nicht so deutlich spürbar wie in früheren Jahrzehnten, aber auf subtile Weise omnipräsent.

Drei Personen in der Wüste

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Der verschlossene, bisweilen lakonische OJ und die quirlige, karrierebewusste Emerald leiden auch unter dem Tod des Vaters, der bei einem mysteriösen Unfall ums Leben gekommen ist. Und da sind seltsame Vorkommnisse am ländlichen Himmel, die den Geschwistern zu schaffen machen. Lauert wirklich ein UFO hinter den Wolken? Was haben die geheimnisvollen Vorgänge mit einem benachbarten Cowboy-Themenpark zu tun?

Charakterstudie, Horrorschocker und Science-Fiction-Epos

Nope“, Jordan Peeles neues Meisterwerk, beginnt als sarkastische Betrachtung der korrupten Verhältnisse in bad old Hollywood. Der Film wandelt sich zur Charakterstudie, erzählt uns mehr vom zurückhaltenden OJ und seiner konträren Schwester.

Dem britischen Oscar-Preisträger Daniel Kaluuya, dem Peele mit „Get Out“ zu einer Hollywoodkarriere verhalf, gelingen großartige Momente mit einem Minimum an Dramatik. Das Multitalent Keke Palmer, in den USA auch als Sängerin und TV-Star gefeiert, erschafft eine der charismatischsten weiblichen Kinofiguren in diesem Jahr. Alleine wenn sie in dem Farmhaus zum alten Plattenspieler geht, knisternde Soul-Tunes via Vinyl auflegt und dazu tanzt, möchte man Emerald stundenlang zusehen.

Dafür ist aber in „Nope“ keine Zeit, der Film wird zum packenden Horrorschocker und schließlich zu einem gewaltigen Science-Fiction-Epos. Dazwischen, und das sei jetzt hier nur angeteast, kehrt die Geschichte immer wieder zum gespenstischen Setting eines verwüsteten Fernsehstudios zurück.

Eine Frau auf einer Straße in der Nacht. Sie trägt ein T-Shirt mit einem verliebten Wile E. Coyote drauf.

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Reflexion über die Sensationslust

„Nope“ mixt alle erwähnten Genres so elegant und nahtlos, dass es die reinste cinephile Freude ist. Die Bilder des genialen Kameramanns Hoyte van Hoytema („Interstellar“, „Dunkirk“) sind gewaltig, vor allem die Nachtaufnahmen brennen sich unvergesslich ein. Die Tonspur sorgt mit tribalistischen wie futuristischen Klängen für Gänsehaut, zwischendurch flackern auch kurze Reminiszenzen an die legendären Sci-Fi-Scores eines John Williams auf.

Ganz deutlich ist die Ambition des Regisseurs spürbar, an Höhepunkte des Blockbusterkinos von Steven Spielberg oder Christopher Nolan anzuschließen. Jordan Peele, der sich mit „Get Out“ und „Us“ als einer der fortschrittlichen Genre-Regisseure im Hier und Jetzt etablierte, rückt aber erneut afroamerikanische Blickwinkel in den Mittelpunkt. Atemloser Schrecken und intelligente Sozialkritik kollidieren.

Drei Personen schauen durch eine Tür nach draußen.

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Dieser Alien-Invasion-Thriller der gänzlich anderen Art erweist sich aber auch als Reflexion über die Sensationslust der Menschen, verbeugt sich auf beklemmende Weise vor der amerikanischen Sitcom-Kultur, zelebriert die unermüdliche Arbeit von Filmcrews, bringt kultige T-Shirts von Bands wie Mr. Bungle, Earth oder The Jesus Lizard ins Bild.

Ganz schön viel auf einmal, aber bei Jordan Peele und „Nope“ geht sich das alles locker aus. Der innovativste Blockbuster des Jahres schockiert, fasziniert, lässt das Herz klopfen und stimuliert das Hirn, toll.

140. FM4 Film Podcast: Jordan Peele & Nope

Mit „Get Out“ und „Us“ hat sich Jordan Peele als einer der innovativsten Genre-Regisseure der Gegenwart etabliert, der afroamerikanische Blickwinkel in den Mittelpunkt rückt. Horror und Sozialkritik kollidieren auch in seinem neuen Film auf mitreißende Weise. Christian Fuchs und Natalie Brunner schwärmen über den ungewöhnlichen Alien-Invasion-Schocker „Nope“, einen filmischen Höhepunkt des Jahres. Am Montag, 15. August 2022, on air und online. Und als FM4 Podcast.

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