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Europride 2022

David Riegler/FM4

Die EuroPride 2022 ist durch Belgrad gezogen

Trotz massiver Proteste und behördlichen Absagen konnte die EuroPride durch eine Entscheidung in letzter Minute doch noch durch Belgrad ziehen, wenn auch mit deutlich kleinerer Route. Das EuroPride-Team spricht von einem wichtigen Zeichen der Solidarität für ganz Europa.

Von David Riegler

Zum ersten Mal in der 30-jährigen Geschichte der EuroPride ist die Parade nach Südosteuropa gekommen, genauer gesagt nach Belgrad, Serbien. Das ist jedoch nicht der einzige Grund dafür, dass diese EuroPride in die Geschichtsbücher eingeht, sie war auch eine der umstrittensten Pride-Paraden, die es in den letzten Jahren in Europa gab.

Drohungen und Gegenproteste

Der strömende Regen am Samstagnachmittag war dabei noch das geringste Übel. Aus Sicherheitsgründen musste die Polizei das Gebiet um die Parade großflächig absperren und jede*r einzelne Teilnehmer*in musste zuerst die Polizei um Einlass bitten, um überhaupt zum Versammlungspunkt der Parade zu kommen. Treffpunkt war der Verfassungsgerichtshof in Belgrad, ein historischer Ort, weil dort schon mehrere Verbote der EuroPride aufgehoben wurden.

Homophober Sticker

David Riegler/FM4

Schon seit Wochen protestieren Priester, rechtsextreme Gruppen, Hooligans und Motorradgangs gegen die Abhaltung der EuroPride und aus diesen Reihen sind auch immer wieder Drohungen gegen die Aktivist*innen gekommen. Der Umzug durch Belgrad wurde massiv verkleinert und war nur circa einen Kilometer lang. Es ist zu keinen größeren Zusammenstößen gekommen. Auf der EuroPride sind nur vereinzelt religiöse Gruppen durch die Absperrung gekommen um die Parade zu stören, außerhalb gab es jedoch einige Festnahmen und Ausschreitungen durch Hooligans gegen die serbische Polizei. Zehn Polizeibeamte wurden leicht verletzt und 64 Protestierende verhaftet.
Außerdem gibt es Berichte von Attacken, die nach dem Abschlusskonzert stattgefunden haben sollen. Die „LGBTI Rights Association“ bestätigt einen Vorfall, bei dem Hooligans mehrere Aktivist*innen aus Albanien zusammengeschlagen haben sollen, als diese auf dem Weg zum Hotel waren. Laut Aussagen der Aktivist*innen haben die Polizist*innen in der Nähe nicht eingegriffen.

Druck aus Europa und Widerstand aus Serbien

Trotz aller Widerstände und der bis zuletzt unklaren Situation ob die Parade stattfinden kann, haben sich an die tausend Menschen aus ganz Europa versammelt um ein Zeichen für Gleichberechtigung zu setzen. Unter den Demonstrierenden waren auch mehrere Diplomat*innen und einige EU-Abgeordnete, die damit den Druck auf die serbische Regierung erhöht haben für Sicherheit zu sorgen.
Der Konflikt hat europaweite Wellen geschlagen und die mediale Aufmerksamkeit der letzten Wochen auf Serbien gelenkt. Konservative und rechtsextreme Gruppen konnten so ihre Botschaften verbreiten. Das war für viele aus der Region ein Grund auf die EuroPride zu gehen, um zu zeigen, dass diese Gegendemos nicht ganz Serbien repräsentieren, so auch für die Aktivistin Lena: „I came here to show to other nations that Serbia is not like the image you get on TV these days. There are a lot of people who are supportive.“
Die unterschiedlichen Positionen gegenüber der EuroPride in Serbien erklären auch das politische Hin und Her und die widersprüchlichen Entscheidungen der Regierung. Die Ministerpräsidentin Ana Brnabić hat am Samstagvormittag noch in einer Rede betont, dass sie für die Sicherheit aller Pride-Teilnehmer*innen garantiere. Das Innenministerium hat sich aber bis zum Schluss geweigert zuzugeben, dass sie die EuroPride zugelassen haben, stattdessen heißt es man habe einfach nur die Menschen „zu einem Konzert eskortiert“. Damit ist das Abschlusskonzert im Tašmajdan-Stadion gemeint, wo die Parade geendet hat.

beim Marsch durch Belgrad

David Riegler/FM4

Ein historischer Sieg für die Community

Diese Unklarheit der Genehmigung war laut EuroPride-Team auch ein Hauptgrund, warum man schlussendlich deutlich unter den erwarteten 15.000 Besucher*innen geblieben ist. Dass trotz aller Umstände eine Parade stattgefunden hat, wenn auch in kleinerer Form, ist für das Team jedoch ein historischer Sieg: „This is a big victory for the LGBTQ Community in Serbia. It is very important that we showed solidarity and that many people from all over Europe came here.“, sagt Organisator Goran Miletić.

Diese Parade hat gezeigt, dass es auch im Jahr 2022 in Europa für queere Menschen noch immer gefährlich ist auf die Straße zu gehen und für ihre Rechte einzustehen. Bei der Abschlusszeremonie wurde die EuroPride offiziell an Malta übergeben, wo die Parade 2023 stattfinden wird. Das bedeutet aber auch, dass die Aufmerksamkeit aus ganz Europa aus dem Westbalkan schwindet und die queere Community hier wieder auf sich selbst gestellt ist. Die EuroPride zieht weiter, aber der Konflikt bleibt hier in Serbien bestehen. Auch nächstes Jahr soll es wieder einen Pride-Umzug durch Belgrad geben und die serbische Community bereitet sich schon auf den nächsten Kampf vor.

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