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Eine Frau, deren Kopf einbandagiert ist, sieht einmal aus dem Fenster und einmal in einen Spiegel

Stadtkino Verleih | Amazon Prime

Austro-Horror goes Hollywood

Mit dem Psychothriller „Ich seh, ich seh“ sorgte das österreichische Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala international für Aufmerksamkeit. Jetzt ist ein US-Remake via Streaming erschienen.

Von Christian Fuchs

Es war einmal ein sehr guter österreichischer Film. „Ich seh, ich seh“ erzählte von einer Mutter und ihren Zwillingssöhnen, die in einem einsamen Landhaus zusammen wohnen. Die Frau ist nach einer Operation bandagiert, fordert eindringlich Ruhe ein, die Kinder erkennen sie nicht wieder, reagieren aggressiv auf die neuen Regeln des Zusammenlebens. Was in der Isolation der Luxusvilla dann passiert, geht unter die Haut.

„Ich seh, ich seh“, erschienen 2014, ist halb Horrorthriller, halb Austro-Arthouse. Aus dem Genre stammen die gezielten Schocks, von Regisseuren wie Michael Haneke die emotionale Vergletscherung. Stilsicher vermischt das Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala in seinem Spielfilmdebüt die Welten. Susanne Wuest in der Hauptrolle geht an die Grenzen.

Dass es sich bei dem österreichischen Film um ein kleines Meisterwerk des Elevated Horror handelt, hat sich auch in Hollywood herumgesprochen. Und schnell ist in Produzentenmeetings das Wort „Remake“ gefallen. Jetzt ist die US-Fassung da, veröffentlicht via Amazon Prime, gedreht für alle untertitel-faulen Angloamerikaner.

Eine Frau, deren Kopf einbandagiert ist, und ihre Kinder, die sie anbrüllen

Amazon Prime

Schematisch und konventionell

Naomi Watts schlüpft in die Mutterrolle, mit Remakes hat sie viel Erfahrung. Auch in der US-Version von Michael Hanekes „Funny Games“ war sie zu sehen. Der Regisseur inszenierte damals selbst die Remakefassung, Bild für Bild dem Original folgend. Davon ist „Goodnight Mommy“ weit entfernt. Story, Kamera, Atmosphäre gehen in eine ganz andere, konventionelle Richtung.

Im Regiestuhl sitzt diesmal der junge Matt Sobel, der als Showrunner der poppig-brutalen Serie „Brand New Cherry Flavour“ für Aufsehen sorgte. Die Lust an grellen Schockmomenten, die dabei Fans von Indie-Splatter begeisterte, sucht man nun vergeblich. Schon lange hat ein Gruselfilm nicht so schematisch gewirkt, echte Spannung kommt nie auf, der aus dem Original übernommene Twist ist ganz früh vorhersehbar.

Eine Frau, deren Kopf einbandagiert ist, steht vor einem Spiegel

Amazon Prime

Zumindest Naomi Watts hat einige gespenstische Auftritte, ein paar monströse Albtraumsequenzen erzielen ihre Wirkung. Aber aus dem klinisch-kühlen Austro-Thriller, der nachhaltig für Verstörung sorgte, ist ein braver Horrorfilm geworden. Ein fader Aufguss eines aufwühlenden Originals, das Remakegesetz hat also wieder zugeschlagen.

Bonustrack: 3 gute Horror-Remakes

„The Hills Have Eyes“: Eigentlich ist das Original aus dem Jahr 1977, obwohl von Horrormeister Wes Craven, keine Neuauflage wert. Regisseur Alexandre Aja lässt sich von dem schundigen Schocker „Hügel der blutigen Augen“ aber zu einer intensiven Tour de Force des Terrors inspirieren. Nur für starke Nerven.

„Evil Dead“: Eingefleischte Fans hören es nicht gerne, aber Jahrzehnte später wirkt der „Tanz der Teufel“ nicht mehr ganz so furchterregend. Eher strahlt Sam Raimis 80er-Billigstreifen einen trashigen Charme aus. Eine extrem grimmige Coverversion ist „Evil Dead“ anno 2013 geworden, wer kein Filmblut sehen kann, sollte einen Riesenbogen machen.

„The Thing From Another World“: Das vielleicht beste Horror-Remake aller Zeiten stammt vom Genregott John Carpenter. 1982 verfilmt er nochmal die eiskalte Geschichte eines polaren UFO-Absturzes aus den 50er Jahren. Kurt Russell hetzt darin durch den Schnee, die Stimmung ist verstörend, die Monstereffekte zeitlos genial.

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