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Super Mario as a Painting

Rainer Sigl/Midjourney

FM4 Extraleben: Was ist Gameskultur?

Von „Gameskultur“ wird oft gesprochen, das Gameskränzchen geht diesmal aber der Grundsatzfrage nach: Welche Kultur soll das sein? Ist Gaming Sub-, Nischen-, Mainstream-, Gegen- oder gar irgendwann einmal Hochkultur?

Von Rainer Sigl

Eigentlich war die Frage ja ganz unverfänglich, und doch hat sie mich - und im Anschluss noch einige andere Menschen - sehr beschäftigt: Gibt es eine „Gegenkultur“ in Videospielen? Ich selbst bin zu keiner besonders befriedigenden Antwort a gekommen, aber stattdessen kamen da plötzlich noch mehr Fragen auf. Ein klarer Fall für die Gesprächsrunde eines neuen FM4 Extraleben mit Michaela Pichler, Robert Glashüttner und mir.

Dass Spiele Kulturgut sind - geschenkt, und längst offiziell. Aber irgendwie haftet dem Medium immer noch das Außenseiterstigma an - als Technologie und damit einhergehend als technische Nerd-Subkultur geboren, haben Computerspiele den Weg zwar in die berühmte Mitte der Gesellschaft gefunden, aber in der milliardenschweren Branche geht es trotzdem in den meisten Fällen nur um maximale kommerzielle Verwertung.

Die größte Bühne der Welt

Die kulturelle Relevanz von Videospielen manifestiert sich vielleicht am deutlichsten in ihrer Form als Bühne oder Folie für etablierte Kultur: Wenn in der Welt des Blockbuster-TVs mit Serien wie „The Witcher“, „Edgerunners“, „Arcane“ oder bald „The Last of Us“ Spiele verfilmt werden, wenn sich Pop-Superstar Lil Nas X als „Präsident“ des MOBA-Riesen „League of Legends“ präsentieren lässt oder in „Roblox“ ein Live-Konzert gibt, während Ariana Grande in „Fortnite“ auftritt. Das Rolling Stone Magazine hat 2018 den Soundtrack zu „Red Dead Redemption 2“ nicht umsonst das vielleicht größte Album des Jahres genannt - immerhin haben schon in der ersten Woche nach Verkaufsstart 20 Millionen Menschen seinen Klängen gelauscht.

Also klar: Kultur! Aber braucht das umsatzstärkste Popmedium des Planeten eine derartige Bestätigung überhaupt, oder steht es mit seiner einzigartigen Interaktivität sowieso außerhalb dieser verstaubten Zuschreibungen?

Super Mario as a Banksy graffiti

Rainer Sigl/Midjourney

Gegenkultur, Subkultur - Hochkultur?

Dass Games gesellschaftlich relevant sind, ist leichter zu bejahen als die Frage nach ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung. Jugendkultur ist immer Opposition - oder etwa doch nicht? Eine klassische „Gegenkultur“ im Definitionssinn, als „eine Kultur, deren Werte und Normen sich substanziell von jenen der Mainstream-Gesellschaft unterscheiden und manchmal deren kulturellen Gepflogenheiten diametral entgegengesetzt sind“, konnte man zumindest in manchen Games vielleicht noch Anfang der 90er-Jahre sehen, als „Killerspiel“- und Gewaltdebatten tatsächlich in einer oft trotzigen, klassisch jugendkulturellen Protest-Übertreibung gipfelten. „Doom“ & Co waren auch deshalb so kultig, weil man sich - wie beim Anhören von Gangsta Rap und Death Metal - ein bisschen verboten fühlen durfte.

Geblieben ist von dieser Opposition mit stetig wachsendem Erfolg des Mediums wenig - bis auf die gesamtgesellschaftliche Polarisierung und das Erstarken rechter und rechtsextremer Bewegungen, die sich wie zum Beispiel die Identitären generell um starke Präsenz auch in virtuellen Räumen wie Image-Boards, Social Media und Steam-Foren bemühen. Für eine besorgniserregende Dynamik - siehe auch die berühmte „Pewdie-Pipeline“ - reicht’s, für eine tatsächliche gegenkulturelle Produktion von Spielen, die das abbilden, zum Glück noch nicht. Auch wenn sich die Alt-Right mit bislang mäßigem Erfolg darum bemüht.

Sprechen wir über Computerspiele!

FM4 Extraleben

Zu allen Themen und Sendungen von FM4 Extraleben gibt es Online-Artikel (bis März 2017 und ab April 2017).

Und was ist mit Indie? Als klassische Subkultur gestartet, ist das Schlagwort inzwischen ähnlich schwammig wie „Alternative Rock“ oder „Underground“ geworden. Und bevor sich Games irgendwann einmal einbilden können, vielleicht zu einer wie auch immer gearteten „Hochkultur“ gerechnet zu werden, braucht’s noch sehr viel Kanon-Bildung - ein paar Games im MoMA reichen dazu nämlich noch nicht.

Das FM4 Extraleben plaudert über Gameskultur. Michi Pichler, Robert Glashüttner und ich im Gespräch. Die Erstausstrahlung findet am in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, 29. September 2022, bis 1 Uhr statt. Anschließend kann man das aktuelle Extraleben im FM4 Player , im FM4 Game Podcast sowie in der neuen ORF-Sound-App abrufbar.

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