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Cover von Greta Thunbergs Klimabuch

S. Fischer Verlag

Alle Facetten der Klimakrise: Greta Thunbergs „Das Klima Buch“

Die berühmteste Klimaaktivistin der Welt legt gemeinsam mit den renommiertesten Klimaexpert*innen ein großartiges Nachschlagewerk zur Klimakrise vor. Der wohl beste Einstieg, um das größte Problem der Menschheit in seiner ganzen Dimension zu erfassen.

Von Simon Welebil

Letzten Sonntag hat im ägyptischen Scharm al-Scheich die 27. UN-Weltklimakonferenz (COP) begonnen, bei der wieder einmal versucht wird, auf eine Klimapolitik einzuschwenken, die den Klimakollaps verhindert. Die COP ist die größte Bühne für Klimaschutz, doch die berühmteste Klimaaktivistin der Welt, die mittlerweile 19-jährige schwedische Schülerin Greta Thunberg, bleibt ihr heuer fern.

Was sie von großen Konferenzen wie der COP hält, hat sie schon öfter formuliert, am prägnantesten in ihrer berühmten „Blah, blah, blah“-Rede, in der sie die Versprechen von Politiker*innen als hohle Phrasen brandmarkt. Auch heuer betont sie im Vorfeld, dass die COPs nie darauf angelegt gewesen wären, das ganze System zu verändern, sondern einen graduellen Wandel herbeizuführen, für den man alle Parteien ins Boot holt. Wenn man es ehrlich verfolgt hätte, hätte so ein Vorgehen vielleicht vor 40 Jahren Erfolg haben können, aber da die Weltgemeinschaft in Wahrheit zu lange nichts gegen die Klimakrise unternommen hätte, würden die COPs einfach nicht mehr funktionieren und seien nur mehr eine Bühne für Mächtige, um sich für deren Pseudoklimaschutz feiern zu lassen.

Greta Thunberg bei der Präsentation ihres "Klima Buchs"

APA/AFP/JUSTIN TALLIS

„Klima Buch“ statt Klimakonferenz

Anstatt sich also auf einen weiteren Auftritt auf der COP vorzubereiten, hat Greta Thunberg ein anderes Projekt verfolgt. „Das Klima Buch“ heißt es. Der Titel ist schlicht, der Inhalt alles andere als das.

Der erste Schritt, um eine Krise zu lösen, sei nämlich nicht, die Situation zu evaluieren oder Sofortmaßnahmen zu treffen, sagt Greta Thunberg bei der Präsentation ihres Klimabuchs in London.

The first step in an emergency is to realise that you’re in one - and we are not there yet. We are not aware of the fact that we are in a climate crisis. But that is not the main problem. The main problem is that we are not even aware of the fact that we are not aware.

Mit dem „Klima Buch“ will Greta Thunberg helfen, dieses Bewusstsein zu schaffen. Das beginnt bereits beim Umschlag des annähernd 500 Seiten starken Buchziegels. Über den verläuft eine Reihe von vertikalen blauen und roten Streifen, es sind die in der „Klima-Bubble“ bereits ikonischen „Warming Stripes“. Jeder davon stellt die globale Durchschnittstemperatur eines Jahres dar, von 1634 bis zur Gegenwart. Je kälter ein Jahr dabei war, desto dünkler blau fällt der Streifen aus. Die letzten paar Zentimeter des Umschlags leuchten dafür in hellem rot: Die menschgemachte Erderhitzung in einem Bild.

Cover von Greta Thunbergs Klimabuch

S. Fischer Verlag

„Das Klima Buch“ von Greta Thunberg ist in der Übersetzung von Michael Bischoff und Ulrike Bischoff im S. Fischer Verlag erschienen.

Dass die Menschheit verstehen kann, wie dramatisch die Klimakrise ist, hat sich Greta Thunberg zu ihrem Pandemie-Projekt gemacht, mit dem sie einen möglichst umfassenden Überblick über alle Facetten der Klima- und Ökologiekrise geben will, und das für ein möglichst großes Publikum. Es ist die Essenz ihrer Literaturempfehlungen.

Ein Nachschlagewerk der Besten

Über 100 der renommiertesten Wissenschafter*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen haben ihre Expertise für dieses Buch beigesteuert, um die Krisen unserer Welt ganzheitlich zu behandeln. „Es behandelt alles“, schreibt Thunberg deshalb auch zu Beginn in ihrer Einleitung, und das in fünf großen Teilen: Die Grundlagen des Klimas, wie unser Planet verändert wird, welche Folgen das für uns bringt, was wir bisher dagegen unternommen haben und zum Schluss: Was wir jetzt tun müssen.

Die Bandbreite der einzelnen Beiträge reicht dabei vom Kohlendioxidkreislauf über schmelzende Eismassen und Antibiotikaresistenzen zu Umweltrassismus, Erneuerbaren Energien und Klimareparationen. All das wird in sehr kurzen, meist nur wenige Seiten langen Kapiteln abgehandelt, die im Gegensatz zu vielen wissenschaftlichen Publikation auch sehr verständlich geschrieben sind und von vielen Grafiken und Schaubildern ergänzt werden.

Grafik

S. Fischer Verlag

Greta Thunberg schreibt eine Einleitung zu jedem Kapitel, in der sie versucht, die jeweiligen Aussagen einzuordnen und noch einmal auf die aktuelle Situation herunterzubrechen. Sie ist sich darüber klar, dass manche Kapitel sehr deprimierend sein können, weil sie die Zukunft der Erde sehr drastisch zeichnen. Aber Aufgeben ist für sie keine Option. Ihr geht es immer darum so viel wie möglich unserer Welt zu erhalten.

Im letzten Teil geht es um Handlungsaufforderungen, aber auch um Lösungen, die bereits vorhanden sind: Zu recyceln oder sich vegan zu ernähren wird dabei nicht reichen, es braucht daneben auch einen Systemwechsel.

„Wir können in einer nicht nachhaltigen Welt nicht nachhaltig leben, so sehr wir uns auch bemühen mögen.“

Grafik

S. Fischer Verlag

Auf den ersten Blick sehr ästhetische Bilder trennen oft Kapitel, die sich bei näherem Hinsehen als schreckliche Zeugnisse der Klimakrise entpuppen.

Das Fehlverhalten von Regierungen, Medien, multinationalen Konzernen und Milliardär*innen könne nicht durch Einzelne kompensiert werden, weshalb Greta Thunberg auch keine Verhaltensvorschriften aufstellen will. Die letzten Seiten des „Klima Buches“ bestehen dennoch aus einer Liste von Maßnahmen, die man ergreifen kann, wenn man möchte. Ihre wirksamste Empfehlung hat sie selbst bereits umgesetzt:

„Become an activist! That is by far the most effective way to try to change things. Educate yourself about the climate and spread the information to others [...] We have to show that we are not going to let this happen. We have to really constantly be there, constantly highighting these issues and constantly putting pressure on the people in power.“

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