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Zwei Personen umarmen sich, Bild ist verschwommen

This Human World

Empfehlungen für das Filmfestival This Human World

Acht Milliarden Menschen sind wir jetzt auf der Erde. Wie wir miteinander umgehen, zeigt das Filmfestival This Human World in Wien: 90 internationale Filme laufen von 1. bis 11. Dezember.

Von Maria Motter

Beim This Human World Filmfestival dreht sich alles um die Menschenrechte. Die Nacht vom 9. auf den 10. Dezember 1945 war dafür entscheidend. Es war eine kurze Nacht für Eleonor Roosevelt: Sie hatte eine führende Rolle für das Zustandekommen der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen. Vertreter*innen von 51 Ländern waren über Monate, dann konkret über Wochen, mit der Feinabstimmung beschäftigt. Und dann einigte man sich auf den Text und es gab eine Standing Ovation für Eleonor Roosevelt. Nach den Katastrophen der zwei Weltkriege wollte man mit den Menschenrechten eine neue Leitlinie haben.

Genau bei dieser Hoffnung und der Charta setzt das Filmfestival This Human World an. Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme erzählen von Menschenrechten rund um den Globus. Es geht um Freiheit und die Bewahrung von Umwelt, in Finnland wie in Myanmar oder auch in Perus, Honduras und Brasilien sowie - direkt vor der Haustüre quasi - in der Lobau voriges Jahr.

This Human World Filmfestival, 1. bis 11. Dezember, Wien, im Schikaneder, Topkino, Gartenbaukino, Stadtkino sowie in der Brunnenpassage und der Brotfabrik.

„Programmatisch wird der Bogen von den stark spürbaren Auswirkungen der globalen Krisen - über Film als Medium des Protests - bis hin zur Auseinandersetzung mit individuellen wie kollektiven Wahrnehmungen gespannt“, so die neue Festivalleiterin Carla Marie Lehner. Das Festival This Human Rights feiert seine 15. Ausgabe und es hat wieder Filme im Programm, die man sonst nicht so schnell zu sehen bekommt. Etwa den so aufrichtigen wie zärtlichen Film „Into my name“: Vier junge trans Männer im heutigen Italien verbindet ihre Freundschaft, und das Publikum ist einfach so mit dabei. Das macht „Into my name“ besonders.

Vier junge, trans Menschen sitzen im Freien auf einem Hügel im Sommer. Szene aus der Doku "Into my name".

Nuovi Paesaggi Urbani/Art of Panic

„Into my name“ erzählt aus dem Leben von vier trans Männern in Italien.

Ein intimes und zärtliches Porträt junger trans Männer

Vier Porträts junger Menschen fügen sich da fließend zusammen und die Transition, in der sich alle vier befinden, ist ein Thema. Die großen Fragen nach dem Plan fürs Leben, der Liebe und der juristischen Lage kommen hier von selbst zur Sprache. Leo macht einen Podcast und interviewt die anderen, das dient jedoch nur als loser roter Faden. Nico lebt zu Beginn auf einem Hof mit seiner Freundin und die Dynamik der beiden ist eine Geschichte für sich im Film. Andrea schreibt und hat Philosophie studiert, und Raffi ist Teilhaber eines Fahrradgeschäfts.

Die Transition sei eine der subversivsten gewaltfreien Handlungen, die man machen könne, sagt Leo an einer Stelle und eine Freundin hört zu. Überhaupt geht es in „Into my name“ darum, zur Abwechslung zu all den schäbigen Debatten über trans Personen einmal still zu sein und zuzuschauen. Und diese Doku ist auch optisch schön gestaltet. Regisseur Nicolò Bassetti fängt mit „Into my name“ sehr persönliche Gespräche und Gefühlslagen ein und geht alles sachte an.

Denkst du, all das Leid und die Bitterkeit, die durch die „Journey“ entstehen, sind ein Stereotyp, fragt einer die Freundin. Bist du ein Mädchen oder ein Bub, wurde ein anderer der vier Protagonisten als Kind im Schwimmbad von einem anderen Kind gefragt. Mit ein bisschen Geduld zu Beginn entwickelt der Film seine ganz eigene Dynamik. „Into my name“ mutet mit seiner Szenenauswahl oft wie ein Spielfilm an. Executive Producer ist Elliot Page.

Ein Prozent der Menschheit sind Transpersonen und in keinem Land der Welt haben sie dieselben Rechte wie andere Bürger, schreibt Regisseur Nicolò Bassetti in einem Insert am Ende. Der Brief seines eigenen Kindes hat ihn veranlasst, die Doku zu drehen. Mit Mitte 20 sagte sein Kind ihm, dass es fortan als Mann leben wird. Die beiden haben zusammen die vier Protagonisten von „Into my name“ gefunden.

Junger trans Mann baut ein Rad, Szene aus "Into my name":

Nuovi Paesaggi Urbani/Art of Panic

„Golden Land“ und „The Happy Worker“

Eine außergewöhnliche und herzerwärmende Familiengeschichte tut sich in „Golden Land“ auf. Da kehrt ein Familienvater nach 25 Jahren in Finnland in sein Geburtsland Somalia zurück, weil er einen Anruf seines Onkels erhalten hat. Chinesen wollten das Stück Land kaufen, das der Familie gehört. Es stellt sich heraus: Gold, Kupfer und Kobalt sind dort in der Erde. Und der Umzug seiner Frau und den kleinen Kindern wartet noch mit anderen Überraschungen auf. „Golden Land“ von Inka Achté ist eine Feelgood-Doku.

Wer will schon arbeiten, fragt „The Happy Worker“ und die Antwort lautet auf den ersten Blick in die Büros im Film: So nicht. Wie an Büroarbeitsplätzen die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeiter*innen regelrecht nach einem Sabotagehandbuch aus dem letzten Jahrhundert verhindert wird, legt John Webster in „The Happy Worker“ dar.

Der Film ist eine Mischung aus persönlichen Erlebnissen einer Gruppe von Leuten, die feststellen mussten, dass sie ihre Arbeit schon komplett erschöpft hat. Die US-amerikanische Psychologin Christina Maslach spricht über ihre Studien zu Burnout und der 2020 verstorbene Kulturanthropologe David Graeber erklärt, dass man weniger verdient, je mehr der eigene Beruf zum Allgemeinwohl beiträgt. Und dann purzeln jede Menge Zahlen durch das Bild, und wiewohl nicht alle genannten Daten zur Illustration verortet sind, ist „The Happy Worker“ eine annehmbar kurzweilige Auseinandersetzung mit modernem Büroarbeitsleben, ganz ohne Motivational Quotes.

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