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Australia's Keegan Palmer competes in the men's park prelims heats during the Tokyo 2020 Olympic Games at Ariake Sports Park Skateboarding in Tokyo 2021

Loic VENANCE / AFP

Skateboard-WM in Arabischen Emiraten: Verband in der Kritik

Am Sonntag beginnen die Weltmeisterschaften im Park- und Street-Skateboarden in Schardscha in den Vereinigten Arabischen Emiraten, einem Ort ohne Skatekultur, dafür mit zweifelhafter Menschenrechtsbilanz. Die Vergabe an Schardscha wirft wieder einmal die Frage auf, wer den Sport Skateboarden eigentlich vertreten sollte.

Von Simon Welebil

Keegan Palmer, australischer Olympiasieger im Park-Skateboarden, strahlt in die Kamera, als er „seinen“ brandneuen Skatepark in Schardscha, der drittgrößten Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate vorstellen darf. Ein großer Immobilienentwickler hat ihn ausgewählt, um an einem der sechs Skateparks, die rund um einen von Zaha Hadid Architecs geplanten, futuristischen Entertainment-Komplex errichtet worden sind, mitzuarbeiten.

Die Anlage sieht beeindruckend aus - dass sie allerdings gleich mit einer Weltmeisterschaft geadelt wird, kommt überraschend. Denn eigentlich hätten die Skateboard-Weltmeisterschaften Ende letzten Jahres in Brasilien stattfinden sollen. Doch dann wurde Brasilien diese WM vom Rollsportweltverband World Skate nicht besonders transparent entzogen und Schardscha wenig später als Ersatzort bekanntgegeben.

Diese Entscheidung wurde allerdings nicht ohne Weiteres hingenommen. Die verbandeigene Gender Equality Commission äußert in einem Protestschreiben Sicherheitsbedenken, vor allem gegenüber der LGBTQIA+ Community. Aber auch nationale Verbände wie die deutsche Skatekommission üben harsche Kritik, die im Prinzip auch der an der Vergabe der FIFA Fußball-WM 2022 an den Golfstaat Katar gleicht: Wie kann eine so bedeutende Sportveranstaltung an ein Land vergeben werden, das auf Menschenrechte pfeift und in dem es weder Skateboardkultur noch -community gibt?

Der gehasste Weltverband World Skate

Verantwortlich für die umstrittene WM-Vergabe ist jedenfalls der internationale Rollsportverband World Skate, dessen Ruf ungefähr so gut ist wie der der FIFA oder des Skiverbands FIS. Vor allem aber haben bei World Skate Skateboarder*innen, bzw. die wenigen authentischen, nationalen Skateboardverbände kaum Einfluss auf die wichtigen Beschlüsse, wie eben aktuell den WM-Austragungsort, meint Stefan Ebner, Generalsekretär des szeneeigenen, allerdings nicht von Sport Austria anerkannten österreichischen Verbands Skateboarding Austria. Die Entscheidungen bei World Skate über Skateboarding würden von szenefremden Funktionär*innen traditioneller Rollsportarten getroffen, also von Rollschuhfahrer*innen, Inline-Skater*innen oder Tretscooter-Fahrer*innen.

Stefan Ebner

Stefan Ebner

Stefan Ebner

Dass World Skate in diese Rolle gekommen ist, hat mit den Olympischen Spielen zu tun. Denn als Skateboarding für Tokyo 2020 das erste Mal olympische Disziplin geworden ist, hat das Internationale Olympische Kommittee (IOC) die Olympiaquali dem bereits etablierten Verband zugeschlagen. Den selben Vorgang konnte man zwei Jahrzehnte früher auch mit Snowboarden beobachten, das sich der Skiverband FIS rund um 1998 quasi einverleibte.

„Wenn man den Vergleich mit Snowboarden bemühen will: World Skate ist ähnlich wie die FIS ein szenefremder Verband, der Teile einer Bewegungskultur aus sportpolitischen Gründen kapern konnte. Aber mit dem großen Unterschied, dass die FIS zumindest hochprofessionell arbeitet, schon vorher publikumswirksame Sportarten betrieben hat und somit über relevante eigene Budgets verfügt. Damit kann man World Skate nicht vergleichen."
(Stefan Ebner)

World Skate bekommt nichts auf die Reihe

World Skate agiert nicht besonders professionell. Der Qualifikationsprozess für die nächsten Olympischen Spiele in Paris 2024 versinkt im Chaos, auch weil kaum einer der traditionellen Contests mehr mit World Skate zusammen arbeiten will oder es sich finanziell leisten kann. Die Folge: Es gibt kaum Contests, bei denen die Athlet*innen Punkte für die Qualifikation sammeln können. Bis jetzt stehen nur die Weltmeisterschaften in Schardscha und Contests in Italien im Juni am Programm, dem Heimatland des World Skate Verbandspräsidenten Sabatino Aracu.

Einige nationale Verbände überlegen sich inzwischen, die Zusammenarbeit mit World Skate auf neue Beine zu stellen - die Athlet*innen selber sollen aus dem Streit aber möglichst herausgehalten werden, betont Kim Wibbelt von der deutschen Skatekommission, sondern sich auf ihren Traum Olympia konzentrieren. Der Rest sei Verbandssache. Der für Österreich offiziell zuständige Österreichische Rollsport- und Inlineskate Verband reagierte auf eine Anfrage zur Stellungnahme übrigens nicht.

Für ihren Kampf gegen den eigenen Weltverband haben die Skateboarder*innen am Wochenende übrigens noch einmal deutlich Rückenwind bekommen. Der 30-fache XGames-Medaillengewinner Bob Burnquist hat auf Instagram eine Petition geteilt, die Skateboarden wieder in die Hände jener legen soll, die sich um den Sport auch kümmern, nämlich in die von Skateboarder*innen selber. Tausende haben bereits unterschrieben und noch viel mehr den Post geliked.

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