FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

TrampolineTales

TrampolineTales

Das Glück ist ein Miethai

Im Deckbuilding-Game „Luck Be A Landlord“ spielen wir am einarmigen Banditen gegen den Kapitalismus. What?

Von Rainer Sigl

Lebensmittel, Energie, Essengehen, Benzin: Alles wird dauernd teurer. Der größte Posten im Budget der meisten Menschen, die keine Haus- oder Wohnungsbesitzer sind, ist allerdings die Miete. Auch im Game „Luck Be A Landlord“ müssen wir Miete zahlen, und das nicht zu knapp. Zu allem Unglück wird die alle paar Minuten empfindlich höher.

Geldeingänge gibt es in diesem Spiel, das sich ein wenig als Kapitalismussatire geriert, nur per Drehen am einarmigen Banditen. „Luck be a Landlord“ ist eine virtuelle Slotmachine, eins jener Geräte, an denen in Casinos einsame Spielsuchtopfer ihr Geld verzocken. Statt Apfel- und Kirschbildchen gibt es hier aber eine riesige Auswahl an Symbolen, die sich untereinander beeinflussen und so hoffentlich den Pay-out vervielfachen.

Dreht am Rad

Der Gameplay-Clou des Spiels, das im deutschen Steam-Store irritierenderweise unter dem Titel „Mieter-Fortuna“ bereitsteht, liegt darin, dass ich nach jeder Runde neue Symbole in mein Repertoire aufnehmen kann. Eigentlich ist „Luck Be A Landlord“ nämlich ein strategisches Deckbuilding-Game, in dem es um das schlaue Nutzen von Synergien geht, nur dass statt Karten hier eben ein einarmiger Bandit als Spielmechanik zum Einsatz kommt.

Jedes Symbol, das auf dem 20-stelligen Display nach dem Drehen zu sehen ist, generiert ein bisschen Geld; um die alle paar Runden steigende Miete bezahlen zu können, brauche ich aber den Turbo-Boost durch strategisch sinnvoll zusammenwirkende Kombinationen. Kommt zum Beispiel bei einem Dreh das Eiersymbol gleichzeitig mit dem für den Chefkoch heraus, ergibt das Bonuspunkte; wenn ich zusätzlich das Symbol für Käse am Display habe, wird draus ein Omelett, das gehörig mehr Punkte wert ist, und so weiter. Hin und wieder darf ich Gegenstände einsacken, die ebenfalls mein Einkommen steigern. Wenn ich lang genug mit dem Mietanstieg mithalten kann, darf ich am Ende sogar den Vermieter selbst zum Slotmachine-Battle herausfordern.

Luck Be A Landlord

TrampolineTales

Antikapitalismusfolklore im Kasino

Per einarmigem Banditen gegen Mietwucher kämpfen und damit, wie der Werbetext meint, „den Kapitalismus besiegen“: Irgendwie klingt das Konzept von „Luck Be A Landlord“ anarchischer, als es dann tatsächlich ist. Das minimalistische Indie-Game behauptet maximal den pixelsymbolischen Kampf gegen „die da oben“, kommt aber über platten Antikapitalismuskitsch nicht hinaus, etwa wenn ich Millionäre mit dem Guillotine-Symbol kombinieren darf.

„Luck Be A Landlord“, deutscher Titel: „Mieter-Fortuna“, entwickelt und vertrieben von TrampolineTales, ist für Windows, Mac und Linux erschienen.

Viel mehr Kapitalismuskritik ist hier leider nicht drin, der Trost über diesen Etikettenschwindel ist ein eh ganz nettes, irgendwie zu minimalistisch strategisches Glücksspielchen. Süchtig macht es trotzdem: Wie bei den realen Casinomaschinen ist die Glücksspielautomatik ebenso monoton wie psychologisch fies, weil sie auf stundenlanges Knöpfchendrücken mit glasigen Augen hinausläuft. „Luck Be A Landlord“ ist eben selbst eine Slotmachine, ein Casual-Nebenbei-Game, dessen unbestreitbarer Reiz in recht simplen Endorphinbelohnungen liegt.

Ein „antikapitalistisches“ Spiel ist das hier trotz halbherzigen Beteuerungen allerdings nirgends. Oder Moment: Vielleicht ist seine hinterfotzige Pointe aber einfach noch bitterer als gedacht? Kapitalismus, so könnte man hineininterpretieren, ist vielleicht in echt nur ein Glücksspiel, das man auch mit viel Geschick nur minimal beeinflussen und wenn, dann meist nur per Geburtslotterie gewinnen wird.

Ein kleiner Trost: In „Luck Be A Landlord“ ist wenigstens kein echtes Geld im Spiel.

mehr Game:

Aktuell: