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Jaqueline Scheiber

Maximilian Salzer | Piper Verlag

„Ungeschönt“: Jaqueline Scheiber rebelliert gegen Tabus

In ihrem neuen Buch „Ungeschönt“ reflektiert die Jaqueline Scheiber a.k.a. Minusgold über ihre radikale Offenheit und warum diese so heilsam ist.

Von Livia Praun

Jaqueline Scheiber hält nicht viel von Karma. Oder von dem Glauben, dass man alles schaffen kann, wenn man nur will. Dafür passiert einem zu viel im Leben, das man nicht selber in der Hand hat. Etwa, wo man geboren wird. Oder wann geliebte Personen von einem weichen. Oder auch, wann eine Krankheit den eigenen Körper ergreift, durchrüttelt und das Leben auf den Kopf stellt. Was man beeinflussen kann, ist, wie man damit umgeht. Für Jaqueline Scheiber heißt das vor allem: mit radikaler Offenheit.

Auf ihrem Instagram-Account gewährt Jaqueline Scheiber a.k.a. Minusgold ihren 43.000 Followern einen intimen Einblick in ihr Leben. Die 29-jährige Autorin und ehemalige Sozialarbeiterin Jaqueline Scheiber teilt seit vielen Jahren schon ihre persönlichsten Gedanken und besten wie schlimmsten Erfahrungen im Netz. Anfänglich auf einem Blog, dann auf Instagram, schreibt sie etwa über Herkunft, Privilegien und Feminismus, aber auch über Tabuthemen wie psychische Gesundheit und Trauer.

Buchcover mit Foto von Jaqueline Scheiber

Piper Verlag

„Ungeschönt“ ist im Piper Verlag erschienen und ist die überarbeitete und erweiterte Form von Jaqueline Scheibers „Offenheit“ aus 2020.

In ihrem neuen Sachbuch „Ungeschönt“ reflektiert Jaqueline Scheiber über ihre Offenheit und wie sie ihr selbst und auch vielen anderen weiterhilft. Zwischen persönlichen Geschichten, klugen Überlegungen und interessanten Erkenntnissen gibt die Autorin hin und wieder auch Tipps. Wir haben sie zu einem Interview getroffen.

Radio FM4: In deinem neuen Buch geht es großteils um dieselben Themen, über die du auch auf Instagram schreibst. Wo siehst du es im Buchgeschäft – bei den Ratgebern, Sachbüchern oder doch bei den Erzählungen?

Jaqueline Scheiber: Mein Buch ist schon als klassisches Sachbuch abgelegt, aber es hat natürlich diese starke biografische Komponente. Vom Schreibstil und von der Erzählweise gleicht es eher einer Erzählung, also es ist nicht total trocken und nüchtern. Es beruht aber auf Tatsachen.

Radio FM4: Gibt es etwas, das Bücher können, was Instagram oder Blogs nicht so können?

Jaqueline Scheiber: Bücher sind natürlich haptisch viel schöner. Ich bin auch ein großer Fan von analogen Dingen, ob das analoge Fotografie ist oder eben auch Bücher, die horte ich richtig. Also da bin ich gar nicht minimalistisch. Ich finde es einfach schön, wenn man etwas wirklich in der Hand hat.

Radio FM4: Dein neues Buch ist eine erweiterte Version von deinem Buch „Offenheit“. Wie ist es dazu gekommen, dass du das Buch neu veröffentlichst und was hat sich alles verändert?

Jaqueline Scheiber: „Offenheit“ war ein Essay und Teil einer Buchreihe. Die Natur eines Essays ist, dass es sehr kurz ist. Es hatte auch nur knapp über 100 Seiten. Die große Kritik für mich und auch für viele Leser*innen war oft, dass vor allem bei den schweren Themen einfach zu wenig Platz war, um in die Tiefe zu gehen. Piper hat dann Interesse daran gehabt, ein Taschenbuch draus zu machen, und da habe ich die Chance gesehen, mich noch einmal näher mit dem Stoff auseinanderzusetzen. Auch, um eine Entwicklung abzubilden, weil ganz viel, was ich 2019 geschrieben habe, hat sich seitdem auch verändert.

Radio FM4: In deinen Texten, ob auf Instagram oder auf Papier, sprichst du viel über Themen, die sonst totgeschwiegen werden. Oft sind das sehr private Details – Tiefpunkte, Krankheiten, persönliche Probleme. Wie ist es für dich, so Privates zu teilen und was bringt es dir selber?

Jaqueline Scheiber: Ich habe das Gefühl, dass für mich die Auseinandersetzung auf einer öffentlichen Bühne nie in Frage stand. Ich bin erst vor ein paar Tagen in einem Interview draufgekommen, dass mir da einfach die Scham fehlt. Ich habe immer gedacht, das ist normal, über diese Dinge zu reden, denn diese Dinge beschäftigen uns. Ich sehe darin eine große Chance, diese Räume auch zu öffnen. Ich will nicht, dass es dabei immer um mich geht, sondern ich freue mich, wenn Leute sich darin wiedererkennen und ich Diskurse anstoßen kann.

Radio FM4: Die sozialen Medien werden ja zunehmend kritisiert, wegen Datenschutzverletzungen, dass sie Polarisierung fördern und auch dafür, dass sie nicht unbedingt eine gesunde Wirkung auf die Psyche haben. Für dich persönlich sind die sozialen Medien aber sehr wichtig, um dich auszudrücken und auch, um Tabus zu zu brechen. Überwiegen für dich die Vorteile der sozialen Medien die Nachteile?

Jaqueline Scheiber: Es ist sehr wichtig, dass wir einen kritischen Blick auf den digitalen Raum werfen. Ich halte es aber für überheblich, immer mit dem Finger drauf zu zeigen und zu sagen, was das alles kaputt macht und wie schlecht es ist. Ich glaube, wir müssen irgendwie einen Umgang mit dem digitalen Raum und der digitalen Realität finden. Er wird nämlich nicht so schnell wieder weggehen. Deswegen versuche ich auch immer wieder, den Fokus auf die Dinge zu legen, für die dieser Raum nützlich sein kann und wo er auch Gutes bewirken kann, ohne damit zu schmälern, dass es natürlich negative Aspekte gibt.

Radio FM4: In welchem Setting soll man idealerweise dein Buch lesen?

Jaqueline Scheiber: Also am schönsten fände ich, wenn Leute mein Buch in einem Wiener Kaffeehaus oder in einer Therme lesen würden. Ich glaube, das würde sich gut eignen.

Radio FM4: Du gehst jetzt auf Lesereise durch Österreich und Deutschland. Was kann man bei einer Lesung von Minusgold erwarten?

Jaqueline Scheiber: Man kann sich auf persönliche Einblicke, gute Geschichten, pointierte Lacher und auch ein bisschen Behind-the-scenes zum Buch freuen.

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