FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Szenenbilder "Magic Mike's Last Dance"

Warner

film

Mike, wo ist die Magic hin?

Mit „Magic Mike’s Last Dance“ bringt Steven Soderbergh die Geschichte von einem, der auszog, um sich auszuziehen, zu einem patscherten Ende. Trotzdem gilt weiterhin: Channing Tatum muss Weltkulturerbe werden!

Von Pia Reiser

What a difference a lapdance makes! Gerade noch war Mike (Channing Tatum) ein Kellner mit finanziellen Problemen in Miami, doch nach einer - zugegebenermaßen umfangreichen - Tanzeinlage für die reiche Maxandra Mendoza (Salma Hayek) bietet die ihm die Gelegenheit, in einem alten Theater in London eine Strip Show zu inszenieren. Als Freundin des Tanzfilm-Genres braucht man ein großes Herz, gute Nerven und Verständnis für durchaus dämliche Plots. Während das Musical die Idee umarmt, dass Menschen einfach so in perfekte Choreografien ausbrechen und lossingen, gilt im klassischen Tanzfilm die Regel: Getanzt wird auf der Bühne, im Proberaum, der Tanz ist Teil der Handlung, kein Larger-than-life-Element.

Grandiose Choreografien, die von Kamera und Schnitt dann noch exzellent eingefangen und aufbereitet werden, sind für mich mitunter das Herrlichste, was sich auf der Leinwand ausbreiten kann, für derartige Momente nehme ich auch gerne die dünnen Handlungsfäden über Aufnahmeprüfungen an Tanzschulen oder bevorstehende Aufführungen in Kauf. Ausgebremst werden Tanzfilme (wenn nicht getanzt wird) auch dadurch, dass tolle TänzerInnen nicht unbedingt auch tolle SchauspielerInnen sind, diese Zeiten des goldenen Hollywoods sind schon lange vorbei. Nicht jeder ist ein Fred Astaire oder eine Ginger Rogers oder halt, denn wie fad wäre alles ohne Ausnahmen, Channing Tatum.

Szenenbilder "Magic Mike's Last Dance"

Warner

Tatum beginnt seine Karriere mit dem Tanzfilm „Step Up“, es folgt ein Sequel und schon 2011 mit „Haywire“ die erste Zusammenarbeit mit einem Regisseur, der essenziell wird für Tatum: Steven Soderbergh. 2012 kommt unter Soderberghs Regie „Magic Mike“ in die Kinos, der unter anderem auf den Erfahrungen von Channing Tatum als Stripper beruht. Ein großartiger Film, der so gar nichts mit dem polterabendartigen Verständnis des Strippens zu tun hat.

Es folgte ein Sequel (nicht unter Soderberghs Regie) und Tatum inszenierte Liveshows, die erfolgreich auf Tour gingen. Die Idee, das ganze „Magic Mike“-Unterfangen mit einem dritten Teil zum Abschluss zu bringen, schien naheliegend und wurde leider auch umgesetzt. Mit der Energie, dem Charme und den für Soderbergh üblichen, naturalistischen Einschlägen der Vorgängerfilme hat „Magic Mike’s Last Dance“ gar nichts mehr gemeinsam. Einzig in einer Szene zu Beginn - wo eine frühere Teilnehmerin an einem Polterabend den jetzt kellnernden Mike erkennt - blitzt der Witz vom ersten Teil durch, kein Wunder, dass die Szene im Trailer gelandet ist.

Einen Hauch von „Pretty Woman“ kann man erahnen, wenn die reiche Frau dem bankrotten Kellner/Stripper einen Haufen Geld anbietet und ihn bittet, mit ihr nach London zu gehen - dass er dort eine Show auf die Bühne stellen soll, wird sie ihm erst später verraten. Doch „Magic Mike’s Last Dance“ wird keine gendergeswappte Sondierung von Klassenverhältnissen, aber auch alle, die ihre Erwartungshaltungen eh schon eher bodennah angesiedelt haben („hoffentlich gibt es ein paar gute Tanzszenen“), werden vermutlich enttäuscht sein.

„Magic Mike’s Last Dance“ ist in erster Linie erstaunlich langweilig, in zweiter Linie hanebüchen und in dritter Linie tatsächlich handwerklich plump. Der britische Butler von Maxandra, der comic relief mit Anlauf abliefern soll, wirkt wie aus einer 80ies Komödie aus der dritten Reihe, die Liebesgeschichte, die offenbar zwischen Maxandra und Mike stattfindet, wird nicht erzählt, die Dialoge pendeln zwischen Telenovela und WTF. Eine Adoptivtochter, ein böser fast schon Ex-Ehemann und eine biedere Frau von eine Behörde runden das Soap Opera Ensemble ab.

Szenenbilder "Magic Mike's Last Dance"

Warner

„Magic Mike’s Last Dance“ startet am 9. Februar 2023 in den österreichischen Kinos. Der bessere aktuelle Film von Steven Soderbergh heißt „Kimi“ und ist bereits auf Streaming-Plattformen zu finden.

Warum will Maxandra überhaupt, dass Mike eine Tanz-Show mit Striptease-Elementen in einem altehrwürdigen Theater inszeniert? Naja, einerseits sind das die Nachwirkungen der Privatvorführung von Mike, andererseits will sie die abgestumpfte Welt mit dieser Show aufwecken. Ich bin bei allen „Ich will die Welt mit Kunst verändern“-Visionen immer gerne an Bord, hier fehlt es aber schon an einer kleinen Untermauerung, warum denn die - ebenfalls wahnsinnig lieb- und einfallslos - inszenierte Tanzshow irgendwas für irgendwen verändern sollte.

Die einzig erwähnenswerten Szene, die es wagt, sich inszenatorisch ordentlich aus dem Fenster zu lehnen, wird von Mike schon früher im Film mit „I need a plumber and a ballerina“ angedeutet, doch das Schmerzballett im Bühnenregen kann das Ruder nicht mehr rumreißen. Chuzpe beweist der Film, als Ginuwines „Pony“ kurz erklingt und an die beiden anderen „Magic Mike“-Filme erinnert, die mit dem Potpourri an Unsäglichkeiten, die „Magic Mike’s Last Dance“ ausmachen, so gar nichts zu tun haben. Erinnert ihr euch daran, als ihr diesen Song in guten Filmen gehört habt, flüstert einem der Film zu und man wird ein bisschen wehmütig.

Szenenbilder "Magic Mike's Last Dance"

Warner

Regen und Tanz ist immer gut, das wussten schon Gene Kelly, 90er Boybands und Tom Holland beim Lip Sync Battle.

Vielleicht wollte Steven Soderbergh, immerhin ist er ja einer der experimentierfreudigeren Regisseure, mal einen Film machen, der so wirkt, als wäre er nicht von ihm. Mein fester Glaube ans Weltkulturerbe Channing Tatum ist ungebrochen, demnächst wird er in „Pussy Island“, einem Film seiner Partnerin Zoe Kravitz zu sehen sein, und natürlich we will always have „21 Jump Street“.

mehr Film:

Aktuell: