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Kinderbetreuung ist Arbeit

Am Spielplatz rede ich mit meiner Freundin Lucia. Lucia hat ihre Wurzeln in Chile. Sie muss Teilzeit arbeiten, da sie ihre Kinder pflegen muss. Sie fühlt sich von den Aussagen des Arbeits- und Wirtschaftsministers Kocher bedroht: Der meinte, dass Menschen, die in Teilzeit beschäftigt sind, weniger Sozialleistungen bekommen sollen.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Lucia ist sicher, dass solche Änderungen am meisten Frauen wie sie betreffen würden, die ihre Kinder betreuen müssen und deshalb nur Teilzeit arbeiten können. Denn die Kinderbetreuung, meint sie, ist eine Arbeit, die genauso viel Verantwortung verlangt, wie die Arbeit eines Ministers. Mütter haben kein Recht auf Urlaub und niemand zahlt ihnen eine Nachtzulage, wenn sie am Bett ihrer kranken Kinder wachen müssen.

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Mütter denken strategisch über die Zukunft ihrer Kinder nach, ganz im Unterschied zu manchen Ministern, die weniger strategisch über die Zukunft der Bürger und Bürgerinnen nachdenken. Und im Gegensatz zu einem Minister kann eine Mutter auch nicht gefeuert werden. Selbst wenn Kinder erwachsen sind.

Das ist nur ein Teil ihrer Überlegungen zu diesem Thema.

Während wir darüber sprechen, meint sie auch, dass sie sich immer wieder beleidigt fühlt, wenn Menschen in Österreich behaupten, in Südamerika würde niemand arbeiten und alle würden nur tanzen. Diese Leute kennen Südamerika nur aus einem kurzen Urlaub oder aus Reportagen über den Karneval in Rio. Aber das Leben dort - so wie überall auf der Welt - besteht nicht nur aus Federn, Blumen und Salsa.

Lucia erzählt mir von ihrer Oma in Chile, die ihr ganzes Leben lang nur gearbeitet hat. Die Leute, die meinen, dass in Südamerika nur getanzt wird, sollen sich die Geschichte von Lucias Oma anhören. Sie schuftete ihr Leben lang in einer Farm für Lachszucht. Dort waren die Arbeitsstandards von denen in Norwegen weit entfernt, mit einem Urlaubsanspruch von drei Tagen im Jahr.. Lucia meint, dass sie ihre Oma mit einem ständigen Fischgeruch verbindet. „Bis zum heutigen Tage esse ich keinen Lachs, denn ich glaube, dass in jedem Stück Lachsfilet ein Stück von meiner Oma steckt.“

Lucia hat nicht mehr viel Zeit zum Reden, denn sie muss zur Arbeit. Sie seufzt: „Denn niemand wird mir glauben, dass ich bei meinem Kind war. Sie würden wieder alle sagen, ich habe den ganzen Tag nur Salsa getanzt!“

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