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Der Weg der neuen Retter Bulgariens ins Parlament

Wenn ihr, liebe Hörerinnen und Hörer, den Palmsonntag feiern werdet, den Tag, an dem Jesus Jerusalem betreten hat, wird in Bulgarien wieder gewählt.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Der Weg der neuen Retter Bulgariens ins Parlament wird aber höchstwahrscheinlich nicht mit Palmenblättern bestreut, keiner von ihnen ist sündenfrei. Es ist die fünfte Wahl in den vergangenen zwei Jahren. Selbst die größten Wahlenthusiasten finden, das sei ein bisschen zu viel.

Die Bulgaren in der Diaspora gehen auch wählen. Man meinte, dass diese Leute, die mit ihren im Westen verdienten Geld die bulgarische Wirtschaft vorantreiben, auch ein enormes demokratisches Potential haben. Man glaubte, dass Menschen, die in stabilen westlichen Demokratien leben, auch ihre Werte angenommen haben und sie in ihrem Wahlverhalten widerspiegeln werden. Da stellte sich aber als nicht ganz richtig heraus.

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Mein Bekannter Drago ist ein LKW-Fahrer. Er lebt schon seit 20 Jahren in Österreich und hat bei bulgarischen Wahlen immer gewählt. Jedes Mal eine andere Partei. Zuerst war er Anhänger des ehemaligen Premiers Boiko Borissov, der als Wahlversprechen die Korruption beseitigen wollte. Drago vergötterte lange Zeit diesen Politiker, der eine lange Lederjacke trug und wie eine Mischung aus Dirty Harry und ein Westernheld aussah. Mit den Jahren wurde ihm die Lederjacke immer enger und er wurde zu einem von denen, die er eigentlich bekämpfen wollte.

Das sah auch Drago ein und er wählte eine andere Partei – die des Sängers und Fernsehmoderators Slavi Trifonov, der ihn jahrelang mit seinen Witzen zum Lachen gebracht hat – und mit seinen patriotischen Liedern zum Weinen. Diese Partei hat aber zwei Regierungen zu Sturz gebracht - ohne politisch klare Motive. Die Politik war eben kein patriotisches Lied.

Jetzt will Drago jemand anderen wählen – er mag die Partei der so genannten „Harvard-Absolventen“ nicht, die kurzfristig den Premierminister gestellt hat. Sie sprechen in einer Sprache, die er als LKW-Fahrer nicht versteht, und er mag es nicht, dass die Medien sie in Sexskandale in Verbindung gebracht haben. Es bleiben nur zwei Möglichkeiten: zwei Parteien, die pro Putin sind und die Ukraine gerne in Trümmern sehen. Die eine möchte aus der EU austreten und die andere mobilisiert gegen vermeintliche „Genderideologien“.

Warum Drago zum Nationalismus tendiert, wenn er die Mehrheit seines Lebens im Ausland gelebt hatte, kann ich nicht ganz erklären. Vermisst er die Heimat? Hat er eine idealistische Vorstellung von ihr? Ich weiß es nicht. Es ist eine Tatsache, dass viele der Auslandsbulgaren nationalistische Parteien wählen. Die politische Landschaft in Bulgarien und in Österreich scheint doch nicht so unterschiedlich zu sein.

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