FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Didi Drobna

Radio FM4

Didi Drobna – immer wieder Wortlaut

Die Schriftstellerin Didi Drobna ist heuer in der Jury von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Der war für ihr eigenes Schreiben enorm wichtig. Von ihrem doppelten Schulbesuch in Österreich und der Slowakei, ihrem ersten erfolgreichen Büchlein und ihrem Werdegang. Aber auch davon, dass Schreiben für sie eigentlich „zweite Geige“ ist.

Von Zita Bereuter

Didi Drobna ist drei Jahre alt, als ihre Eltern aus der Slowakei nach Österreich ziehen. In Österreich besucht sie den Kindergarten und die Schule. Zeitgleich macht sie auch den Schulabschluss in der Slowakei. Denn die ist in den 1990er Jahren noch nicht in der EU und folglich ist nicht klar, ob europäische Schulabschlüsse dort akzeptiert werden. Und weil Didis Eltern nicht wissen, wie lange sie in Österreich bleiben werden, wollen sie auf Nummer sicher gehen und lassen Didi auch den slowakischen Schulstoff lernen.

Didi erinnert sich: „Ich bin in Wien ganz normal zur Schule gegangen und hab dann über die Sommerferien den slowakischen Schulstoff nachgepaukt. Und am Ende der Sommerferien, wenn viele Schüler und Schülerinnen zu den Wiederholungsprüfungen angetreten sind, bin ich zu den sogenannten Jahresabschlussprüfungen angetreten. Und wenn ich die bestanden habe, habe ich ein Jahreszeugnis ausgestellt bekommen. Das habe ich jedes Jahr wiederholt, bis ich den Schulabschluss auch in der Slowakei gemacht habe.“

illustration rotes herz

radio fm4

Als Kind fand sie es auch nicht weiter merkwürdig, dass sie in den Sommerferien immer noch den ganzen slowakischen Schulstoff ihrer Schulstufe nachgelernt hat. „Als Kind hinterfragst du das nicht. Das ist einfach die Welt, wie du sie präsentiert bekommst und du lebst dann damit.“

Deswegen spricht Didi Drobna auch fließend Slowakisch. „Wobei mir heutzutage, wenn ich mal in die Slowakei komme, alle dazu gratulieren, dass ich für eine Ausländerin sehr gut Slowakisch gelernt habe.“

Didi Drobnas Schreiben

Didi Drobna schreibt auf Deutsch. „Deutsch ist einfach die Sprache meines Herzens, meine dominante Sprache, die Sprache, mit der ich meine Literatur mache.“ Deutsch hat sich durchgesetzt und in Österreich - konkreter in Wien - ist ihr Lebensmittelpunkt.

Auf Deutsch hat sie schon ihr erstes Werk verfasst. Als 7-jährige bastelt sie ein kleines Papierbüchlein, in dem sie irgendein Grimm’sches Märchen nacherzählt und mit kleinen Zeichnungen illustriert. Das Büchlein verkauft sie dann um 50 Groschen an ihren Vater. „Darauf bin ich noch heute stolz, weil man sagen kann, die erste Auflage wurde vollkommen verkauft und ist heute vergriffen. Das ist schon ein großartiger Erfolg für eine 7-jährige.“ Den Sammlerwert darf man nicht vergessen. „Und das heißt, es war schon sehr früh etwas da, was mich dazu getrieben hat, Geschichten zu erzählen.“

Sie studiert u.a. Germanistik, findet das für ihr Schreiben aber „nicht sehr bekömmlich“, sondern die Beschäftigung mit den Kriterien für gute oder schlechte Texte eher blockierend.

Dennoch beginnt sie, mit Anfang/Mitte Zwanzig Kurzgeschichten zu schreiben. Und macht schließlich bei FM4 Wortlaut mit. „Das war ein paar Jahre hintereinander immer ein Fixpunkt meiner eigenen produktiven Schreiberei.“

Wortlaut - ausgezeichnet

Bei ihrer dritten Teilnahme, 2012, gewinnt Didi Drobna den 3. Platz.

Logotype wortlaut

radio fm4

Didi Drobna ist heuer Jurorin bei Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb

Einsendeschluss ist der 6.6.2023

„Ich kann es gar nicht in Worten ausdrücken, wie wichtig und wegbereitend das für mich war. Wofür ich den FM4 Wortlaut Literaturwettbewerb immer geschätzt habe, war, dass er ein bisschen abseits dieses regulären, leicht verstaubten Literaturbetriebs, sehr ernsthaft über Literatur diskutiert hat, aber auch sehr offen und zugänglich und sehr divers war. Das fand ich immer großartig und das zeigt sich auch zum Beispiel daran, dass wirklich jedes Jahr viele Leute ins Finale kommen - und unter die Top 20 oder sogar unter die Top zehn oder auch vielleicht unter die ersten drei Plätze - die noch nie vorher etwas veröffentlicht haben. Und das, finde ich, zeichnet dann FM4 Wortlaut massiv aus und zeigt, wie durchlässig er ist und wie offen die Jury ist für neue Ideen, für neue Schreiberei. Das ist, finde ich, einzigartig im deutschsprachigen Raum.“

Ausgezeichnet wird ihre Kurzgeschichte „Zwischen Schaumstoff“ – aus dieser entwickelt Didi Drobna dann ihren ersten, gleichnamigen Roman. „Das war auch wirklich wie so eine Stütze, so eine Gehhilfe für mich. Ich habe mich immer beim Schreiben auf diesen Text zurückberufen, habe mir gedacht: Okay, hier habe ich offensichtlich etwas richtig gemacht. Das hat Leute berührt, da haben Leute damit connected. Und das war sehr hilfreich beim Schreiben.“

Später folgen die Werke „Als die Kirche den Fluss überquerte“ – ein Coming Of Age und Familienroman und zuletzt „Was bei uns bleibt“ ein auf historischen Fakten basierter Roman über die Waffenfabrik in Hirtenberg.

Aktuell schreibt Didi Drobna an einem Roman, der autobiographisch sein wird. „Ich möchte ein bisschen meine eigene Geschichte erzählen. Oder mehr die Geschichte meiner Familie, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vom Osten in den Westen gewandert ist, aber auch mit jeweils einem Fuß in einer Hälfte Europas stand.“ 2025 soll der dann erscheinen.

FM4 Interviewpodcast

Das Interview mit der Wortlaut-Jurorin Didi Drobna gibt es auch im FM4 Interviewpocast!

Brotberuf vs. Schreiben

Didi Drobna leitet die Wissenschaftskommunikation für ein Informatik-Forschungszentrum in Wien. Das sieht sie weniger als Brotberuf, sondern als ihre „Hauptkarriere. Also das ist das, wofür ich studiert habe. Ich habe Kommunikation studiert, ich habe jahrelang in der IT gearbeitet und sehe das eigentlich als meinen Hauptberuf an. Auch wenn das jetzt ein bisschen kontrovers ist: zu sagen, Schreiben ist für mich zweite Geige. Ich liebe es sehr, ich schreibe gerne Romane. Ich möchte das nicht missen. Aber woran ich mich immer ein bisschen stoße, ist diese Vorstellung, dass Autoren und Autorinnen Brotberufe haben, weil sie sie haben müssen. Weil es diese romantisierte Vorstellung gibt, dass Künstlerinnen an erster Stelle Künstlerinnen sein müssen, dafür brennen müssen, einzig und ausschließlich Kunst machen müssen - den ganzen Tag, damit das gute, wertige Künstler und Künstlerinnen sind. Und das, finde ich, ist nicht so. Die Lebensrealität und die Produktionsbedingungen sind heute einfach ganz andere. Und 90% meiner Kollegen und Kolleginnen haben Brotberufe. Und sehr, sehr viele haben super wichtige, super relevante Berufe, die auch einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Und das muss man auch mal wertschätzen.“

„scharfe“ Antworten

Auch bei „Schärfe“ denkt Didi Drobna an Literatur.
Einige Antworten auf Fragen zum Wortlautthema „scharf“:

illustration von einem spitzer

radio fm4

Was muss scharf sein? Prosa.
Wie scharf darf etwas sein? Schon sehr scharf, wenn es um Literatur geht.
Dein schärfster Gegenstand? Als Schriftstellerin fühle ich mich verpflichtet ‚Der Stift‘ zu sagen.
Sind deine Bleistifte scharf gespitzt? Sie sind ganz elendig stumpf.
Eine gute Geschichte beginnt: Mit einem starken Eröffnungssatz.
Damit hat man mich sofort: Wenn ein Text handwerklich gut gemacht ist und authentische, originelle Emotionen kommuniziert.
Darauf kann ich verzichten: Abgedroschene Metaphern und abgenutzte Motive.
Darauf kann ich nicht verzichten: Sauber gearbeitete, präzise Prosa.
Als Jurorin zeichnet mich aus: Dass ich sehr, sehr genau hinschaue.
Mein Rat an jungen Autorinnen: Einfach mal anfangen.

Aktuell: