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Renfield

Universal Pictures

Ohne Witz oder Charme: „Renfield“ ist eine Vampirkomödie vom Reißbrett

Dass Blutsauger auch komisch sein können, weiß man aus großartigen Horror-Parodien wie „What We Do in the Shadows“ und der dazugehörigen Serie. Nicolas Hoult erweist sich als Draculas Diener „Renfield“ aber als reine Nervensäge, Nicolas Cage spielt den dunklen Grafen auf Autopilot.

Von Christian Fuchs

In der Theorie klingt das alles ziemlich fantastisch. Endlich greift ein Film die Figur des gequälten Mr. Renfield auf. Seit der ersten großen Dracula-Verfilmung, 1931 mit Bela Lugosi, genießt der Diener des dunklen Grafen echten Kultstatus. Renfield wurde damals von der Gothic-Horror-Ikone Dwight Frye verkörpert, später von Schauspiel-Exzentrikern wie Klaus Kinski oder Tom Waits.

In den maßgeblichsten Dracula-Adaptionen, die sich auf die Vorlage des Autors Bram Stoker beziehen, lernen wir seinen sklavischen Gefolgsmann als Patient in einer Nervenheilanstalt kennen. Irre grinsend hockt Renfield in seiner Zelle, ernährt sich von Insekten – und kann die Ankunft seines Meisters nicht erwarten.

Ein Szenario, das durchaus nach humoristischer Erhöhung schreit. Spätestens mit der grandiosen Blutsauger-Parodie „What We Do in the Shadows” (2014) ist der Level für Vampirkomödien hoch. Wie die Regisseure Taika Waititi und Jemaine Clement in diesem Meisterwerk mit dem Erbe von Nosferatu & Co. umgehen, komplett respektlos und extrem würdevoll zugleich, muss man gesehen haben. Fast noch besser sogar dann die dazugehörige gleichnamige Fernsehserie vom gleichen Team.

Renfield

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Overacting-King auf Autopilot

Eigentlich eine Paraderolle für den König der schamlosen Übertreibung. Nicholas Cage als Renfield, wie schön wäre das gewesen, man wagt sich die Mimik des Schauspielers bildlich kaum vorzustellen. Stattdessen schlüpft er in diesem Film in die noch viel naheliegenderen Kleider des Grafen Dracula. Ein theatralischer Auftritt, wie ihn Cage wohl auch im Schlaf locker aus dem Handgelenk schüttelt.

Aber auch wenn der Overacting-King fast wie auf Autopilot spielt, es macht einfach Spaß ihm zuzusehen. Was man von „Renfield“ als Film leider nicht behaupten kann. Regisseur Chris McKay will definitiv nicht die Geschichte einer zerrissenen Seele erzählen, die über Jahrhunderte hinweg versklavt wurde. Der schwarze Humor in diesem Film verbeugt sich auch nicht wirklich vor der ehrwürdigen Geschichte des Universal-Horror. „Renfield“ wirkt wie ein Reißbrett-Produkt aus Hollywoods Marketing-Hölle.

Comicartige Kämpfe zwischen Marvel-Showdown und „Matrix“-Visuals gehören ebenso zu den Ingredienzen wie blutgetränkte Gewaltsequenzen á la John Wick. Ein Krimi-Subplot um eine Mafiabande wirkt aufgesetzt, dazu kommen verblödelte Dialoge mit Sitcom-Flair und RomCom-Elemente. Nicolas Hoult muss als Titel-Antiheld ständig zwischen Action und Komik wechseln. Dabei kommen seine Nervensägen-Qualitäten zum Vorschein, der melancholische Zug des Renfield-Charakters geht verloren. Und Gänsehaut kommt ohnehin nie auf.

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Der Kuss des Vampirs

Wer Nicolas Cage als auszuckenden Blutsauger mit Depro-Ausbrüchen sehen will, kommt übrigens an einem Film aus seinem Frühwerk nicht vorbei. 1988, da ist Cage erst Mitte 20, erscheint der tragikomische Horrorstreifen „Vampire’s Kiss“. Als affektierter Jung-Yuppie verwandelt er sich darin durch einen Untoten-Biss in ein hysterisches Nervenbündel.

"Ich glaube, der Film ist vor allem durch das Internet in den letzten Jahren zum Kult geworden“, sagt Sabrina Mikolajewski. „Es sind sehr vieles Memes daraus bekannt geworden, es gab dann auf Youtube auch Zusammenschnitte der besten Momente.“ Für Cage-Ultras wie die deutsche Filmwissenschaftlerin ist „Vampire’s Kiss“ so etwas wie der Heilige Gral. „Dieses Over-the-top-Acting ist in diesem Film einzigartig“, schwärmt Mikolajewski. "Bei ihm gibt es eben diese expressionistische Ausdrucksform seines Körpers, beeinflußt von Max Schreck in ‚Nosferatu’“.

Die 80er Jahre erweisen sich rückblickend überhaupt als zentrale Dekade für Vampirkomödien, von liebevollem Horror-Spaß wie „Fright Night“ bis hin zu charmantem Teenage-Kitsch á la „The Lost Boys“. Aber der junge Nic Cage, der in „Vampire’s Kiss“ vor der Kamera durchdreht, mit einer manischen Energie, die atemlos macht, spielt in einer eigenen Kategorie.Ein bisserl grausig und sehr lustig ist dieser Film auch, da hätte sich „Renfield“ einiges abschauen können.

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