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Michael Stavarič

Zita Bereuter/ radio fm4

Vom Meer zum Inlineskaten mit Wortlautjuror Michael Stavarič

Er ist ein umtriebiger Autor und Übersetzer - allein heuer sind drei Bücher erschienen. Dabei wollte er Meeresbiologe werden und hat an der Uni in Wien Inlineskaten gelehrt. Überraschendes vom Wortlautjuror Michael Stavarič.

Von Zita Bereuter

Die Zufälle des Lebens. Michael Stavarič kommt in Brünn auf die Welt - damals noch hinter dem Eisernen Vorhang. Seine Eltern wollen nach Kanada auswandern und gelangen über das damalige Jugoslawien nach Österreich - ins Flüchtlingslager Traiskirchen. Schließlich ziehen sie ins niederösterreichische Laa an der Thaya. Eine knappe Autostunde südlich von Brünn wächst Michael Stavarič auf. „Also, dass ich hier bin, ist eigentlich verschiedensten Zufällen geschuldet.“

Buchcover: Das Phantom von Michael Stavarič

Luchterhand

„Das Phantom“ von Michael Stavarič ist im April 2023 im Verlag Luchterhand erschienen.

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In der Familie spricht niemand Deutsch. Wie sie kommuniziert haben? „Gar nicht.“ Am Schnellsten lernt Michael die Sprache. Er hat bereits in der Volksschule sehr engagierte Lehrer, die ihm auch in ihrer Freizeit helfen. Vielleicht hat er sogar besser Deutsch gelernt als die anderen Kinder in seiner Klasse - für ihn war die Grammatik neu, bei ihm musste man keinen Dialekt ausbessern.

Bis heute spricht Michael Stavarič mit seinen Eltern nur Tschechisch. „Was oft sehr unhöflich ist, wenn wer anderer dabei ist,“ erklärt er. „Aber ich habe so ein komisches Gefühl, wenn ich mit meinen Eltern Deutsch rede.“

Wenn es emotional ist, denkt er manchmal tschechisch, flucht auf Tschechisch vor sich hin oder führt Tschechische Selbstgespräche. Aber seine „Literatursprache“ ist Deutsch.

Schriftsteller wollte Michael Stavarič bereits als Schüler werden. Nicht zuletzt verdankt er das auch einem sehr guten Deutschlehrer, der die Schüler früh mit eigenen Texten auftreten ließ. „Dann liest man viele Bücher und hat dann auch Einiges zu Hause stehen und denkt sich: Na ja, es wäre schon schön, ein eigenes auch mal zu schreiben.“ In diesen Wunsch wächst er hinein, traut sich aber lange nicht zu „behaupten, man sei ein Schriftsteller, auch wenn man schon publiziert hat.“ Er hat es erst nach dem fünften Buch geglaubt.

Das Meer spielt immer eine Rolle

Dabei war der Berufswunsch als Kind Astronaut oder Meeresbiologe. Er wurde sozialisiert mit dem Meeresforscher Jacques Cousteau und mit Abenteuerbüchern, die meist am Meer spielen, von Moby Dick bis Jules Verne. „Das habe ich gern gelesen und für mich war immer wichtig, dass das Meer eine Rolle spielt und dementsprechend hätte ich es auch schön gefunden, wirklich Meeresbiologie zu studieren.“ Im Idealfall sogar, eine Tierart zu entdecken, die nach ihm benannt ist und dann ein Mittel gegen Krebs zu erforschen - das war der große Traum. Allein - in Wien konnte man Meeresbiologie nicht studieren.

Bei Leykam sind erschienen:

Stattdessen schreibt Michael Stavarič erfolgreich ausgezeichnete Sachbücher für Kinder. Von der Qualle zur Krake und bald auch über den Hai. „Es geht weiterhin eigentlich um das Erzählen. Es geht weiterhin um Literatur. Aber es soll dann eben nicht nur die Fantasie befeuern und Imaginationen in einem gebären und Wünsche, sondern auch tatsächlich das eine oder andere mit auf den Weg geben, was man später vielleicht dann auch mal irgendwo zitieren und anmerken kann. Oder auch darüber Bescheid weiß, dass ein Krake drei Herzen hat und dass das irgendwie ganz was Spannendes ist.“

Von Träumen zum Schreiben

In der Pubertät beginnt Michael Stavarič, ein Traumtagebuch zu führen. Die psychologische Seite interessiert ihn - „wie der Kopf wann was warum sich merkt oder abspeichert.“ Wiederkehrende Träume oder Traummotive interessieren ihn und er bemerkt, dass es bei ihm Muster gibt, die immer wieder auftauchen. Darin sieht er einen Zusammenhang mit dem Geschichtenerzählen. „Man kann, glaube ich, durchaus auch aus Träumen und irgendwelchen verworrenen Traumsequenzen eine Szene für einen Roman schöpfen. Also insofern finde ich Träume so zu dokumentieren gar nicht so schlecht - im Sinne einer Materialsammlung.“ Imagination und Fantasie zeigt sich auch immer wieder in seinem Werk.

Selten ist etwas ohne Kontext. „Alle Kunst und Literatur und Co bezieht sich ja meistens auf etwas Anderes.“ Das findet Michael Stavarič wichtig und inspirierend. „Sprich, wenn man viel liest, dann kann man auch besser schreiben.“ Er empfiehlt auch von Büchern, die man mag und schätzt und die einen in eine bestimmte Stimmung bringen - Varianten zu entwickeln und zu schreiben. „Also Lesen ist etwas grundsätzlich sehr Wichtiges fürs Schreiben.“

Ohne Lesen gibt es glaube ich kein Schreiben.

Mittlerweile fehlt ihm die Lesezeit oft. „Die Zeit zum Lesen, die sollte man am liebsten zwischen 15 und 30 irgendwie sehr intensiv gestalten, weil danach wird es tatsächlich schwieriger.“

Eine Stunde Homebase Spezial mit Michael Stavarič
am Pfingstmontag von 21 - 22 Uhr

Michael Stavarič schreibt nicht wirklich täglich. „Also ich setze mich nicht hin und da habe ich ein leeres Blatt Papier vor mir und beginne dann sozusagen kreativ zu arbeiten, sondern ich habe das Gefühl, dass mein Kopf ständig irgendwas schreibt. Und ich setze mich dann nur noch hin und dann ist das so, wie den Drucker auf ‚Print‘ zu stellen und dann kommt etwas raus, was aber schon vorher, wenn man so will, im Kopf irgendwie da war oder geschrieben worden ist.“ Inspiration bieten immer wieder Bücher, Filme und Musik.

Neigungsgruppe Inlineskaten

„Es gab mal eine Zeit, was man sich kaum vorstellen kann, wo der Inline Skate ein Trendsport Gerät war. Wo alle große Augen hatten, wenn jemand vereinzelt mal damit herumfuhr. Und als dieser große Trend aus Amerika rüber schwappte, da wollte natürlich die Sport Uni Wien dieses Sportgerät, dieses Neue dann auch unterrichten.“ Allerdings gab es anfangs nur einen Sportlehrer an der Sportuni, der das unterrichten konnte. „Und da bin ich dann eingestiegen, habe sozusagen auch so eine Art Prüfung gemacht. Also ich bin ja dann auch wirklich ein geprüfter Inline-Skate-Lehrer, nicht einfach nur so, weil ich es kann. Und das habe ich lange Zeit echt gerne gemacht.“ Bis zu 6 mal in der Woche hat er angehende Sportlehrer*innen und anderen Studierenden unterrichtet.

„Ich habe von der Inline-Hockey-Mannschaft bis zu Roll-Basketball oder Ausflüge auf Inline Skates in die Wachau oder Ausdauertraining oder Halfpipe fahren und so was. Wir haben wirklich alles gemacht und es war eine sehr körperlich anstrengende, aber tolle Zeit, und dann auch und eine Abwechslung zu dem ganzen Kopf.“ Gelernt hat er es nirgends. Er konnte bereits sehr gut Eishockeylaufen - der tschechische Nationalsport.

Nach wie vor braucht Michael Stavarič zum Ausgleich Sport. Für mehr Motivation sucht er gern Begleitung zum Inline-Skaten oder Eislaufen. Allerdings muss man die Sportart auch beherrschen. Kurse gibt er keine. Interessierte vermitteln wir gerne... (mail to fm4@orf.at)

Logotype wortlaut

radio fm4

Michael Stavarič ist heuer Juror bei Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb

Einsendeschluss ist der 6.6.2023

Wortlautjuror

Heuer ist Michael Stavarič in der Jury von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb. Als Juror ist ihm weniger „eine unglaublich originelle Geschichte wichtig, wo ich merke, jemand versucht vielleicht dann krampfhaft und bemüht etwas zu erzählen, was noch nie da war. Das geht unweigerlich in die Hose.“

Vielmehr rät er: „Verschwende gar nicht so viel Zeit daran, dir zu überlegen auf einer Inhaltsebene, was da alles passieren soll. Und dass da irgendetwas sein muss, das du noch nie in einem anderen Buch gesehen und gelesen hast. Vergiss es. Da kannst du dich wirklich ganz ruhigen Herzens eines Buches bedienen, das du magst, wo eben eine bestimmte Art von Familienkonstellation vielleicht eh schon ganz klar auf den Tisch liegt. Nimm doch genau die und versuch damit etwas zu machen im Detail, wo du dann tatsächlich entscheidest. Das es einen anderen Wert und eine andere Art von Ausprägung bekommt.“

Wichtig ist ihm jedoch die Sprache. Die muss im Vordergrund stehen. „Ich will immer den Fokus auf Sprache haben.“ Ihn kann man „mit dem Rhythmus, mit dem Duktus, mit der Syntax, mit der Metaphorik, mit all dem, was Literatur ausmacht, überzeugen.“ Schließlich will er denken: „Das ist etwas, das würde ich gern dann auch als Buch lesen.“

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