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Monument Valley 2

ustwo

Drehen und wenden

In „Monument Valley 2“ kann man die Dinge drehen und wenden, wie man will. Oder zumindest so, dass das Unmögliche möglich wird.

Von Robert Glashüttner

Das Spiel mit Raum und Perspektive ist etwas, das KünstlerInnen wie ArchitektInnen (manchmal vereint ein einer Person) seit Jahrhunderten fasziniert. Computerspiele geben dieser Faszination neue Möglichkeiten, und doch sind architektonisch surreale, abstrakte Games, die unsere Erwartungen und Erfahrungen mit Raum auf den Kopf stellen, verblüffenderweise immer noch eher selten.

Das Geometrisch-Zeichnen-Spiel „Echochrome“ (2008) und der klaustrophobische Mindfuck „Antichamber“ (2013) sind zwei Titel der letzten zehn Jahre, die uns in eine Welt voller Widersprüche geworfen haben. Ihre virtuellen Umgebungen muten anfangs wie Beliebigkeit und Chaos an, besitzen aber eine eigene Logik. Sich diese Logik anzueignen und mit den neuen Regeln zu spielen, ist einer der Gründe, warum abstrakte Architektur-Games so eindrucksvoll sind.

Puzzle aus "Monument Valley 2"

ustwo

Die unmögliche Reise der kleinen Prinzessin

Dass ausgerechnet „Monument Valley“ (2014) das bekannteste Spiel werden würde, das surrealer Architektur à la MC Escher huldigt, war erst mal nicht abzusehen. Es stand weder eine größere Marke oder Konsole hinter dem Projekt, noch war es das lange gehütete Baby eines hippen Indie-Entwicklers. „Monument Valley“ wurde auf den schon damals überfüllten und sehr kompetitiven Mobile-Games-Markt geworfen, entwickelt von einem kleinen, aber höchst talentierten Team des britischen Digital-Design-Studios ustwo in London.

Doch „Monument Valley“ traf einen Nerv - spielerisch und visuell. Die aufgeräumte, stilstichere Grafik mit der märchenhaften Architektur passte perfekt zum Design-Anspruch der Apple-Kundschaft, war aber auch darüber hinaus sehr zugänglich. Wenig- und NichtspielerInnen konnten die Grafik auch dann wertschätzen, wenn sie nicht selbst auf Smartphone oder Tablet tappen wollten. Und wer sich dann doch darüber getraut hat, wurde nicht enttäuscht: Die Puzzles waren einfach genug, um nie frustriert zu werden, und das ständige Formen, Wandeln und Bewegen der Umgebung sorgte für regelmäßige Schübe des Staunens.

Puzzle aus "Monument Valley 2"

ustwo

Mutter und Tochter

Anfang Juni ist ziemlich unverhofft nun der zweite Teil von „Monument Valley“ erschienen. Die Fortsetzung setzt visuell und spielerisch nahtlos am Vorgänger an: Wieder gibt es pittoreske Umgebungen und absurde Wege zu erkunden. Es ist eine neue rätselhafte Reise durch auf den ersten Blick unmögliche Architektur.

“Monument Valley 2“, entwickelt von ustwo Games, ist für mobile Apple-Geräte (iOS) erschienen.

Neuerungen gibt es vor allem auf erzählerischer Ebene, obwohl „Monument Valley“ weiterhin ohne gesprochene Sprache und mit nur wenig Text auskommt. Man spielt die Geschichte von Ro, einer Mutter, die ihren Tochter auf den Weg zum Erwachsenwerden begleitet. Beschützen, erklären, einen Weg gemeinsam gehen und dann loslassen - das sind Themen, die hier mehr oder weniger metaphorisch durchgespielt werden.

Die immer auch von uns dreh- und wendbaren architektonischen Artefakte bietet sich als Visualisierung dieser konstanten Veränderung an: Gerade noch war es eine Brücke, nun ist es eine Säule. Vor zehn Sekunden standen wir noch aufrecht neben einer Tür, nun hängen wir kopfüber auf einer Leiter. Das Leben und alles rund um uns ist einem permanenten Wandel ausgesetzt.

Sterne zeichnen

Obwohl visuell, spielerisch und erzählerisch sympathisch und gelungen, ist „Monument Valley 2“ nicht tiefgründiger oder detailreicher als der Vorgänger geworden. Es ist, als ob das Originalspiel einfach um das doppelte ausgedreht bzw. erweitert wurde. Das selbe Rezept (mit ein paar kleinen, neuen Ideen hier und da) verblüfft drei Jahre später natürlich nicht mehr so wie am ersten Tag. Dem Zauber von „Monument Valley“ tut das aber keinen Abbruch, vor allem, weil die Reise mit mehreren Charakteren und gemeinsam eroberten Wegen nun sozialer, geselliger und in gewisser Weise auch inniger geworden ist.

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