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Peter Pilz

APA/GEORG HOCHMUTH

Alles, nur keine Partei sein!

„Ihr seid eine Partei“ ist 2017 zum politischen Schimpfwort mutiert - an Grausamkeit übertroffen nur noch von „Ihr seid eine Alt-Partei!“

Von Markus Zachbauer

Sebastian Kurz hat eine „Liste“, die NEOS bilden mit Irmgard Griss eine „Allianz für Freiheit und Verantwortung“ und für Kanzler Kern ist die SPÖ ohnehin schon „seit 128 Jahren eine Bewegung“.

Ganz neu ist das alles nicht: Die FPÖ hatte das „Partei“ schon in den 90er Jahren aus ihrem Namen gestrichen und nannte sich zwischenzeitlich nur „Die Freiheitlichen“. Und die Parlamentsgeschichte der letzten Jahrzehnte kennt auch noch ein „Bündnis“, ein „Team“ und ein „Forum“ - die waren alle allerdings nur mäßig erfolgreich.

Nationalratswahl 2017

Am 15. Oktober wählt Österreich einen neuen Nationalrat. Wahlberechtigt sind alle österreichischen StaatsbürgerInnen, die am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind.

Dass ausgerechnet die Grünen - die 1986 als erste ohne das Wort „Partei“ im Namen den Einzug in den Nationalrat geschafft haben - ihr Bekenntnis, „eine klassische Partei“ zu sein (so Sigrid Maurer im aktuellen Profil), fast schon als Alleinstellungsmerkmal feiern können, wirkt einigermaßen absurd.

„Ihr seid eine Partei“, ist im Jahr 2017 zum politischen Schimpfwort mutiert - und wird an Grausamkeit nur noch übertroffen von „Ihr seid eine Alt-Partei!“

Dass seine Grünen „mittlerweile leider auch eine Altpartei geworden“ sind, stellte Peter Pilz im Juni fest, nachdem er beim Parteitag der Grünen eine Abstimmung um den vierten Platz auf der Bundeswahlliste verloren hatte. Seitdem liebäugelte er mit einer eigenen Liste. Und deren Antreten hat er dann heute auch bestätigt.

Die Website zur bei der Pressekonferenz im Hintergrund beworbenen Mailadresse „liste@peterpilz.at“ ist auch Stunden nach der PK noch leer (nachdem die zwischenzeitlich schon zu einem Rick Astley Video entführt wurde). Aber ganz wichtig ist natürlich schon jetzt: „Wir gründen vieles, aber sicherlich keine Partei.“

Drei Unterschriften Nationalratsabgeordneten will Peter Pilz für seine Kandidatur im Oktober bereits in der Tasche haben. Von wem die kommen sollen, will er bis Ende der Woche aber noch nicht verraten. So sichert man sich zumindest schon mal einen Slot in den Freitags-Nachrichten. Und mediale Präsenz wird er brauchen: Die wenigen bisher erschienenen Umfragen zur Wahl, die auch eine mögliche Liste Pilz abgefragt haben, sehen ihn durchaus zumindest in der Nähe der der 4%-Hürde. Oberste Devise: Im Gespräch bleiben!

Seit heute ist offiziell Wahlkampf

Zumindest budgetär gesehen ist seit heute Wahlkampf. Denn ab diesem 25. Juli werden alle Werbeausgaben der Parteien zu ihrem Wahlkampfbudget zur Nationalratswahl gezählt. Und das darf am Ende 7 Millionen Euro nicht übersteigen.

Das klingt viel, allerdings geben die Parteien auch ohne Wahlkampf ziemlich viel Geld für politische Werbung aus. Die ÖVP z.B. laut Marktforschungsunternehmen Focus allein von Jänner bis Juni 2017 über 2 Millionen. Vor allem rund um den Obmannwechsel hauten die Schwarzen auf den Putz: Etwa 750.000€ wurden von der ÖVP alleine im Mai für Parteiwerbung ausgegeben.

Wahlwerbung 2017

APA

2013 - bei der letzten Nationalratswahl - galt die 7-Millionen-Grenze zum ersten Mal. Überschritten wurde sie damals übrigens von SPÖ, ÖVP und - am deutlichsten - dem Team Stronach. Das TS musste für sein Budget von 13,9 Millionen nochmal knapp 600.000€ Strafe zahlen. Im Nachhinein gesehen hat sich die Investition allerdings wohl trotzdem gelohnt - kam man mit 5,7% doch am Ende nur recht knapp über die 4%-Hürde.

Apropos 4%-Hürde: Seit heute zählen nicht nur die Werbeausgaben als Wahlkampfkosten, seit heute können auch offiziell Unterstützungserklärungen für Parteien (oder wie sie sich auch immer nennen) abgegeben werden. Mindestens 2600 solcher Unterstützungserklärungen brauchen alle Listen, die nicht von mindestens drei aktuellen Abgeordneten unterstützt werden, um bundesweit bei der Wahl antreten zu dürfen. Zum Beispiel also auch Roland Düringers Liste G!LT, mit der der Kabarettist im Herbst ins Rennen gehen will. Er hat seinen Wahlkampf heute in Innsbruck gestartet.

Wenig überraschend hält auch Roland Düringer das derzeitige Parteiensystem für überholt. Und er sieht darin sogar das vereinende Element unter seinen Unterstützern und Unterstützerinnen: „Was sie eint, auch mit mir: dass wir alle glauben, diese Parteien irgendwann einmal loswerden zu müssen. Wir glauben, dass die Gesellschaft ohne diese Parteistrukturen auskommen könnte.“

Es könnte ein seltsamer Wahlkampf werden!

Niemand will eine Partei sein (also gut: fast niemand), das Geld wird wohl eher von Unterstützungskomitees ausgegeben als von den Wahlkampfzentralen selbst (dann zählen die Ausgaben nämlich nicht zu den Wahlkampfkosten der Parteien), Facebook-Gruppen für und gegen die einzelnen KandidatInnen werden wie Schwammerl aus dem Boden schießen (und natürlich wird niemand wissen, wer dahintersteckt).

Und die Grafik bei der Hochrechnung am 15. Oktober wird in völlig neuen, ungeahnten Schattierungen glänzen. Peter Pilz wünscht sich für seine Nicht-Partei nämlich die Farbe „Transparent“.

Es werden aufregende Wochen!

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