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Strandspaß

Man erwartet, dass man nackt am Strand liegt. Oder fast nackt. Was braucht man mehr, als unter der Sonne zu liegen und im Meer zu baden?

Von Todor Ovtcharov

Ich habe meine Kindheit in Varna am Schwarzen Meer verbracht. Mein Opa und ich nahmen nur unsere Badehosen zum Strand mit. Mein Opa glaubte, dass es besonders gesund ist, wenn man aus dem Meer herauskommt, sich im warmen Sand herumzuwälzen. Er verabscheute Handtücher und Sonnencreme. Laut ihm war jeder Mensch, der weit weg vom Meer geboren wurde, ein Angsthase, der das Meer und die Sonne fürchtet. „Wir sind aus dem Meer gekommen vor Millionen von Jahren und wir müssen ihm dankbar sein und keine Angst vor ihm haben“, sagte mein Opa. Wir waren den ganzen Tag am Strand und haben nie einen Sonnenbrand bekommen. Ich wurde nur dunkler und dunkler, bis am Ende des Sommers meine Zähne leuchteten.

Heutzutage schützen sich die Menschen immer mehr vor dem Meer. Niemand geht zum Strand, ohne wenigstens eine große Tasche mitzubringen. Sogar ich. Ich wehre mich dagegen, aber die Tasche wird jedes Jahr größer. Es beruhigt mich, dass ich die Tasche mithabe, nicht weil darin zwei Handtücher, eine trockene Unterhose, eine Box mit Keksen und eine mit Gurken, drei unterschiedliche Sonnencremen, ein Sonnenschirm und ein Sonnenhut sind, sondern weil ich mit ihr mein Buch trage. So auch kürzlich.

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Am Strand angekommen sah ich, dass fast niemand las. Andere Strandspäße waren aber voll im Gange. Aus den Boxen der Strandbar dröhnten nebenbei die neuesten Sommerhits, und die Hälfte der Strandmenschen tanzten mit. Leute düsten in Jetskis vorbei. Während ich sie beobachtete, kamen zwei Jugendliche mit riesigen Rucksäcken zum Strand. Sie hatten aufblasbare Paddelsurfbretter dabei und die dazugehörigen Luftpumpen. Sie paddelten genau sieben Minuten und kamen wieder ans Ufer. Danach holten sie eine Drohne mit Kamera. Sie ließen sie über den Strand gleiten und fotografierten alles und alle rundherum. Das dauerte genau neun Minuten, inklusive dem Streit mit einem dicken Ungarn, der nicht gefilmt werden wollte und der darauf bestand, dass sie alle Aufnahmen mit ihm löschen mussten.

Die Drohne verschwand und aus den Rucksäcken kam etwas hervor, das sich in einen aufblasbaren Boxring verwandelte. Die Jugendlichen zogen sich komische Hüte und Handschuhe an und begannen einen Kampf, bei dem sie alle rundherum mit Wasser bespritzten. Das dauerte weniger als fünf Minuten. Danach sammelten sie alles wieder ein und gingen weg. Sie blieben am Strand nicht länger als 40 Minuten. Vielleicht zogen sie weiter zu einem anderen Strand?

Ich stelle sie mir vor, wie sie sich die Drohnenfotos anschauen und auf einem mein Gesicht sehen, das sich fragt: Warum die ganze Mühe, um Spaß zu haben? Vielleicht werde ich dann mit Photoshop wegretuschiert.

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