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Karlskirche nach dem Popfest

Radio FM4 / Patrick Wally

Das Finale am Popfest

Der letzte Tag am Popfest, der Tag zum Runterkommen. Wie jedes Jahr mit einem Konzertreigen aus der Karlskirche.

Von Christoph Sepin

Wer des Öfteren auf Musikfestivals geht, kennt das wahrscheinlich: Der allererste Tag nach den großen Feierlichkeiten, der lauten Party und der vielen Musik ist oft ein besonders schwieriger. Zu viele Emotionen schwimmen noch im Kopf herum, zu viele Impressionen müssen noch irgendwie verarbeitet werden.

Bei den meisten Festivals ist man mit dieser mentalen Aufgabe allein gelassen, das Popfest bietet aber jährlich einen quasi Service zum vernünftigen Runterkommen, den letzten Tag, Sonntag, am Fest am Karlsplatz. Und hilft somit bei der sanften Landung nach der großen Reise durch die Facetten der österreichischen Popmusik.

Schon am Sonntag Nachmittag kann nicht nur mit guter Musik, sondern auch mit dem Finale der diesjährigen Paneldiskussionen entspannt werden. „Ganz Wien“ lautet der thematisch passende Talk zu den verschiedenen popkulturellen Schauplätzen der Stadt und ihrer Geschichte.

Passend dazu gibt es auch gleich Musik im Wien Museum: Die Rucki Zucki Palmencombo zum Beispiel, die ihren 80er Jahre-Hit „Südseeträume“ auspacken: „Bekannt aus Funk und Fernsehen“, wie die Combo vermerkt. Produziert wurde die Nummer damals vom kürzlich verstorbenen Wilfried. „Schau oba!“, lautet die Message nach oben an ihn, bevor die Band in das Lied startet.

Das mit dem Runterkommen, das scheint man am Popfest ernst zu nehmen: Die allermeisten der unzähligen Essens- und Getränkestände, die den Karlsplatz in den letzten Tagen gefüllt haben, sind mittlerweile abgebaut oder geschlossen, das Wasser aus dem Teich ausgelassen, die Seebühne wartet darauf abgebaut zu werden. Und die Unmengen an Leuten, die das Fest hier in den letzten Tagen frequentierten, sind ersetzt durch ein paar herumhängende Leute, spielende Kinder und fotografierende Touristen. „Wie schön das hier ist, wenn wenig Leute da sind“, sagt jemand, der sich schon gar nicht mehr erinnern kann, wie das war am Karlsplatz, vor dem Popfest.

Einmal gibt es aber noch lange Warteschlangen an diesem Wochenende. Am Weg in die Karlskirche nämlich, wo traditionell die abschließenden Konzerte des Fests stattfinden. Der letzte Abend, die letzte Location, eröffnet dieses Jahr von der Theremin-Spielerin Pamelia Stuckney, die in der Vergangenheit schon mit Leuten wie David Byrne, Grace Jones und Yoko Ono zusammengearbeitet hat. Thematisch läutet die Musikerin den Abend passend ein und bietet einen Vorgeschmack auf die restlichen Konzerte in der Kirche. Präapokalyptische Welten werden aufgebaut, wie das eben so ist, bevor alles zusammenbricht. Und Musik zum Kopf in die Hände legen, im besten Sinne.

Einen Musiker wie Dino Spiluttini gut zu finden, ist nicht schwer, und das machen deswegen auch viele. Der schafft es dann tatsächlich noch kurz vor Ende eines der besten Sets am Popfest zu spielen. Selbstauflösung mit Drone-Unterstützung, harmonische Disruption, Tracks, die wachsen und wachsen bis sie in sich zusammenstürzen. Und perfekte Musik zum Revue passieren lassen, wie das so war, die letzten Tage am Popfest.

Die im Vorfeld ungewöhnlich wirkende Kuratorenbesetzung hat sich letzten Endes doch ausgezahlt: Durch das Team Eberhard Forcher und Ana Threat sind programmatische Gegenpole entstanden, die sich viele gewunschen haben und die das Popfest oft auch am meisten auszeichnen. Das solche Dissonanzen dann doch harmonisch funktionieren, bleibt aber trotzdem als eine der größeren Überraschungen übrig. Und: Vielleicht ist das heuer das erste Popfest gewesen, auf dem jeder und jede mindestens eine Band überhaupt nicht gemocht hat. Was zeigt, dass sich das Ganze über die Jahre immer weiter genretechnisch öffnet.

Was übrig bleibt, vom diesjährigen Popfest, ist viel. Neue Musik gab es zum Entdecken, neue Menschen zum Kennenlernen, neue Impressionen zum Verarbeiten. Und mit der Show von 5K HD am Samstag gab es vielleicht das beste Konzert der Popfest-Geschichte anzuschauen.

Als die Leute nach dem abschließenden Sonntagskonzert von Meaghan Burke und den Burkettes aus der Karlskirche wandern, lassen sich entspannte, erleichterte und zufriedene Gesichtsausdrücke erkennen. Das war’s mal wieder, denkt man sich, wenn man über den dunklen Karlsplatz heimwandert, und die Vorfreude auf den ganzen Spaß im nächsten Jahr kann schon mal losgehen.

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