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Der song zum sonntag

Früher war mehr Lametta

Der Song zum Sonntag: Destroyer - „Tinseltown Swimming in Blood“

Von Philipp L’heritier

Der Schein trügt, das ist bekannt. „Tinseltown“ ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für die goldene Prachtfabrik Hollywood, wo alles funkelt und strahlt. Das Wort „tinsel“ bedeutet im Deutschen so viel wie „Lametta“ oder „Flitter“ – es ist also alles nur falscher Glanz und wertloser Glitter im guten, alten Tinseltown.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Nur Pose und flashy Oberfläche, kein Wert, keine Substanz. Das sind alles alte Motive, hinter dem Prunk und dem Glamour warten die Abgründe. Diese Geschichten hat auch Hollywood selbst schon in etlichen Filmen verarbeitet, in musikalischer Hinsicht ist aktuell vor allen Dingen Lana Del Rey gut dabei, die alten, amerikanischen Mythen als bloße Kulissenstadt zu entlarven. Aber dabei trotzdem noch genüsslich in ihnen zu baden und sie auszukosten.

„Tinseltown“ ist aber auch, weniger bekannt, der Spitzname für eine glorreich geplante und glorreich gescheiterte Shopping-Mall im kanadischen Vancouver. Da kommt der Musiker Dan Bejar her, der sich mit seinem Projekt Destroyer auch bevorzugt dem wunderbaren Schmalz widmet, dem Geschmeide, der Zärtlichkeit. Dahinter liegen die Schmerzen und es fault im Gemüt.

Demnächst erscheint unter dem Titel „ken“ ein neues Album von Destroyer, die Vorabsingle zeigt Schmuseboy Dan Bejar auf der Höhe seiner seltsamen Kunst. „Tinseltown Swimming in Blood“ ist für Bejars Verhältnisse überraschend elektronisch geworden, ein Früh-Achtziger-Synth-Pop-Song, der sich auf die frühen New Order und, wieder einmal, den David Bowie der Brian-Eno-Phase beruft.

Es ist ein weiches Lied, es ist ein kaltes, trauriges Lied. Dan Bejar sprechsingt davon, wie die einsamen Lametta-Fäden verlassen im Wind wehen. Er erinnert sich an die Träume von den blauen Augen einer einst geliebten Person. Wie denn der Wein geschmeckt habe, so fragt er sich. Alles ist verblasst, von den glorreichen Zeiten sind nur noch matte Erinnerungen über. Saxofone blasen im Nebel.

Das Lied bleibt schemenhaft, Dan Bejar umreißt in wenigen diffusen Bildern das Szenario eines kaputtgegangenen Traums. Die Liebe, die Wünsche, es war einmal so schön. „I was a dreamer“, singt er ganz am Schluss, und dann: „Watch me leave“. Und dann ist er auch schon verschwunden.

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