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Dives

Tina Bauer

Manchmal ist ein Shrimp die Lösung für alles

Surfrock und Garagepunk, laut, bodenständig, elegant. DIVES sind unser FM4 Soundpark Act im November.

Von Lisa Schneider

Wenn man seine große Liebe beim Speed-Dating innerhalb weniger Minuten ins Herz schließen- oder doch lieber in den Mistkübel schmeißen kann, wieso sollte das nicht auch mit Bands so sein? Nicht viel, aber ein wenig mehr Zeit als die paar stockend verbrachten Minuten bei Kerzenschein waren’s dann schon, als sich Dora de Goederen (Schlagzeug), Tamara Leichtfried (Gesang, Gitarre) und Viktoria Kirner (Gesang, Bass) in Linz am Girls Rock Camp kennengelernt haben.

Fünf Tage haben sie da gemeinsam verbracht, nachdem sie beschlossen haben, dass sie zu dritt gemeinsame Sache machen wollen. Am letzten Abend steht dann traditionell der Abschlussauftritt an, bei dem man den anderen Campbesucherinnen zeigen soll, welche Ideen sich hinter dem Notenschlüssel gefestigt haben. DIVES stehen, zwar noch nicht unter diesem Namen und auch noch nicht mit dem Plan, das Projekt so fortzuführen, auf der Bühne. Erst einige Zeit nach dem Camp beschließen die drei Musikerinnen, den Erfolg des dortigen Zusammenspiels fortzusetzen.

Girls Rock Camps in Österreich

Die „Girls Rock Camps“, initiiert vom Verein pink noise, finden seit 2010 regelmäßig statt. Angefangen hat das Ganze aber auf internationaler Ebene, im Rahmen der „Girls Rock Camp Alliance“, in Portland, Oregon.

Mittlerweile gibt es solche Camps in ganz Europa - und eben auch in Österreich. Zuerst in Graz, mittlerweile in Hollabrunn und Wien. Mädchen und junge Frauen sind hier dazu eingeladen, an Workshops, Instrumentenkursen und Bandproben teilzunehmen. Vorkenntnisse sind nicht nötig.

Alle weiteren Informationen zu Terminen und Anmeldung findet ihr hier.

Auch die siluh-Labelkolleginnen von Aivery haben sich auf einem Girls Rock Camp kennengelernt.

Dives

Tina Bauer

Schon ein bisschen Pop

Das war 2015 – damals fand das erste Girls Rock Camp nicht nur in Hollabrunn (dort schon seit 2011), sondern erstmals auch in Linz statt. Eine zusätzliche Neuerung war, dass nun nicht nur junge Mädchen und Frauen zwischen 14 und 19 Jahren, sondern bis zu 24 Jahren zugelassen waren. „Tamara und ich waren demnach vor zwei Jahren wohl die ältesten Teilnehmerinnen“, schmunzelt Bassistin Viktoria.

Sie haben sich vorerst mal zusammengetan, weil alle drei aus Wien angereist sind. Musikalisch kommen sie nämlich aus ziemlich konträren Ecken. „Ich bin mit Pop aufgewachsen. Pop, wie man ihn im Sinne der 90er Jahre versteht, Robbie Williams, Herbert Grönemeyer, später Beyonce“, erzählt Sängerin und Gitarristin Tamara, „ich glaube, weil mir das einfach immer sehr wichtig war, kommt von mir auch immer ein ziemlicher Pop-Einschlag für neue Songs“. Die Debatte, was denn nun Pop ist, und was nicht, stellt sich im Proberaum bei DIVES mehrmals.

Catchy soll der Song sein, er muss einem etwas geben, im besten Fall einen Ohrwurm, aber nicht den von der nervigen Sorte, den man sofort wieder loswerden will. Das Debüt-Minialbum von DIVES schmieg sich gern an poppig-eingängige Melodien, und das bestätigen die drei Musikerinnen gerne. „Wichtig dabei ist mir vor allem“, wirft Schlagzeugerin Dora ein, „mit den Erwartungen der ZuhörerInnen zu brechen. Es muss deshalb nicht immer etwas komplett Verstörendes auf der Bühne passieren, ich meine das vielmehr auch in Bezug auf uns selbst. Im Entstehungsprozess der Songs ist es sehr oft spannend zuzusehen, was passiert, wenn man mit seinen eigenen Erwartungen bricht.“

Die Band Dives

Tina Bauer

Aber bitte dreckiger und lauter

Mit dem Genre „Surfrock“ sind DIVES grundsätzlich zufrieden. Das Härtere, Peitschende bringt Viktoria in die Gruppe, sie hat gerade zur Entstehungszeit der Band viel Garagepunk gehört, und wollte auf keinem Fall, dass das Ganze zu einem zu lieblichen Singer-Songwriterprojekt zerfließt. „Ich habe dann schon bei unserer ersten Proben oft gesagt: Härter, schneller, treibender!“, lacht Viktoria.

Das Härtere wollen schließlich alle drei. Die Lagerfeuerromantik der ersten Gitarrenspielversuche mit 15 lässt Tamara gern zurück, ebenso wie Viktoria ihre ersten Erfahrungen mit dem Saiteninstrument, die ihr ihre damalige Lehrerin grundlegend verscherzt hat: „Es war fürchterlich. Ich habe zu Volksschulzeiten Gitarrenunterricht genommen, und habe, glaube ich, fünf Jahre lang nur „Old MacDonald“ gezupft. Meine Gitarrenphobie konnte ich bis jetzt nicht ganz ablegen“.

Aber, aber: Viktoria besucht das Girls Rock Camp eigentlich deshalb, um ihre technischen Skills im Bereich Lo-Fi aufzubessern, und nicht, weil sie unbedingt eine Band gründen wollte: „Ich weiß noch, als ich erfahren habe, dass wir nach fünf Tagen auf der Bühne stehen sollen, hab ich zu mir selbst gesagt: sicher nicht. Und dann hat das alles aber so eine Eigendymanik entwickelt, es ist so ein Zusammenwachsen, und man sieht, was alle anderen in diesen fünf Tagen geschafft haben. Und dann steht man auf der Bühne, und es ist das beste Gefühl der Welt. Man muss sich nur trauen.“

Der Lo-Fi Workshop, den Viktoria besuchen wollte, wird kurzerhand abgesagt, und stattdessen versucht sie sich am Bass. Anfangs noch eher zurückhaltend, war schnell klar: Hier summt niemand mehr von Tieren, die auf einer Farm leben.

Die Band Dives

Anna Breit

Wie es der Zufall will

Wäre dieser Lo-Fi-Workshop demnach nicht ausgefallen, Dives wären vermutlich so nicht auf den Plan getreten. Das Zufällige funktioniert nicht nur in der Bandhistorie wie man sieht sehr gut, sondern auch bei der Songentstehung. „Ich wollte ursprünglich nicht Gitarristin sein, sondern Schlagzeugerin", erzählt Tamara.

So passiert es auch, dass Dives im Proberaum die Instrumente nach Belieben durchtauschen – auch, wenn die generelle Formation fix ist. Die Texte kommen von Viktoria und Tamara. Sie haben verschiedene Herangehensweisen, genauso, wie ihre Spotify-Playlists manchmal unterschiedlicher nicht klingen könnten.

„Aber, und das ist das Wichtige und eigentlich schönste Ergebnis der letzten 1,5 Jahre: wir sind im Studio menschlich und musikalisch zusammengewachsen. Es war einfach eine große Bereitschaft da, sich auf den anderen als Person, aber auch in seinen jeweiligen Musikgeschmack einzulassen.“

Mittlerweile teilen Dives nicht nur mehrmals wöchentlich den Proberaum – dort wurden nicht nur Songs geschrieben, sondern auch einfach gemeinsam Instrumente erlernt – sondern gern auch das Bier in der ersten Reihe während diverser Konzerte. Bandkolleginnen und gleichzeitig Freundinnen zu sein, dieses Privileg hat sich bei DIVES in kurzer Zeit entwickelt, vor dem Camp kannten sie einander ja überhaupt nicht. Und je mehr sie zusammenwachsen, desto schneller und besser funktioniert die Zusammenarbeit: „Es ist nicht nur gut, im Proberaum gemeinsam zu jammen, sondern einfach auch viel gemeinsam zu proben, anstatt jeder für sich allein zuhause. Wenn es von einem Song erst eine Skizze gibt, ist es viel inspirierender, gemeinsam daran weiterzuarbeiten“, erzählt Dora.

Wenn sie dann doch einmal wieder den Bass statt der Drumsticks in der Hand halten will, wie sie das in ihrem anderen Bandprojekt Schapka tut, tauscht sie schnell mit Tamara, die am Song „Roof“ auch im Studio das Schlagzeug eingespielt hat. Und wenn es Dora andererseits zu langweilig wird, die oft im Hintergrund durchlaufenden, oft gleichförmigen Drumsequenzen zu spielen, setzt sie sich hin und trommelt einen bezeichnenden Song wie „Drum“, ein nach vorn drängender Marschgesang.

Das erste Mal im Studio

Cover s/t EP Dives

Siluh Records

Die Debut-EP von DIVES erscheint via Siluh Records.

LIVE

  • 2017-11-18 Wien, Fluc
  • 2017-10-20 Linz, Willy*fred (+ Aivery)
  • 2017-11-29 München, Milla
  • 2017-12-01 Leipzig, Tiff
  • 2017-12-02 Berlin, tba

Prominente Unterstützung bei den Aufnahmen zum Minialbum hatten DIVES vom nie faulen Wolfgang Möstl. Er hat sie bei einem Auftritt letztes Jahr live gesehen: „Der Song hieß „Tomorrow“ – und die Idee dahinter war super. Die Liveumsetzung haben wir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht so hinbekommen, wie wir wollten“, erinnert sich Viktoria, „aber Wolfang Möstl stand in der ersten Reihe und ist danach zu uns hergekommen und meinte, er hat verstanden, in welche Richtung der Song hätte gehen sollen. Und falls wir aufnehmen wollen würden, er wäre in!“

Gesagt, getan. In nur fünf Tagen nehmen DIVES ihr selbstbetiteltes Debüt-Minialbum auf, ruck-zuck und knackig wie die immer nur mit einem Wort besetzten sechs Titel. Auch die Songs, es sind keine Geschichten, es sind mehr hingeschnalzte Gefühlsfetzen, die erzählt werden. Und manchmal, da werden die Wörter einfach nur absurden Assoziationen gerecht, so wie im Fall von „Shrimp“. Durch einen eigentlichen Versprecher entsteht bei DIVES in dem Fall ein Songtitel – auf einen Schlag, der fast so satt klingt wie die Bassdrum.

Dives werden ihr Debut am 18. November im Wiener Fluc präsentieren, danach folgen noch weitere Termine in Österreich und Deutschland. Auf dass der Schweiß von der Decke perlt.

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