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Témé Tan Album Cover

MikoMikoStudio / PIAS

Artist of the week

Mach dich auf in die Welt

Kongolesische Rumba, brasilianischer Bossa Nova und französische Popmusik finden in den Songs unseres Artist of the week Témé Tan zu einer schlüssigen Mischung.

Von Katharina Seidler

World Music: Panflöten, Percussions, bunte Gewänder. Balkan, Karibik und „Afrika“, Sitars und Didgeridoos, Rituale und exotische Folklore, kurz gesagt jede Musik, die nicht ganz den „westlichen“ Traditionen und Ästhetiken entspricht, betrachtet durch ebendiese Brille. World Music, das ist ein Begriff, den sich nur westliche Musikbusinessmenschen ausdenken konnten, und 30 Jahre nach seiner Erfindung wäre es an der Zeit, sich von ihm zu verabschieden.

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Dieser Meinung ist auch der belgisch-kongolesische Multiinstrumentalist Tanguy Haesevoets alias Témé Tan, und doch wird das Wort World in den Besprechungen seines soeben erschienenen, selbstbetitelten Debütalbums auftauchen. Aufgewachsen ist Témé Tan zwischen Brüssel und Kinshasa, bereist hat er die halbe Welt. Er liebt japanische Avantgarde-Elektronik ebenso wie brasilianischen Bossa Nova, kongolesische Rumba und Zouk gleichviel wie J.Dilla und Michael Jackson, und seine Gitarre genauso wie seinen MPC-Sampler.

Der Pop der Zukunft

Am ehesten könnte sich Témé Tan selbst noch mit dem Begriff „geographical pop“ anfreunden als Bezeichnung für seine Musik, die um zahlreiche folkloristische Musiktraditionen der Welt weiß, die aber auch etwa den überschäumenden Pop von Animal Collective oder die mitreißenden Congotronics von Konono No.1 in sich aufgesaugt hat.

Témé Tan

MikoMikoStudio / PIAS

„Témé Tan“ von Témé Tan ist am 13.10.2017 via PIAS erschienen.

Französisch, Englisch, Suaheli oder Kreolisch wechseln sich ebenso ab wie Sprechgesang und Gesang, Kinderchöre, Erwachsenenchöre, Beatgeboxe, Nanana-s und Lalila-s. In der Live-Umsetzung legt Témé Tan vor allem auf den organischen Charakter Wert und baut die Samples und Loops bei seinen meist solo bestrittenen Konzerten nach Möglichkeit vor dem Publikum nach.

Das Eintauchen in die verschiedenen Kulturen der Welt, niemals oberflächlich, immer mit Haut und Haaren, ist für Témé Tan ein maßgeblicher Bestandteil seines Lebens und seiner Kunst. Während der Ebola-Epidemie in Westafrika vor zwei Jahren verbrachte er mehrere Monate in Guinea an der westafrikanischen Küste, um an der Musik für ein Theaterstück zu arbeiten.

Ein Plädoyer für mehr Offenheit und Leichtigkeit

Seine eigenen Bedenken in Hinblick auf die Reise zerstreuten sich bereits beim Verlassen des Flugzeuges, als er sah, wie normal das Leben dort trotz allem seinen Lauf nahm. Dieses Überwinden der eigenen Vorurteile sowie seine Gedanken über die Hysterie der westlichen Welt gegenüber allem Unbekannten goss er in einen überschwänglichen Popsong voll positiver Energie: „Ça Va Pas La Tête?“ - „Are you out of your mind?“

Durch Internet und leistbare Flüge, durch Social Media und Youtube sind die Länder der Erde in den vergangenen zwanzig Jahren ein ordentliches Stück zusammengerückt. Es liegt nun an uns, die angemessene Offenheit für ihre unendlichen Düfte und Geschmäcker an den Tag zu legen. Es entstehen neue Symbiosen, neue Menschen und neue Musik für neue Fächer im Plattenregal. Témé Tan tanzt leichtfüßig durch sie hindurch, nimmt ernst, lernt, versteht und kombiniert. An seiner Begeisterung im Umarmen der ganzen Welt kann man sich nur ein Beispiel nehmen.

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