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Bilder aus Thor: Ragnarok

Marvel

FILM

Es darf gelacht werden

In „Thor: Ragnarok“, bei uns „Thor: Tag der Entscheidung“ genannt, setzt Marvel auf selbstironisches Blödeln.

Von Christian Fuchs

Wieder einmal droht in einem Marvel-Blockbuster die Apokalypse. Sehr vage von nordischen Mythen inspiriert, scheint in „Thor: Ragnarok“ das Götterreich Asgard dem Untergang geweiht, als plötzlich die erbarmungslose Todesgöttin Hela zurückkehrt. Nicht einmal der mächtige Thor kann rettend eingreifen, ist der strahlende Held doch auf einem fremden Planeten gestrandet. Dort wird er von einem bizarren außerirdischen Herrscher gezwungen, in der Gladiatorenarena anzutreten. Ausgerechnet der grüne Riese Hulk, ein befreundeter Avenger, wartet am anderen Ende des Rings auf Thor, um ihn blind vor Wut zu zerstampfen.

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Willkommen zur Selbstparodie

Klingt nach Drama, Düsternis und bewährter Fantasy-Action-Rezeptur. Aber der Tonfall in „Thor: Tag der Entscheidung“, wie der Film bei uns heißt, ist anders. Es darf gelacht werden. Zwar gehörten humorige Oneliner schon immer zum Marvel-Universum, ob in den Comics oder den Filmen. Mit den „Guardians of the Galaxy“ bewegte sich die Superheldenwelt im Kino jedoch ein gutes Stück mehr in Richtung Comedy. Nach dem ungeheuren Erfolg der knallbunten Sci-Fi-Saga rund um Starlord & Co. brechen jetzt alle Klamaukdämme. Mit dem dritten Soloabenteuer des nordischen Donnergotts ist das Marvel-Kino bei der Selbstparodie angekommen.

Im Vorfeld hörte sich das nach einer wirklich guten Nachricht an. Nicht nur, weil ein blondes Muskelpaket im Wikingerlook ohnehin nach Wrestling-Assoziationen und unfreiwilliger Komik schreit. Oder weil aus dem ganzen Comicverfilmungszirkus ohnehin schon spannungstechnisch die Luft draußen ist.

Vor allem, weil die Marvel-Studios ihre Multi-Millionen-Dollar-Franchise ausgerechnet einem neuseeländischen Indie-Regisseur anvertrauten, der für seine kleinen, charmanten, sanft rebellischen Komödien zu Recht gefeiert wurde. Mit der witzig-klugen Vampirverspottung „What We Do in the Shadows“ und dem komischen und zugleich berührenden Generationskonflikteabenteuer „Hunt for the Wilderpeople“ eroberte Taika Waititi ein weltweites Publikum. „Thor: Ragnarok“ trägt nun unverkennbar seine Handschrift.

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Aufdringliches Augenzwinkern und neunmalkluge Gags

Stars wie Chris Hemsworth, Tom Hiddleston und Mark Ruffalo wirken unter der Regie des frechen Neuseeländers tatsächlich wie von ihren bisherigen Fesseln befreit. Endlich brauchen sie ihre kindischen Kostüme und Frisuren nicht mehr ernst zu nehmen, müssen nicht mehr grimmige Miene zum infantilen Spiel machen. Die bewusst dick auftragende Cate Blanchett als diabolische Hela bemüht sich erst gar nicht um einen Hauch von Bedrohlichkeit, Jeff Goldblum legt seinen Alien-Diktator schon in der ersten Sekunde wie aus einem Kiffermovie entstiegen an.

Aber „Thor: Ragnarok“ ist eben keine Will-Ferrell-Comedy. Irgendwann kippt die psychedelische Faschingsstimmung, beginnt das ständige selbstironische Dauerfeuerwerk ebenso zu nerven wie das aufdringliche Augenzwinkern der Akteure. Nicht nur, weil einige Gags so neunmalklug daherkommen, als ob sie ein Klassenclown ins Drehbuch geschrieben hat. Die andauernde Pointenparade harmoniert, anders als im lässigen ersten Teil der „Guardians of the Galaxy“-Reihe, auch nicht mit den endlosen Kampfsequenzen. Mit computeranimierter Bombast-Action musste sich Waititi in seinen liebenswürdigen Vorgängerfilmen eben auch nicht herumschlagen.

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Weil man dem sympathischen Regisseur einfach nicht böse sein will, denkt man sich, dass „Thor: Tag der Entscheidung“ vielleicht mit bewusstseinsvernebelnden Rauchwaren blendend funktioniert. Aber im nüchternen Zustand wirkt die Dekonstruktion der über Jahre etablierten Marvel-Mythologie irritierend.

Bloß einzelne Szenen, die sich vor den kosmischen Kreationen von Zeichnerlegende Jack Kirby verbeugen, stechen hervor. Ob im kommenden Megaspektakel „Avengers: Infinity War“ derartig munter weitergeblödelt wird, ist fraglich. So richtig brennend interessiert die Antwort aber zumindest den Schreiber dieser Zeilen nicht mehr.

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