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How to Talk to Girls at Parties

Viennale

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Aliens und Anarchie

Wie man richtig Filme auf der Viennale entdeckt am Beispiel „How to Talk to Girls at Parties“.

Von Christoph Sepin

Es ist ein Jahr her, dass der britische Filmemacher Julien Temple als Gast bei der Viennale war. Der Regisseur gilt als essenzieller Berichterstatter und Archivar der britischen Rock’n’Roll-Geschichte. Er hat Musikvideos für die Rolling Stones und die Kinks gedreht, hat mit David Bowie gearbeitet und vor allem von Anfang an die Sex Pistols dokumentiert.

Die Geschichte von seiner ersten Begegnung mit den Sex Pistols erzählte Temple in einem früheren FM4-Interview. Ein richtig guter Zufall soll das gewesen sein, als er eines Tages durch die Londoner Docks spazierte und plötzlich Lärm hörte. Dabei war das gar kein Lärm, sondern Musik. Temple hatte den Proberaum der Sex Pistols gefunden und damit seine Bestimmung als Dokumentarfilmer für die nächsten Jahrzehnte.

Das Viennale-Tagebuch auf FM4

So wie Julien Temple auf seiner Entdeckungsreise in die Welt des Punk, so geht es auch den Protagonisten im Film „How to Talk to Girls at Parties“. Die hören nämlich auch auf ihrem nächtlichen Spaziergang durch die Straßen Londons einen neuen Sound, der sie in Richtung eines Hauses lockt. Was sie darin entdecken, verändert ihr Leben für immer.

How to Talk to Girls at Parties

Viennale

Take me to the Punk

Nicht ganz genau so, aber doch ähnlich, ging es so manchen Besuchern und Besucherinnen des Films auf der Viennale. Am Montag wurde er um 23 Uhr im Gartenbaukino gezeigt. Erstens ist das sowieso die beste Zeit, um Filme anzuschauen, wie an anderer Stelle im Viennale-Tagebuch bereits vermerkt. Zweitens zeigt man schon ein bisschen Commitment, wenn man sich einfach so Montag in der Nacht auf einen Film einlässt.

Das Schöne bei Filmen auf Festivals ist nämlich oft, dass die so frisch und neu sind, dass sie nicht nur meistens noch keinen Verleih in Österreich haben, womit der Kinostart komplett ungewiss ist, sondern dass es da meisten auch noch keine Reviews darüber gibt. Das bedeutet, dass man sich als Zuseher und Zuseherin nicht auf die Meinung anderer verlassen kann, sondern sich diese ganz unbeeinflusst selber bilden muss.

Die Gründe, warum sich die Leute dafür entschieden haben, sich in „How to Talk to Girls at Parties“ zu setzen und das Gartenbaukino an einem Montag in der Nacht zu füllen, sind unterschiedlich.

Manchen gefällt einfach der Titel, der eine Art Coming-of-Age-Story für Außenseiter verspricht. Manche haben mitbekommen, dass die Geschichte auf einer Short Story von Kultautor Neil Gaiman basiert. Wiederum andere haben einfach Promofotos einer überstylten Nicole Kidman aus dem Film gesehen und wollen herausfinden, ob sie mittlerweile „schauspielen gelernt hat“. Oder aber sie sind vertraut mit den Arbeiten von Regisseur John Cameron Mitchell.

How to Talk to Girls at Parties

Viennale

Gemeinsam haben alle Anwesenden im Saal, dass ihnen ein Film gezeigt wird, der gekonnt mit Erwartungen spielt. Zuerst wird hier die Geschichte von ein paar Außenseiter-Teenagern in den späten 70ern zur großen Punk-Hochblüte erzählt. Dann wird das Ganze plötzlich zu einer herrlich trashigen Sci-Fi-Comedy, bevor später eine ganz eigene Version einer Liebesgeschichte entsteht.

„How to Talk to Girls at Parties“ ist ein wunderlicher Film, ein wahnsinniger Film, ein einladender Film, der zu dieser Uhrzeit auf der Viennale perfekt platziert war. Ein Film, so eigensinnig und ungewöhnlich, dass man sich fragen muss, ob der überhaupt jemals wieder in einem Kino in Österreich gezeigt wird - also einen Verleih findet, der ihn hierzulande in die Filmhäuser bringen will.

Und das alles auf der großen Leinwand im Gartenbaukino mit hunderten Anderen schauen zu können, das ist wieder mal so eine Sache, mit der ein Festival wie die Viennale glänzt, und damit beweist, dass es sich auszahlt, sich einfach mal so ohne viel Ahnung ins Kino zu setzen. Man weiß ja nie was man kriegt.

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