FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Bild aus dem Film "Weit"

Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier

Auf laut

Über die Freiheit, zu reisen

Gibt es ein Menschenrecht auf die Freiheit, zu reisen? Ja, aber nur für manche. Wir diskutieren in FM4 Auf Laut, wie wichtig euch diese Freiheit ist.

Von Elisabeth Scharang

Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer und somit die Ausreisebeschränkungen für die DDR-Bürgerinnen und Bürger. Die Bilder der Menschenströme über die offene Grenze nach Westberlin sind ins kollektive Gedächtnis gesickert.

Und viele haben sich damals wie heute gefragt: Was wäre gewesen, wenn die DDR keine Mauer gebaut und die Reiselust der Bürger*innen nicht blockiert hätte? So wie das zum Beispiel im ehemaligen Jugoslawien der Fall war, dem einzigen kommunistischen Land damals mit Reisefreiheit.

700.000 Einwohner*innen sind in den 70er Jahren als Gastarbeiter aus Jugoslawien in den Westen gegangen, das war jeder zehnte. Unter anderem, um diese Abwanderung an Arbeiter*innen zu verhindern, hat die DDR Führung eine Mauer gebaut, die Grenzen dicht gemacht und die Sehnsucht der Menschen, sich frei zu bewegen, woanders zu arbeiten und zu reisen, damit ins Unermessliche gesteigert.

Fall der Berliner Mauer

Creative Commons

Die Freiheit, zu reisen - ist das ein Menschenrecht?

Es gibt das Recht auf Freizügigkeit, das den Bürger*innen eines Landes das Recht gibt, das eigene Land nach belieben zu verlassen und wieder zurück zu kehren. Und ja, das ist verbrieftes Menschenrecht. Das klingt allerdings in Zeiten von geschlossenen Balkanrouten, von Calais und Lampedusa abstrus. Es gibt die Freiheit, zu reisen, aber es gibt sie wie die meisten Rechte auf dieser Welt nur für manche Gruppen.

Die Menschen aus Deutschland und aus Singapur gehören dabei zu den Priviligiertesten. Sie dürfen jeweils in 158 Staaten reisen, ohne ein Visum beantragen zu müssen. Kommt man aus Afghanistan, so sind es gerade mal 22 Länder, die man ohne Ansuchen und Visum bereisen darf. Österreich steht mit 156 freien Destinationen im oberen Drittel der reichen Erste-Welt-Länder.

Bild aus dem Film "Beyond"

Lotus Film

Seit Juni diesen Jahres wurden die Einreisebeschränkungen für die Ukrainer*innen nach Europa aufgehoben, was, wie ich gelesen habe, auch von vielen sofort in Anspruch genommen wurde. Sicher, so ein Ansturm wie damals in Berlin 1989 war es nicht, aber auch hier war nicht zu übersehen, was es für Menschen bedeutet, eine Grenze überqueren zu dürfen und die Welt für sich weiter zu machen.

Wie wichtig ist es, mit eigenen Augen Jerusalem zu sehen, durch die Sahara zu wandern, Couchsurfing in Lima zu betreiben oder den culturclash in Indien zu erleben? Wie wichtig ist diese Erweiterung des eigenen Horizonts, um offen zu sein für Veränderung und für Unbekanntes? Oder ist es eine Art des weitergeführten Kolonialismus und der Umweltverschmutzung, zu der die Tourismusbranche ihren Teil beiträgt – allein, wenn man die Tonnen an Dieselöl denkt, die jeden Tag von den Kreuzfahrschiffen in die Meere gelassen werden? Kennt ihr die Situation, nicht reisen zu dürfen? Und wie haben euch Reisen, die ihr gemacht hab verändert?

Weit. Die Geschichte von einem Weg um die Welt

Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier wollten die Welt bereisen, ohne einen heftigen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen und ohne viel Geld in der Tasche. Die beiden sind zu Fuß von ihrem Zuhause in Freiburg Richtung Osten gestartet und haben sich das Ziel gesetzt, ohne einmal das Flugzeug zu besteigen, aus dem Westen wieder zurück zu kehren. Dreieinhalb Jahre haben sie gebraucht.

Sie sind getrampt, mit dem Zug gefahren, viel zu Fuß gegangen. Sie haben im Zelt geschlafen oder bei Menschen, die sie bei sich zu Hause aufnahmen. Sie haben dabei Menschen getroffen, die noch nie ihr Dorf oder ihren Landkreis verlassen haben oder verlassen konnten, sie haben Couchsurfing in Pakistan betrieben - weil, wenn man schon wie die meisten Pakistani nicht verreisen kann, so holt man Reisende aus der ganzen Welt zu sich nach Hause.

Die beiden haben mir klar vor Augen geführt, welches Privileg es ist, die Welt bereisen zu dürfen. Und ich hatte das Gefühl, das ging auch den Menschen so, denen die beiden auf ihrer Route durch Sibirien, der Mongolei, Pakistan, Iran, Indien, Japan bis nach Südamerika begegnet sind. Manche sind ein Stück mitgereist, weil sie selbst ihre Heimat nicht kennen. Auf dieser Reise ist ein Dokumentarfilm entstanden, der so ein Überraschungserfolg in Deutschland wurde, dass er zur Zeit auch bei uns im Kino läuft.

Beyond

Zwei, die sich auf ein ganz anderes Abenteuer eingelassen haben, sind die beiden Grazer Mario Hainzl und Andreas Jaritz. Die beiden sind mit Kamera und Surfbrett die afrikanische Westküste entlang gefahren. Surfen, das ist wohl der Inbegriff für „Ich lebe meine Freiheit“. Zumindest hat die Sportindustrie aus dem kalifonischen Lebensgefühl der Surfer*innen ein internationalisiertes Label kreiert.

Aber wie funktioniert das in Ländern ohne Red Bull Marketingmaschine? Und wie sehr haben sich die Vorstellungen der Filmemacher mit den Lebensbedingungen der Menschen vor Ort getroffen? Wie ist das, wenn die einen die Freiheit haben, zu reisen und die anderen dabei zusehen?

Ich diskutiere heute in FM4 Auf Laut über die Freiheit, zu reisen und wie wichtig sie euch ist.

Zu Gast im Studio sind die Filmemacher Mario Hainzl und Andreas Jaritz, Ihr Dokumentarfilm „Beyond“ ist am 7.,8. Und 9.11. im Schubertkino in Graz zu sehen Und am 11. und 12. November gibt es eine 24-Stunden-online-Premiere des Films. Infos dazu findet man hier.

Am Telefon aus Freiburg zugeschalten sind Gwendolin Weisser und Patrick Allgaier, die über ihre Reiseerfahrungen erzählen.

Erzählt mir von euren Reiseerfahrungen, den guten und den schlechten und wie wichtig euch, die Freiheit, zu reisen ist fm4@orf.at oder ab 21 Uhr unter 0800 226 996.

Aktuell: