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Die Dänisch-Finnische Band Liima im Portrait

Rasmus Weng Karlsen

Elektropop im Schmelztiegel aus gestern und morgen

Die Dänen Efterklang und der finnische Percussionist Tatu Rönkkö verschmelzen mit ihrem Projekt Liima die Vergangenheit mit der Gegenwart. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich.

von Andreas Gstettner-Brugger

Eine artifiziell klingende Snare-Drum gibt den Einsatz. Was folgt, ist ein tiefer Synthie-Bass und eine spacige Melodie, die sich durch einen unendlich scheinenden Klangraum emporschraubt. Das Titel- und Eröffnungsstück „1982“ der neuen Platte von Liima ruft sofort die entsprechenden Assoziationen hervor. 1982 - das Jahr, in dem Michael Jackson „Thriller“ veröffentlicht, der Film „Blade Runner“ in die Kinos kommt und der Computer „Comodore 64“ auf dem Markt erscheint. Und ist gleichzeitig auch das Geburtsjahr von Liima-Sänger Casper Clausen.

Aber in der Musik von Liima steckt weit mehr als nur aufgekochter Retrosound. Denn „1982“ ist auch die Umsetzung von magischen Momenten und unbändiger Spielfreude.

Die Magie im engen Zeitkorsett

Liima besteht aus den drei Efterklang-Musikern Clasper Clausen, Rasmus Stolberg und Mads Brauer sowie aus dem finnischen Percussionisten Tatu Rönkkö. Kennengelernt haben sie sich auf Tour, da Efterklang den Percussionisten für ihre Live-Shows auf die Bühne geholt haben. Nachdem sich Efterklang aber aus dem üblichen „Songwriting-Studioalbum-Tour-Songwriting“-Zyklus ausgeklinkt haben, bekamen die vier Musiker den Auftrag, für ein finnisches Festival ein spezielles Konzert zu erarbeiten. Ihnen wurde ein Haus gebucht, in dem sie das Material erarbeiten konnten, um es dann auch gleich aufzuführen.

Diese Arbeitsweise hat so gut funktioniert, dass Liima sich fortan für jeweils 5-Tage-Sessions in verschiedenen europäischen Orten trafen, um Songs zu schreiben. Am Ende jeder Session stand ein Konzerte, bei dem die neuen Lieder gleich ausprobiert wurden. Das zweite Liima-Album „1982“ ist das Ergebnis von Sessions in London, Copenhagen, Portugal und Berlin. Gerade dieses zeitlich und organisatorisch recht enge Korsett lieferte Liima einen großen, kreative Freiraum.

Die dänisch-finnische Band Liima im Portrait

Rasmus Weng Karlsen

Rasmus: „Es ist immer so, dass wir die Instrumente aufbauen, uns anschauen und einfach loslegen. Wir kommunizieren durch die Musik. Wir jammen und experimentieren, nehmen alles auf und suchen uns dann die Momente heraus, in denen es zwischen uns gefunkt hat. Das kann ein Beat oder eine Melodie sein. Das reproduzieren wir dann und erarbeiten daraus einen Song.“

So ist auch sicher gestellt, dass Liima die magischen Bandmomente einfangen. Insofern ist „1982“ eine sehr gegenwärtige Produktion, aus dem Hier und Jetzt geboren, die aber ihre Klangwurzeln dennoch in der Vergangenheit hat.

Zwischen heller Zukunft und Dystopie

Der rote Faden, der sich durch das neue Liima Album zieht, ist die atmosphärische Stimmung zwischen sehnsuchtsvollen, glitzernden Klangräumen und düster-bedrohlichen Soundlandschaften. Das über sechsminütige Stück „David Copperfield“ entwickelt in der ersten Hälfte tatsächlich eine „Blade Runner“-Atmosphäre, einen filmmusikalisch dahinschwebenden Klangteppich. Wenn dann die schweren Beats und angezerrten Saiteninstrumente einsetzen, dann erinnert das an gegenwärtige Postrock-Ästhetiken wie etwa von den Großmeistern Mogwai.

Cover der Platte "1982" von der Band Liima

Liima

„People Like You“ beginnt mit einem leicht gebrochenen Schlagzeugbeat, schönen Synthis und Caspers teils verzerrter, teils zerschnittener Stimme. So erinnert das Stück sofort an Elektropop à la Zoot Woman. Doch auch dieses Lied bricht in der Mitte mit der Struktur und wird zu einem dahinrollenden Krautrock-Dance-Feger. Mit „2 Hearted“ sind wir dann endgültig in der Gegenwart angekommen; über das charmant dahin-pluckernde Elektrointro schwebt die Stimme von Casper Clausen im heutzutage gern verwendeten Auto-Tune-Kleid. Und im Abschlusslied „My Mind Is Yours“ verbinden Liima perfekt die Klangästhetik der 1980er Jahre mit dem bekannten Groove und Swing der letzten Efterklang-Produktionen.

Inhaltlich drehen sich die Songs um die Suche nach der eigenen Identität und dem eigenen Weg. Das Titelstück „1982“ bezieht sich sowohl auf Caspers Geburtsjahr und das Gefühl, die Zukunft mit all ihren verschiedenen Möglichkeiten stehe einem offen, als auch auf das erwachsene Annehmen der Vergangenheit und die Besinnung auf die eigene Herkunft. Rasmus fasst die Platte mit einem sehr passenden Bild zusammen:

„Für mich vermittelt die Platte die Stimmung einer aussichtsreichen, glänzenden Zukunft mit Androiden und artificial intelligence und uns Menschen, die eigentlich nicht wissen, wohin sie sich entwickeln. In gewisser Weise verlassen wir die gewohnte Welt und gehen über in diesen Hybrid aus digitaler Technologie und Natur. Das ist sehr fazinierend und furchteinflößend zugleich.“

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