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Kroko Jack

Alex Hertel

Artist of the Week

Extraordinäre Rap-Musik aus Linz

Kroko Jack ist zurück. Der Linzer Mundart-Rap-Pionier präsentiert mit „Extraordinär“ endlich sein Album, inklusive Features von Raf Camora, Crack Ignaz, Skero und einer Hip-Hop-Version des Bilderbuch-Hits „Maschin“.

Von Alex Hertel

Fast 20 Jahre ist es her, dass ich Kroko Jack zum ersten Mal auf der Bühne der Linzer KAPU gesehen habe. Damals noch unter dem Namen „Markee“ als Frontmann der oberösterreichischen Rap-Crew „Rückgrat“ (mit DJ Twang und Megga). Seine Texte hat er anfangs noch auf Hochdeutsch gerappt. Smarte Punchlines, trockener Wortwitz, eine gute Stimme und Bühnenpräsenz, Selbstvertrauen und Charisma. Dieser Markee aus dem „Eferdinger Becken“ hatte alle Eigenschaften, die einen guten MC ausmachen.

Im familiären Umfeld des Texta-Labels „Tonträger Records“ haben sich zu dieser Zeit viele oberösterreichische Hip-Hop-Künstler vernetzt und ihre Kreativität gebündelt. Ich war Teil dieses Kollektivs und kenne daher den langen Weg von Kroko Jack aus der ersten Reihe. Wir waren einige Jahre gemeinsam Teil der Mundart-Rap-Crew „Markante Handlungen“ und haben in den 2000er Jahren viele Konzerte zusammen gespielt.

Hip Hop und Jamaika

Was uns früh verbunden hat, war die Faszination für jamaikanische Reggae- und Dancehall-Artists und deren innovative Reimflows in Patois, gewagte Stimm-Variationen und treibende Riddims. Rap-Musik und Reggae bzw. Dancehall waren für uns miteinander verwandt wie Cousins und Cousinen. Ohne den Einfluss jamaikanischer Soundsystem-Kultur hätte es die legendären Block-Parties in New York in den 70er Jahren in der Form nicht gegeben. Einer der essentiellen „Hip-Hop-Architekten“ Kool DJ Herc, war ursprünglich aus Jamaika. Die Genres sind miteinander verwandt.

Diese Liebe zu jamaikanischer Musik hat Kroko Jack geformt. Inspiriert von Patois (dem jamaikanischen Dialekt) hat er schnell erkannt, dass die eigene Sprache bzw. der eigene Dialekt seine Texte natürlicher und authentischer klingen lassen. Ein lyrischer Befreiungsschlag für den Rapper Markee, der in den darauffolgenden Jahren mehrmals neue Alter Egos angenommen hat. So hat er zum Beispiel mit dem Rapper „Bum Bum Kunst“ Musik unter dem Bandnamen „Sodom & Gomorrha“ veröffentlicht. Und als „Jack Untawega“ Songs gemacht.

Und die mysteriöse Geschichte um den aus der Haft geflohenen und seither verschollenen Linzer Tibor Foco war eine perfekte Metapher für das „Underground-Dasein“ als oberösterreichischer Mundart-Rapper.

Unter dem Namen „Tibor Foco“ zeigte er sich als sperriger Künstler, der seine Platte „Andagraund“ damals bewusst ohne professionelle Vertriebsstrukturen, Promo oder Musikvideos veröffentlicht hat und der live sein bisheriges Werk mit Bands wie Rückgrat oder Markante Handlungen nicht mehr spielen wollte.

Kroko Jack

Radio FM4

Das sehr rare Tibor-Foco-Album „Andagraund“ aus 2006, auf dem bereits RAF alias Raf Camora zu hören war. Ein österreichisches Dialekt-Rap-Meisterwerk, das seiner Zeit um mindestens ein Jahrzehnt voraus war.

In seiner aktuellen Single „Test Me“ spielt Kroko Jack darauf an, dass damals fast alle dieses lyrische Dialekt-Meisterwerk verschlafen haben. Dafür war er natürlich mit seiner absichtlichen „Nicht-Marketing-Strategie“ mitverantwortlich.

Rückblickend hat er sich damals auch als visionärer Talent-Scout bewiesen, denn für diese Platte hat er unter anderem den damals noch quasi unbekannten französisch-sprachigen Dancehall-Künstler RAF (heute Raf Camora) für ein Feature bei der Nummer „Bees“ auf sein Tibor-Foco-Album eingeladen. Das erklärt das Raf-Camora-Feature auf dem aktuellen Kroko-Jack-Album „Extraordinär“. Vor kurzem hat mir Raf Camora während einem Interview in Berlin übrigens erzählt, dass aus seiner Sicht Kroko Jack einer der „besten Rapper der Welt“ sei. Ich teile diese Meinung.

Wir woin netta den fetten Slang representen. („Dreckige Rapz“ - Rückgrat)

Dieser „fette Slang“ ist in seinem Fall geprägt von oberösterreichischen Dialekt-Ausdrücken, die so bisher noch nie in Rap-Texten verwendet wurden. Teils fast ausgestorbene Wörter oder Ausdrücke, die man zum Teil nur von den Großeltern kennt. Im Rap-Kontext sind sie einzigartig.

Gänsehaut, Schmunzeln oder irritiertes Kopfschütteln sind Standard-Reaktionen, wenn Kroko Jack das Mikrofon in die Hand nimmt.

„Slackness“ (explizite Texte über Sex), wie man sie von jamaikanischen Künstlern wie Vybz Kartel und vielen anderen seit Jahren kennt, hat man in der Form in Mundart zuvor noch nie gehört.

Kroko Jacks ungeschliffener Dialekt macht seine Texte unglaublich nahbar und hat hierzulande eine ganze Generation von Rappern beeinflusst. Und er hat auch Fans außerhalb der klassischen Hip-Hop-Fangemeinde für sich begeistern können.

Wir fladern uns den Lambo vom Maurice

So haben sich zum Beispiel Bilderbuch als große Fans von Kroko Jack geoutet. Im Rahmen ihrer 3-tägigen Konzertreihe in der Wiener Arena wurde er von deren Management sogar eingeladen, um für die Band ein exklusives Überrschungskonzert zu spielen.

Auf seinem neuen Album „Extraordinär“ schließt sich der Kreis mit dem Song „Vadient“. Das Instrumental basiert auf Samples vom Bilderbuch-Hit „Maschin“, Kroko Jack rappt gemeinsam mit Skero darüber, dass sie Maurice den Lambo „fladern“ werden.

Die Zeit ist reif

Aufgrund persönlicher Gründe war es in den letzten Jahren etwas ruhiger um Kroko Jack. Eine wichtige Zeit des Rückzugs für ihn als Künstler und Mensch.

Man muss dazusagen: Ganz ruhig war es eh nie um ihn. Er hat immer wieder mit einzelnen Songs wie „Bankomat“, „Kraunkenstand“, „Wirkli Wirkli“ oder dem Anti-Rassismus-Song „Bledsinn“ eindrucksvolle Lebenszeichen von sich gegeben.

Cover von Kroko Jack

Irievibrations Records

Das Cover vom neuen Kroko-Jack-Album „Extraordinär“

Jetzt, sicher auch inspiriert von den aktuellen Karrieren von Raf Camora oder Trettmann (mit ihm hat Kroko Jack auch schon vor fast 10 Jahren kollaboriert) hat ihn das Rap-Fieber wieder richtig gepackt. Mit Irievibrations Records hat er in Wien zusätzlich ein passendes, professionell agierendes Team gefunden, das ebenfalls seit Jahren im musikalischen Spannungsfeld zwischen Reggae, Dancehall und Hip Hop agiert.

Im Interview für FM4 Tribe Vibes erzählt uns Kroko Jack, dass monetärer Erfolg für ihn nicht die Antriebsfeder sei. Es geht ihm um die Kunst, um die Weiterentwicklung der Sprache und um Eigenständigkeit. Deutsche Künstler inspirieren ihn kaum, er findet österreichische Künstler aufgrund ihrer Unangepasstheit viel spannender. Seinen Dialekt würde er für kalkulierten, größeren Erfolg im gesamten deutschsprachigen Raum nie ändern. Rap in Hochdeutsch, das kann er sich aus heutiger Sicht nicht mehr vorstellen. Auch wenn das bedeutet, dass er höchstwahrscheinlich ein regionales Phänomen bleiben wird.

Sein Standing in der Szene und der Respekt von anderen Musik-Kollegen haben sich auf die Tracklist des neuen Albums positiv ausgewirkt: Crack Ignaz war sofort dabei, den gemeinsamen Song „Fliagn“ für „Extraordinär“ aufzunehmen. Raf Camora war trotz Überhype und Popstar-Dasein motiviert, einen Vers beizusteuern. Skero und Def Ill als langjährige Homies sowieso. Und mit SMC und Professa (Iriepathie) sind aktuelle musikalische Partner auf dem neuen Album zu hören. Produziert wurde „Extraordinär“ großteils von Syrix und Y.Bara.

Am 23.11.2017 wird das neue Album von Kroko Jack im Rahmen einer großen Release-Party in der Grellen Forelle live präsentiert. Support kommt von Def Ill und Beese Buam, danach kommen das FM4 Tribe Vibes Soundsystem und DJ Mad Fox zum Zug.

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