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Zerstörte Moschee in einer syrischen Stadt

APA/AFP/STRINGER

Buch

„Meine falschen Brüder“

Das Buch erzählt die wahre Geschichte, wie ein Kind zum Terroristen wurde.

Von Gersin Livia Paya

„Alle im Buch dargestellten Ereignisse haben sich wie beschrieben abgespielt“, heißt es auf dem Einband von „Meine falschen Brüder“. Diesen Satz muss man sich immer wieder vergegenwärtigen, wenn man ein Buch mit so tiefen Einblicken in einen aktuellen Krieg in den Händen hält. Der IS-Rückkehrer Oliver N. beschreibt darin seine Erlebnisse als IS-Kämpfer in Syrien und im Irak.

Oliver N. ist Österreicher, in der Nähe von Wien aufgewachsen. Als er aufbrach war er noch nicht einmal sechzehn Jahre alt und ist davor Lehrling bei einer Versicherung gewesen. Er ist teilweise in einem Heim aufgewachsen, hatte dort guten Kontakt zu seinen Betreuern. Trotzdem wirkt er in seinen Erzählungen einsam. Das zufällige Aufeinandertreffen mit seinem alten Freund Mohammed hat diesen Zustand und sein Leben schlagartig verändert.

Cover "Meine falschen Brüder"

Verlag Kiepenheuer und Witsch

„Meine falschen Brüder“ - von Oliver N. mit Sebastian Christ ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Oliver N. tritt zum Islam über und findet in der radikalen Ideologie des IS das, wonach er sich als junger Mensch gesehnt hat: Gemeinschaft, jemand, der ihm zuhört, und Freundschaft. Vor allem die zu seinen „falschen Brüdern“.

Der Wille, den „Brüdern“ in ihrem Kampf zu helfen und das zerstörerische Versprechen „im Paradies“ zu leben, sind die Gründe, dass er sich nach Syrien aufmacht. Direkt in den puren Horror.

„Hier ging es nicht mehr um das Paradies auf Erden, sondern darum, dem IS möglichst große Gebiete einzuverleiben, ohne Rücksicht auf Verluste. Diese Einsicht rettete mir vielleicht das Leben.“

Schon kurz nachdem er über die Türkei nach Syrien geschleust wurde, erkennt Oliver N., dass er dort nicht mehr die Freiheit hat, wie als alleinwohnender junger Mann in Wien. Schnell realisiert er, dass er mit vielen anderen IS-Kämpfern völlig abgeschottet, in leeren, verstaubten Gebäuden mit ständigen Luft-Angriffen im Elend lebt. Und verliert trotzdem noch lange Zeit nicht den Glauben an ein gutes Leben und gute Taten im Kalifat.

„Meine falschen Brüder“ erzählt schon nach wenigen Kapiteln vom Krieg, von Enttäuschungen, absurdem Alltag und grauenvollen Geschehnissen. Von Freundschaften und dem ständigen inneren Kampf, das alles gut zu finden. Oliver N. sieht, wie Frauen mit Babys auf dem Arm verbrennen, wie Dieben die Hände abgehackt werden, wie Freunde von Bomben verstümmelt werden. Letztendlich fällt er selbst nach einem Flugzeug-Angriff mit schweren Verletzungen ins Koma.

Dieses Buch bestätigt die Bilder, die man durch Berichterstattung über den IS im Kopf hat. Es gibt einen tiefen Einblick in den radikalen und skrupellosen Alltag in einem Krieg mit viel Chaos, Befehlen und dem täglichen Versuch zu überleben. Und immer wieder holt man das Wissen hervor, dass das Gelesene tatsächlich wahr ist.

Oliver N. hat es mit einer List zurück nach Österreich geschafft, wo er auf der Fahndungsliste der Interpol stand und sofort inhaftiert wurde. Er wurde wegen Beteiligung an einer terroristischer Vereinigung auch zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Mittlerweile ist er Teil einer Deradikalisierungs-Initiative, die ehemalige Islamisten auf ihrem Rückweg in die Gesellschaft begleitet. Oliver N. wird von der Deradikalisierungs-Initiative als wichtiger Mitstreiter gegen die Terrorideologie bezeichnet.

Denn die Islamisten, die in den Städten der westlichen Welt für den Dschihad werben, sind immer noch aktiv. Sie spezialisieren sich auf Menschen, die auf einer Sinnsuche, in einer Lebenskrise sind. Menschen, die den falschen Brüdern vertrauen.

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