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Bilder vom Monitoring-Ausschuss

Ali Cem Deniz/Radio FM4

licht ins dunkel

Experten in eigener Sache

Menschen mit Behinderungen können sich bei Ausgrenzung oder Barrieren im Alltag an den Monitoringausschuss wenden. Der überwacht, ob die Rechte von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden.

Von Ali Cem Deniz

Die östlichste Bundeshauptstadt ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln gar nicht so leicht zu erreichen. Im Kulturzentrum von Eisenstadt haben sich rund 80 Personen aus ganz Österreich versammelt, um über die Situation von Menschen mit Behinderung zu beraten und Diskriminierungserfahrungen aus dem Alltag zu teilen. Dass in Österreich Barrierefreiheit noch lange keine Selbstverständlichkeit ist, merkt man hier sofort. Für RollstuhlfahrerInnen zum Beispiel war die Fahrt mit mehrmaligem Umsteigen anstrengend und aufwendig.

„Man sollte annehmen, dass man 2017 von einer Bundeshauptstadt in die andere fahren kann, ohne vorher groß Pläne machen zu müssen“, sagt Bernadette Feuerstein. Die Wienerin ist Vorsitzende der Initiative Selbstbestimmt Leben und Mitglied im Monitoringausschuss.

Bessere Gesetze

Genau um solche Lücken zu schließen wurde der Monitoringausschuss ins Leben gerufen. Er überwacht die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Mit dem Übereinkommen, das 2008 in Kraft getreten ist, hat sich Österreich verpflichtet die Rechte von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen. Mobilität, Wohnen oder Bildung, in allen Lebensbereichen sollen Menschen mit Behinderung selbstständig leben können. Unterstützung sollen sie dort erhalten, wo sie es selbst fordern.

Bilder vom Monitoring-Ausschuss

Ali Cem Deniz/Radio FM4

Wie viel Nachholbedarf hier herrscht, wird beim Treffen in Eisenstadt deutlich. Bei der knapp vierstündigen Sitzung stehen Themen wie fehlende Barrierefreiheit, Entzug von Sorgerecht und Ungleichheiten zwischen den Bundesländern auf der Tagesordnung. Mehrere TeilnehmerInnen berichten, dass Eltern mit Behinderungen bei der Kindererziehung immer wieder Probleme mit Behörden bekommen.

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unterstützt heuer P.I.L.O.T.: Das Projekt arbeitet mit Jugendlichen mit Behinderung und hilft ihnen, Schritt für Schritt, aus institutionalisierten Umgebungen wie Werkstätten heraus und hinein in einen Job, eine Ausbildung, eine eigene Wohnung, selbstbestimmte Mobilität.

Mehr Informationen gibt es unter fm4.orf.at/lichtinsdunkel

Damit alle den Diskussionen folgen können und selbst zu Wort kommen, werden alle Beiträge in einfache Sprache und in Gebärdensprache übersetzt. Im Alltag ist das keine Selbstverständlichkeit. Etwa in Krankenhäusern, Polizeistationen oder anderen öffentlichen Einrichtungen, wo es an ÜbersetzerInnen mangelt.

Bei den regelmäßigen Treffen des Ausschusses entstehen Protokolle, die an die Regierung und an das Sozialministerium geschickt werden. Auf deren Basis sollen Gesetze entstehen, die die Lage von Menschen mit Behinderungen verbessern.

Viele Empfehlungen

Zu den wenigen positiven Veränderungen der letzten Jahre zählt die Reform der stark kritisierten Sachwalterschaft. Früher wurden etwa Menschen mit Lernschwierigkeiten oft komplett besachwaltet –und konnten nicht selbst über ihre Finanzen oder in medizinische Behandlungen einwilligen. Das soll sich ändern mit dem neuen Erwachsenenschutzgesetz, das nächstes Jahr in Kraft tritt. Hier soll mehr Selbstbestimmung möglich werden. „Wie das in der Praxis aussieht wird sich noch zeigen.“ sagt Bernadette Feuerstein.

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Ali Cem Deniz/Radio FM4

Die Skepsis ist begründet. Bei der letzten Überprüfung vor vier Jahren hat Österreich von der UNO 58 Empfehlungen erhalten. Zum Beispiel hat die UNO empfohlen, die Sonderschule abzuschaffen. Derzeit sieht es nicht danach aus, dass das passiert.

Auch sonst wurden bisher wenige Empfehlungen vollständig umgesetzt. Aber erst wenn die Empfehlungen in österreichische Gesetze umgewandelt worden sind, werden sie einklagbar.Der Nationale Aktionsplan, der 2010 unter Sozialminister Rudolf Hundstorfer vorgestellt wurde, soll diesen Prozess beschleunigen. Die Betroffenen kritisieren aber, dass sie nicht ausreichend einbezogen werden: „Eine wesentliche Bedingung der Konvention, ist, dass Menschen mit Behinderungen bei der Überwachung und Umsetzung dieser Gesetze teilhaben können.“ sagt Christina Wurzinger, Vorsitzende des Monitoring-Ausschuss.

Ein neues Bewusstsein

Im kommenden Jahr steht die nächste Überprüfung Österreichs durch die UNO an. Der Monitoring-Ausschuss wird dafür einen eigenen Bericht verfassen. Die Regierung und Vertreter-Organisationen reichen ebenfalls Berichte ein. Diese Berichte dienen als Grundlage für die Überprüfung deren Ergebnis für 2019 erwartet wird. Dass bis dahin alle Empfehlungen realisiert werden können, glaubt hier kaum jemand.

Dennoch sieht Christina Wurzinger wichtige Fortschritte. Das Bewusstsein hätte sich geändert. Aber nicht bei der Allgemeinheit oder der Politik, sondern bei den betroffenen Personen: „Wenn man sich anschaut, mit welchem Selbstbewusstsein die Leute für ihre Rechte eintreten, dann sieht man, dass da ganz viel passiert ist.“

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