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Salat

Nadine Cobbina

Happy end kalender

Glücklich durch Vegansein?

Schokolade essen, Sonnencreme und Ausmisten: Ob diese Dinge glücklich machen, haben wir bereits untersucht. Zwei Tage vor Weihnachten öffnet sich noch das Türchen, welches einen Blick auf die vegane Ernährung wirft. Kann diese glücklich machen? Oder reicht es, sich bewusst zu ernähren? Ändert „Ernährung“ überhaupt den Zufriedenheitsgrad?

Von Nadine Cobbina

Warum rauchst du, obwohl du vegan bist? Darfst du das als Veganerin überhaupt? Nadine, die Kekse sind aber nicht vegan, die du gerade gekostet hast. #jomei- würde es nach den vielen erhobenen Zeigefingern gehen, die mir schon ins Gesicht gehalten wurden, müsste ich sagen: Vegansein macht eher unhappy. Das Ganze ist dann aber doch vielschichtiger.

Butternut

Nadine Cobbina

Wie man es den vorherigen Zeilen wohl entnehmen kann, versuche ich mich vegan zu ernähren. Dass ich es nicht ernst nehme, weil ich mich auf Ausnahmen ausrede, wäre eine Unterstellung. Es gibt verschiedene Gründe, warum Leute vegan leben. Meiner (falls es nicht interessiert, weiterscrollen - das tut ja nichts zur Sache und jetzt die Vegan-Predigt halten ... mach ich eher ungern): Ich finde, dass es einem in einer Großstadt wie Wien easy gemacht wird, sich vegan zu ernähren. Abgesehen davon, dass man etwas Totes isst, oder ein Tier für seinen Zweck ausnutzt, gehört auch die Massentierhaltung echt nicht untertstützt, Fleischkonsum ist nicht gut für die Umwelt und ob ich jetzt Hafermilch in den Kakao tu, ein Sojajoghurt esse und Aufstrich statt Käse/Wurst auf mein Brot tu, das macht ja keinen Unterschied.

Oder eben doch? Ja, muss ich ganz ehrlich gestehen. Ich gestehe auch einen weiteren Grund, den viele VeganerInnen oft beiseite schieben: Man fühlt sich besser dadurch. Ist das nicht auch das Geheimnis vom Glücklichsein? Sich besser fühlen, dadurch, dass man etwas gutes tut?

Es ist doch so: Vor allem jetzt in der Weihnachtszeit wollen viele etwas Gutes und selbstloses tun. Spenden, sich für karitative Projekte engagieren etc.. Menschen machen w o h l t ä t i g e Arbeit. Weil das wohl tut. Duden sagt zum Wort [wohl]: „in einem von keinem Unwohlsein, keiner Störung beeinträchtigten, guten körperlichen, seelischen Zustand befindlich“

Das ist doch auch irgendwie die Definition von glücklich:„von froher Zufriedenheit, Freude, Glück erfüllt“ (ich hab mir nochmal den Mr. Duden zu Hilfe genommen)

Der FM4 Happy End Kalender
Wir sind 24 Tage lang dem Glück auf der Spur und testen uns von 1. bis 24. Dezember durch diverse Glücksversprechungen: von der Tageslichtlampe über verschiedene Apps bis hin zu Sex.

Alle Tage, alle Türchen

Von Freude und Glück erfüllt sein, kein Unwohlsein, ein guter körperlicher und seelischer Zustand. In diesem befinde ich mich seit nicht ganz einem Jahr. Vor 11 Monaten habe ich nicht nur meine Ernährung auf (fast komplett) vegan umgestellt. Und das, obwohl ich davor Fleisch & Co. in Massen konsumiert habe. Steak, Pizza, Schnitzel, Käse, Milch und Joghurt. Ich habe alles gegessen. Durch die Umstellung hat sich dann auch mein Gewicht reduziert. Das hat auf alle Fälle mal glücklich gemacht. Check!

Dinge bewusst genießen kann happy machen.

Vegan essen = bewusst essen. Wo ist was drinnen? Kann ich das essen? Die Inhaltsliste der gekauften Produkte habe ich noch nie so studiert, wie jetzt. Bei keiner Diät. Und, bist du narrisch: Es ist echt viel Schrott in Lebensmitteln drinnen. Vor allem: In vielen Chips, Süßigkeiten oder anderem Zeug ist sogar Tierisches drinnen, obwohl die Verpackung einem vermittelt: Das sind nur Kartoffeln. Heißt dann aber: nicht mal vegetarisch. Schon org. Sorry für den Exkurs.

veganes sonntagsessen

Nadine Cobbina

Seither ist mein Bewusstsein einfach gewachsen. Für Ernährung, für Dinge, die ich kaufe. Kosmetik, Kleidung, Schuhe, etc., das ist alles nur mehr vegan und ich bin dadurch auch in meinem Kaufverhalten eingeschränkt/reduziert. Für einen selbst ist das wie ein Sternchen im Mitteilungsheft. Nach dem einkaufen denk ich mir - jedes Mal - #geilgutesgetan. Das Geld wiedermal in die richtige Richtung investiert und nicht für Großkonzerne ausgegeben, die uns, anderen und der Umwelt nichts Gutes tun. Wozu auch?

veganes frühstück

Nadine Cobbina

Ob das jetzt für jeden richtig wäre und, dass es für die Welt nicht von Vorteil wäre, wenn jeder vegan lebe, so Studien, steht meinem Glück ja nicht im Weg. Denn es ist ja noch nicht der Fall, so finde ich, engagiere ich mich in meinem daily business, beim Einkaufen und Co, wohltätig. Und das tut gut, macht glücklich.

veganes kochen

Nadine Cobbina

Ja, Käse kann auch glücklich machen. Ich liebe Käse - aber genau deshalb esse ich ihn nicht. Selten. Eine Art Belohnungssystem für einen selbst. Glücklich sein dadurch, dass man nicht immer alles haben kann. Meine absolute Lieblingspizza, ein gutes Bio-Ei vom Waldviertler Bauern eines Freundes oder der Drunk Veggie-McChicken nach dem Fortgehen - ja, es war auch schon mal die Käsekrainer dazwischen - diese Dinge machen auch glücklich. In dem Moment, bei dem die Bissen runter sind. Danach halt eher weniger. Weil ja auch eben Fast-Food-Ketten echt unnötig sind, sagt mir dann wieder mein Hirn. Ich unterstütze lieber Delis und kleine Lokale, die sich bemühen und einen Mehrwert haben. Gute Produkte und Lebensmittel einsetzen. Aber ihr wisst eh alle wie das mit Mäci ist. #Dankedassmanmichnichtdavorbewahrthat. Doch die Pizza gönn ich mir gerne. Denn auch sie macht mich glücklich und für wen bin ich denn (pseudo-)vegan? Im Endeffekt für mich! Wenn es die Ausnahmen dann Mal gibt: OK - ich habe keine Atombombe gezündet. Das heißt nicht, dass ich den Käse dann jeden Tag auf mein Brot hauen muss. Ausgleich it is.

Wichtige Notiz: Bei Catering für große Gruppen, achte ich kaum darauf, ob vegetarisch /vegan/fleisch. Denn: Diese MASSEN an Food, kübelweise zur Verfügung gestellt sollen doch bitte gegessen werden. Das bringt weder mir, noch dem Schwein, noch der Umwelt etwas, es aus Prinzip nicht zu essen, wenn es dann weggeworfen wird. Die Kalkulation bleibt die selbe - ist so. Deshalb: Bevor das Schnitzel im Müll landet, dann doch lieber in meinem Magen. Dafür nehme ich auch gern Magenkrämpfe und längere Klosessions in Kauf. (Ja, wenn man das lange nicht isst, will der Körper das auch nicht mehr. komisch)

Ein weiterer Grund den veganen Lifestyle versuchen zu leben: Für uns ist alles immer vorhanden. Wenn ich Lust auf jenes Essen hab, kauf ich es, koche es, oder bestelle es. Wo bleibt da die Spannung? Die Freude? Ich hab früher immer gegessen, viel, zu viel. Weil es ja auch immer da war. Jetzt bringt eine Kollegin Kekse mit und ich könnte sie wieder essen. Mich kurz fünf Sekunden darüber freuen. Ich ärgere mich aber lieber insgesamt vier Mal beim Vorbeigehen, weil ich sie nicht esse. Das macht mich glücklich. Wie? Wenn dann die beste Freundin vegane Kekse backt (Danke, Melli, ur gut!), in der Bäckerei auf einmal das vegane Süßspeisenangebot angehoben wird oder es am Christkindlmarkt veganen Baumkuchen UND vegane Waffeln gibt, fühlt man sich plötzlich im Paradies. Dann gönnt man sich die Sachen viel lieber. Und dann gibt’s mal den Moment, da kann und will man nicht drauf verzichten.

bio

Nadine Cobbina

Genauso verhält es sich beim Kauf von Bio-Produkten. Es lässt sich streiten, ob das besser ist/etwas bringt/ ob nicht regional und saisonal Einkaufen besser als Bio aus dem Ausland ist - wie lang ist der Transportweg für jenes Produkt?... Sobald man vegan lebt, gibt es viele Klischees, denen man entsprechen soll. Dass man auf all das achtet, kein Palmöl/weißen Zucker zu sich nimmt. Avocados aus Peru vermeidet, etc. Also heilig ist, weil ja alles schlecht ist und dann sollen das halt wir VeganerInnen komplett ändern. Ein wenig zu versuchen, heilig zu sein, kann man allerdings. Finde ich. Großteils kaufe ich Bio. Eine Bio-Avocado aus Spanien anstatt des Avocado-Sechserpacks aus Peru. Ich finde, das ist ein Deal. Bio-Äpfel aus Österreich sind sowieso immer drinnen. Saisonal und regional zu kaufen ist zwar schwer, aber auch das. So weit’s halt möglich ist. (Avocado, Oliven und Co. sind die Ausnahme - da dafür fix bio.)

Das sind alles Dinge, die auf bewusstes Handeln zurückzuführen sind. Ich investiere viel Zeit und Gedanken in meine Käufe, schnell mal nebenbei was holen, ist meist nicht möglich. Dafür renn ich halt zu dem Supermarkt, dem Standl und hol mir die Dinkelflakes noch dort ab. Das ist aber mein Hobby. Danach denke ich mir: Ach, schön, wieder was erledigt. Wie nach dem Sport. (Also haben mich Menschen wissen lassen, die diesen S p o r t regelmäßig betreiben.) So ist meine Glückspille zu einem Teil: die bewusste Ernährung.

Woher kommt das Glücksgefühl?

In der „Nature Communications“ ist im letzten jahr eine Studie zum „Glücklichsein“ veröffentlicht worden. Durch Gehirnforschung ist man auf das Ergegbnis gekommen, dass man sich unglücklich fühle, wenn man weniger Geld bekomme, aber auch, wenn man mehr bekomme als die anderen Versuchspersonen. Das Ganze wurde in einem Spiel getestet, bei dem die Personen Geld gewinnen/verlieren konnten und mitbekamen, wie es den Anderen dabei erging. Demnach tue sich das Gefühl von Neid, aber auch Schuld auf, wenn man Ungleichheit beobachte. Ungleichheit beobachte ich im Umgang mit Lebensmitteln, dem Konsum und der Gleichgültigkeit täglich. Auch bei mir - dadurch lässt sich mein Glücklich-durch-vegan-sein möglicherweise erklären: Schuldgefühle und Neid wiegen sich ab. Ich hab ja nicht mehr und nicht weniger als Du.

Wie ja auch der Happy-End-Kalender 24 verschiedene Wege zum möglichen Glück zeigt, ist die Ernährung sicher einer davon, das eigene Glück zusammen zu basteln. Vegan sein allein, sich geisseln ohne Überzeugung, sich immer wieder zu sagen „Ich darf nicht! Ich muss!“, wird wohl nicht glücklich machen. Ist ja wie eine Diät, wie fremdgehen wollen und nicht dürfen. Dann passt das ganze Konzept doch irgendwie nicht zusammen, wird einen auch nicht weiterbringen, geschweige denn, glücklich machen.
Also bitte: Wenn du dich aus Zwang vegan ernährst oder Bio kaufst und dir Umwelt, Tierversuche und Co . theoretisch nicht am Herzen liegen, dann wird dich dieser Weg nicht glücklich machen. Bewusst Fleisch kaufen und zubereiten, zu wissen, woher es kommt und es genießen, auch das macht glücklich. Mich momentan eher weniger, meine beste Freundin dafür extrem. Ihr Schweinsbraten war auch richtig lecker und das Zusammensitzen am Tisch, mit Personen, die man liebt, mit Essen, das man schätzt und anhimmelt - das ist doch pures Glück!

Albert Einstein war ein, wie ich finde, kluger Mann:

„Wer sein eigenes Leben und das seiner Mitmenschen als sinnlos empfindet, der ist nicht nur unglücklich, sondern kaum lebensfähig.“

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