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Eingang einer Apotheke

Lukas Lottersberger

Happy End Kalender

Kräuter gegen das Grau

Viele Menschen erfasst in der kalten Jahreszeit der „Winterblues“. Doch wer will deshalb schon gleich zu heftigen Antidepressiva greifen? Wir haben in einer Apotheke nachgefragt, was es für rezeptfreie Glücklichmacher gibt.

Von Lukas Lottersberger

Als ich vor sechs Jahren von Innsbruck nach Wien gezogen bin, war ich schon recht überrascht, wie hartnäckig der Nebel hier in Ostösterreich sein kann. Während sich in Tirol - unter anderem bedingt durch den Föhn - die Sonne doch alle paar Tage mal blicken lässt, hängt hier in den Niederungen und im Wiener Becken der Nebel gefühlt wochenlang und taucht die Landschaft in ein tristes, oft sehr bedrückendes Grau.

Wenn man rausgeht, sucht man seinen Schatten am Boden dann meist vergeblich. Mir schlägt das auf Dauer aufs Gemüt, ich werde antriebslos, traurig, müde. Der Winterblues: Etwas, das ich bevor ich nach Wien gezogen bin einfach nicht kannte.

Der Nebel-Äquator irgendwo im südbayerischen Voralpenland

Lukas Lottersberger

Der Winterblues-Äquator, irgendwo im deutschen Eck. Blick Richtung Westen.

Am schlimmsten wurde dieses Gefühl meist nach Weihnachten, wenn die weihnachtliche Vorfreude schon wieder verflogen ist und man bereits Wochen voller Grau hinter sich hat. Bisher wusste ich nicht recht, was ich gegen diesen bedrückenden Zustand, den ich anfangs nicht einmal einordnen konnte, tun sollte. „Antidepressiva? Sicher nicht!“, dachte ich mir, denn ich bin ja sonst ein fröhlicher Mensch und zumindest vorsichtig grundoptimistisch.
Aber gibt es auch sanftere, rezeptfreie Mittel aus der Apotheke, um die saisonale Depression zu lindern?

Glück, rezeptfrei

Apothekerin Elfriede Hotko bittet mich in ihr Labor in ihrer Apotheke im vierten Wiener Gemeindebezirk. Es stehen Kolben, Pipetten, Flaschen und anderes Laborgerät herum, und auf einem großen Tisch in der Mitte des Raums stehen zwei Kuchen. „Macht das glücklich?“, frage ich. Frau Hotko lacht: „Das haben wir von Kunden bekommen.“ Glückliche Kunden vermutlich.

Elfriede Hotko, Apothekerin in Wien

Lukas Lottersberger

„Frau Apotheker“ Elfriede Hotko

Frau Hotko kennt die typischen Symptome der Winterdepression: Niedergeschlagenheit, Schwermut, mangelnde Motivation. Freilich weiß die Apothekerin Rat: „Man soll natürlich sehr häufig im Freien sein, das kann man ja trotz der Kälte machen.“ Daneben gibt es einen bewährten, rezeptfreien Helfer: Johanniskraut.

Bereits seit der Antike ist Johanniskraut als Heilpflanze bekannt und wird heute gerne bei leichten bis mittelschweren Depressionen angewendet. „Es ist ein sehr gut verträgliches Mittel mit stimmungsaufhellender Wirkung“, erklärt Frau Hotko.

In Apotheken bekommt man Johanniskraut meist in Kapselform. Die Wirkung des Krauts tritt nicht sofort ein, sondern erst nach zwei bis drei Wochen. „Man muss also ein bisschen Geduld haben“, betont die Apothekerin.

Nebenwirkungen sind selten, erklärt Elfriede Hotko, aber man sollte nicht unbedingt ins Solarium gehen. Denn Johanniskraut kann, wenn es viel und über längere Zeit eingenommen wird, Sonnenlichtempfindlichkeit auslösen. Spaziergänge in der Wintersonne sollten dennoch problemlos möglich sein.

Echtes Johanniskraut (Hypericum perforatum)

WikiCommons/Isidre blanc

Echtes Johanniskraut - CC BY-SA 4.0

Wer seinen Popsch wegen winterlicher Antriebslosigkeit nicht hochbekommt, der kann sich seinen sprichwörtlichen Tritt in den Hintern aus der Apotheke holen. „Die Rhodiola-Wurzel ist ein Präparat, das man auch über längere Zeit nehmen kann“, erklärt Frau Hotko. „Sie hat eine stimulierende Wirkung.“ Rhodiola- oder Rosenwurz-Präparate gibt es ebenfalls hauptsächlich als Kapseln.

Und wenn man nicht unbedingt irgendwelche Kapseln schlucken möchte, hat Elfriede Hotko einen anderen Rat: Ätherische Öle in einer Duftlampe. „Da gibt es eine Menge“, erklärt die Apothekerin. Je nachdem, was man selbst als angenehm empfindet, kann etwas wohlriechendes Öl in einer Duftlampe das Raumklima verbessern und das Wohlbefinden steigern, meint Frau Hotko. Dazu empfiehlt die Apothekerin: „Ein gutes Buch. Das macht auch die Stimmung besser.“

Das war kein Selbstversuch

Wer in diesem Artikel einen Selbstversuch erwartet hat, den muss ich enttäuschen. Ich kenne lediglich Johanniskraut-Öl als gutes Hausmittel bei stumpfen Verletzungen und Insektenstichen. Die Rhodiola-Wurzel war mir gänzlich unbekannt. Nur den letzten Tipp wende ich gelegentlich in abgewandelter Form an: Ich träufle gerne etwas Orangenöl, oder ein anderes ätherisches Öl ins Badewasser. Ein schönes, heißes und wohlriechendes Bad macht mich im Winter immer happy.

Der FM4 Happy End Kalender

Wir sind 24 Tage lang dem Glück auf der Spur und testen uns durch diverse Glücksversprechungen: von der Tageslichtlampe über verschiedene Apps bis hin zu Sex.

Alle Tage, alle Türchen

Zurzeit beuge ich der Winterdepression recht erfolgreich mit einer Tageslichtlampe vor (da hatten wir auch schon ein Türl) und versuche auch draußen das nötige echte Sonnenlicht zu finden, das glücklich macht. Falls das einmal nichts mehr nützen sollte oder es zu grau wird, werde ich vielleicht ein rezeptfreies Präparat aus der Apotheke probieren.

Bevor ich das Labor von Frau Hotko wieder verlasse, fällt mir ein, was ich als Kind immer in der Apotheke bekommen habe und mich gefreut hat. „Gibt es noch diese einzelnen Traubenzucker-Dragees?“, frage ich die „Frau Apotheker“ - so nennen sie ihre MitarbeiterInnen. Es gibt sie noch und ich bekomme eins. Mit einem Lächeln gehe ich wieder raus ins graue Wien.

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