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Bundeskanzleramt, Fahnen werden aufgehängt

APA/GEORG HOCHMUTH

„Österreich hat eine Tradition von Stabilität“

Eine neue Regierung steht vor der Angelobung. Fix ist, dass sehr viele wenn nicht alle Ministerien einen neuen Chef oder eine neue Chefin bekommen. Was kann so ein_e Minister_in eigentlich im Ministerium verändern? Manfred Matzka war 35 Jahre lang Beamter im Bundeskanzleramt und kann solche Fragen beantworten.

Von Irmi Wutscher

„Es ist mir egal, wer unter mir Bundeskanzler wird“ lautet ein Bonmot, das dem ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß zugeschrieben wird. Und das angeblich auch die Mentalität österreichischer Ministerialsbeamt_innen beschreibt. Soll heißen: Mag auch der Minister oder die Ministerin wechseln, in den unteren Riegen des Ministeriums geht alles in gewohnten Bahnen. Stimmt das? Manfred Matzka weiß wie so eine Übernahme abläuft, er war 35 Jahre lang Beamter im Bundeskanzleramt, zum Schluss sogar Präsidialchef.

Gespenstische Stimmung

„Es beginnt schon in den Wochen davor“, sagt Matzka. „Wenn man erahnen kann, es ändert sich Grundsätzliches, dann tritt eine merkwürdige Stimmung ein. Es gibt ja keine neuen Projekte und keine neuen Initiativen mehr, man wartet. Das hat ein bisschen etwas Gespenstisches“. Manfred Matzka hat sechs Bundeskanzler kommen und gehen sehen. Manche Wechsel sind dramatisch und emotional, manche nicht, erzählt er: „Dann kommt der große Augenblick, es gibt am Vormittag eine Verabschiedung des Ministers von seinen Leuten. Das ist mehr oder weniger emotional – ich habe sehr emotionale Abschiede erlebt. Und dann kommt am Nachmittag der Neue oder die Neuen. Der begrüßt alle macht auf Freundlichkeit und jemand von den Beamten versichert den Neuen der Loyalität des Hauses.“ Letzteres war teilweise Matzkas Aufgabe als Präsidialchef des Bundeskanzleramts.

Das Bundeskanzleramt von draußen

APA/HANS PUNZ

Österreichische Stabilität

Manfred Matzka hat sogar ein Buch über das Bundeskanzleramt geschrieben: „Die Staatskanzlei - 300 Jahre Macht und Intrige am Ballhausplatz“ erschienen im Brandstätter Verlag.

In Österreichs Verwaltung ist es vorgesehen, dass ein Großteil des Beamtenstabs in einem Ministerium gleich bleibt – egal welcher Minister an der Spitze steht. „Wir haben in Österreich eine Tradition von Stabilität und das ist gut so“, findet Matzka. Wer natürlich wechselt ist der Stab rund um den_die Minister_in, das sind ein etwa Dutzend Mitarbeiter_innen.

Ansonsten sind Spitzenfunktionäre auf fünf Jahre bestellt. Wechsel gibt es nur, wenn man Sektionen zusammenlegt oder teilt, oder wenn jemand in Pension geht. In anderen Ländern ist das anders. Matzka findet das nicht gut: „Wenn der Wechsel auch die zweite oder dritte Ebene umfasst, dann ist das nicht zum Vorteil der Verwaltung, da leidet die Qualität.“ Die alten Hasen wüssten eben, wie es geht und schauen sich erstmal an, was die neuen Jungen mit ihrem Tatendrang alles machen wollen. Auf die Frage, ob es denn für Mitarbeiter_innen nicht frustrierend sei, wenn sie mehrere Jahre lang in die eine Richtung gearbeitet haben und sich die Politik um 180 Grad dreht, sagt Matzka: „Wir sind in Österreich, die 180-Grad-Drehung habe ich noch nicht gesehen. Die Änderungen sind in Nuancen. Aber zum Beispiel bei der Bildung: ein Abteilungsleiter, der für Gymnasien zuständig war, ist auch in der Lage, für die integrierte Gesamtschule gute Arbeit zu leisten.“

Wo sich Minister_innen aber nicht einmischen sollten, ist wie die Beamt_innen ihre Arbeit machen. „Nach meinem Gefühl werden die Ministerien zu wenig strategisch gesteuert, operativ mischt sich ein Minister mitunter viel zu viel ein.“

Zusammengelegte Ministerien

Eine gewisse Änderung bedeutet es schon, wenn Ministerien zusammengelegt werden, wenn Abteilungen neuen Ministerien zugeordnet werden. Manfred Matzka bezweifelt das Sparpotenzial solcher Maßnahmen. „Ich glaube die Zahl der Ministerien ist für die Frage, wie teuer das ist, nicht entscheidend“, meint er. „Man könnt sogar die provokante These formulieren: Je mehr Minister wir haben – hat natürlich Grenzen – desto einfacher könnte es sein, Einsparungen zu erreichen. Denn die Minister können sich auf ihr überschaubares Feld konzentrieren und dort Reformen umsetzen. Ein Riesenressort wirklich zu reformieren, sodass Einsparungen herrausschauen oder Effizienzen gesteigert werden, ist sicher schwerer.“

“Lassen Sie die guten Leute arbeiten!“

Was erwartet sich Matzka vom bevorstehenden Wechsel im Bundeskanzleramt von Kern zu Kurz? „Es wird wohl mitteldramatisch sein. Nicht so scharf, weil die Diskussion nicht so hoch geht wie im Jahr 2000. Da werden aber Emotionen dabei sein – negative auf der einen, positive auf der anderen Seite. Da wirbelt schon einiges durcheinander – mehr als bei einem Regierungswechsel, wo sich die Parteienkonstellation überhaupt nicht ändert.“

Das ist sein Tipp an frischgebackene Minister oder Ministerinnen: „Lassen Sie die guten Leute arbeiten! Es ist besser mit einem guten einer anderen Couleur als mit einem Jasager zusammen zu arbeiten. Das mag am Anfang vielleicht angenehm sein aber bei der ersten Krise fällt der Minister auf die Schnauze und erbt das, was unten nicht zusammengebracht wurde.“

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