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Schauspielerinnen und Schauspieler in Schwarz auf dem Red Carpet

J. BROWN / AFP

Das waren die Golden Globes 2018

Ein schwarz gekleidetes Publikum, eine Industrie, der es reicht, und starke Reden: Die Golden Globes standen klar im Zeichen von #metoo und Time’s Up.

Von Christoph Sepin

„What’s the point of award shows anyway?“ Diese Frage taucht pünktlich jedes Jahr zu dieser Zeit auf, in diesen Wochen zwischen Golden Globes und Oscars, wenn die Film- und Fernsehindustrie sich selbst feiert, gegenseitig auf die Schulter klopft und viel zu ernst nimmt.

Eine Frage, die dieses Jahr dringlicher kaum sein könnte. Denn wenn die Realität über das oberflächliche Zelebrieren hereinbricht, wenn Jahrzehnte von sexuellem Missbrauch und Diskriminierung in der Unterhaltungsindustrie unaufhaltsam an die Öffentlichkeit kommen, wenn die Stimmen immer lauter werden, die sagen: „Es reicht!“ - dann wirkt das Überreichen von kleinen goldenen Statuen, die beweisen sollen, wie gut jemand im Schauspielern, Schreiben oder Kamera halten ist, fehl am Platz, seltsam, weltfremd und ignorant.

Letzte Nacht mussten die 75. Golden Globes die Gratwanderung meistern zwischen Hollywoods Realität und dem Verleihen von Preisen als Akt der Anerkennung. Und tatsächlich sollte #metoo die Award Show deutlich dominieren.

Golden Globes

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Schon am Red Carpet ließ sich das erkennen: Als Bewegung gegen sexuellen Missbrauch und Diskriminierung und als Unterstützungsgeste für Frauen, die in allen möglichen Jobs gegen Ungerechtigkeit kämpfen, startete in den letzten Monaten das „Time’s Up“-Movement. Es will diese Ungerechtigkeiten thematisieren. Bei den Golden Globes ging es primär darum, über die Problematik zu reden.

Bereits im Vorfeld kündigten zahlreiche Schauspielerinnen und Schauspieler an, in schwarz gekleidet zu kommen. So sollte nicht die Frage „Welches Label trägst du?“ im Mittelpunkt stehen, sondern die Frage „Warum trägst du das?“. Eine Zweckentfremdung der Red Carpet-Fashion-Oberflächlichkeiten also, die tatsächlich funktionierte. So gut wie alle über den Teppich wandernden Leute tauchten komplett in schwarz gekleidet auf und gaben damit das Gesprächsthems am Red Carpet vor.

Und dann Seth Meyers: Der Comedian und Late-Night-Host war im vergangenen Jahr mit seiner TV-Show so richtig in seinem Element, nicht zuletzt aufgrund seines Umgangs mit der Präsidentschaft von Donald Trump. Seine pointierten Jokes schafften es auch bei den Globes, die Brücke zwischen Realitätskritik und Award Show-Geplänkel zu schlagen. Vom Status Quo („It’s 2018: Marijuana is finally legal and sexual harassment isn’t“) bis zu Donald Trump und den großen Filmen und Serien des Vorjahres.

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Auch der Großteil der Reden von Gewinnern und Gewinnerinnen drehte sich um die Thematik von #metoo. Allen voran Oprah Winfrey, die an dem Abend mit dem Cecil B. DeMille Award für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Ihre Rede war die größte der Show. Sie schaffte es, von ihrer persönlichen Geschichte ausgehend, verschiedenste Formen von Diskriminierung in allen Lebensbereichen zu thematisieren und mit einem starken Statement zu enden: „Their Time Is Up“, die Zeiten haben sich geändert und so gehe es jetzt nicht mehr weiter.

Für den bizarrsten Moment des Abends sorgte die Auszeichnung von James Franco als bester Schauspieler in „The Disaster Artist“. In dem Film, der in „Ed Wood“-Manier die Dreharbeiten von „The Room“, des angeblich schlechtesten Films aller Zeiten nacherzählt, spielt Franco den Regisseur Tommy Wiseau. Der echte Wiseau begleitete Franco auf die Bühne der Show, womit endgültig bewiesen ist, dass wir im post-ironischen Zeitalter angekommen sind.

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Auch die restlichen Awards spielten sich nicht so ab, wie im Vorfeld vielleicht erwartet: Der für sieben Awards nominierte Guillermo Del Toro-Film „The Shape of Water“ bekam gerade mal zwei Globes, genau wie Greta Gerwigs Komödie „Lady Bird“. Der große Gewinner mit vier Auszeichnungen sollte „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ sein – unter anderem der Preis für das beste Drama. Christopher Nolan und Steven Spielberg gingen mit ihren erwartbaren Award-Show-Futterfilmen dafür leer aus.

Alle Awards und Nominierten z.B. auf der Seite der Golden Globes

Sonst noch bemerkenswert: Der großartige Aziz Ansari holte sich einen Preis für „Master of None“ ab. „Twin Peaks“, „Stranger Things“ und „Game of Thrones“ gewannen gar nichts, genauso wie die Rückkehr von „Will & Grace“. Dafür gab es schöne Szenen, wie zum Beispiel eine On-Stage-Reunion von Roseanne Barr und John Goodman. Außerdem ein kurzer Seitenhieb von Natalie Portman: Sie stellte die Nominierten in der Kategorie „Best Director“ mit „These are the all male nominees“ vor. Amy Poehler war wie immer großartig. Und vor allem gab es eine ganze Reihe von Menschen auf der Bühne, die sich spürbar in Aufbruchsstimmung befinden. Denen es wichtig war ein Zeichen zu setzen und zu sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Und damit schafften es die Globes 2018 mehr als eine bekömmlich-gewöhnliche Awards Show zu werden.

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