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Ein Bildersturm?

Einen Bildersturm nennt der Verbrecher Verlag das Romandebüt „Still Halten“ von Jovana Reisinger. Und was bedeutet das genau? Man weiß zwar nicht, worum es in „Still Halten“ genau geht, aber Jovana Reisingers Chaos-Choreographie-Debütroman blast einem ziemlich den Schädel weg.

von Anna Katharina Laggner

Die junge namenlose Frau ist depressiv. Das könnte man zumindest aus dem lethargischen Wartezustand, den sie in „Still Halten“ beschreibt, schließen. Sogar ein Nachthemd anzuziehen, findet sie anstrengend. Sie wohnt in einer österreichischen Stadt, später dann am Land. Viel konkreter wird es nicht.

Das Buch beginnt damit, dass sie sich eine Beerdigung wünscht, bei der man aus reiner Höflichkeit erscheint. Stattdessen ist es vermutlich das Begräbnis ihrer eigenen Mutter, das sie am Beginn des Romans erwähnt. Auf den oberflächlichen, ersten Blick erfüllt Jovana Reisinger das literarische Ösi-Klischee: morbid, makaber, misanthrop. (Das beweist auch dieser mit „Typisch Österreichisch?“ übertitelte Interviewtext.)

Buchcover

Verbrecher Verlag

Die Handlung wirft uns Jovana Reisinger in Bröckchen zu. Man erfährt, dass die Mutter der Ich-Erzählerin krank ist, später dann stirbt. Sie erbt ein Haus am Land und wartet dort auf einen Mann. Hauptsächlich aber ist sie wütend, schnauzt den Pfleger an, der sie über den Tod der Mutter informiert und das läutende Telefon reizt sie so sehr, dass sie 1980er-Austropop zitiert.

„Ich wache vom Lärm des Telefons auf. Immer läutet das Telefon, dass man das Kabel schon aus der Wand reißen möchte, würde man nicht auf einen Anruf zwischen all den unerwarteten Anrufen warten. Ich liege in einer ausgekühlten Badewanne und werde dabei selbst kalt und immer kälter, es ist angenehm hell im Zimmer. Da wälze ich mich im dreckigen Wasser.“

Diese junge Frau wartet, schmerzlich, destruktiv, ohne erkennbare Perspektive. „Still halten“ versucht bei minimalem Einsatz von Handlung die textlichen Bilder zu maximieren.

Man sieht beim Lesen all das vor sich, die junge Frau, ob sie wütend in der Badewanne liegt oder ob sie mit dem Kopf an Tisch und Boden aufschlägt, um ihren Schmerz mit Schmerz zu bekämpfen. In „Still Halten“ geht alles durch den Körper.

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