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Kettcar in der Ottakringer Brauerei

Radio FM4 | Franz Reiterer

Mach immer, was dein Herz dir sagt

FM4 hat seinen 23. Geburtstag in der Ottakringer Brauerei Wien gefeiert. Eine Erinnerung an die schönsten Sätze des Abends.

Von Lisa Schneider

FM4 Geburtstagsfest

Die Konzerthighlights die ganze Woche über in der FM4 Homebase und als Video auf fm4.ORF.at

Mach immer, was dein Herz dir sagt: FM4 hat seinen 23. Geburtstag in der Ottakringer Brauerei Wien gefeiert.

Die besten Bilder vom FM4 Geburtstagsfest

Den eigenen Geburtstag zu feiern, hat oft einen fahlen Beigeschmack. Auch ausgeprägte Egozentriker werden sich fragen: Kommen alle, die ich einlade? Und soll ich mich kränken, wenn nicht?

FM4 hat sich auch zum 23. Geburtstag das Dilemma erspart: Gefeiert wurde nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für die gut 3.000 BesucherInnen, die gestern die ausverkaufte Ottakringer Brauerei in Wien aufs Neue in einen heißen Kessel aus Liebe, Tanz, Schweiß, Geschrei und Ekstase verwandelt haben. Diese Sätze sind dabei besonders im Ohr geblieben.

Hi, I’m Jordan Klassen, and I’m from Vancouver, Canada

Er ist der Künstler, der mit zwanzig Stunden den längsten Anreiseweg hinter sich hat. Dieser Satz ist nach den Warm-Up DJ-Sets der Kickoff in den noch angenehm locker gefüllten Konzertabend. Jordan Klassen eröffnet die Bühne im Keller, es ist eine Art von Heimkommen, auch zuhause in Vancouver hat er sich ein Homestudio im „basement“ eingerichtet, und dort entstehen alle seine Songs. Mit im Gepäck hat er nicht nur seine beiden sehr guten Freunde und Livemusiker, an Schlagzeug und Bass, sondern auch sein neues Album „Big Intruder“.

Am erstaunlichsten ist es, und das war schon beim ersten Auftritt von Jordan Klassen in Österreich am Waves Festival Vienna so, wie die vielen, dichten Streichersätze, die vor allem das neue Album so auszeichnen, live umgesetzt werden: Die Stimmen ersetzen die Geigen, und so wird aus der übersichtlich besetzten Band ein erster Chor mit dem Schlachtruf für die Nacht:

Feel yer cure, taking over

Die Musik ist gemeint.

Finger weg von meinem Würschtl

Der nächste, bezeichnende Satz, aufgeschnappt im Hof der Ottakringer Brauerei. Genauer gesagt geht es dabei um ein Waldviertler Würschtl, eines aus dem ausgesucht bestückten Foodcorner. Ob das Duo Yukno aus der Steiermark, vormals Neodisco, sich vor ihrem Auftritt auch mit der niederösterreichischen Köstlichkeit gestärkt haben, verraten sie nicht, es geht ohne erste Bühnenansage direkt hinein ins Set, und somit wäre auch der Badezimmer-Floor warmgespielt.

Wir sind Yukno, ohne k

wird dann doch kommentiert. Es ist ein noch frisches Projekt, aus der Asche früherer gehoben, und irgendwie schwebt die Ahnung im Raum, dass das noch sehr groß werden wird. Einen nächsten schönsten Satz des Abends, den jedenfalls prägt die steirische Band:

Das ist mehr als ein Tanz, ich sprech’ zu meinen Göttern

Wo sollen wir hin, und wer sind diese Götter? Wehmut, Traurigkeit, die kleine Hoffnung am Ende: Yukno mauern ihren trocken gesprochenen Gesang in den Raum hinein, dass die Kacheln zittern, und es ist der alte, knarzende Holzboden, der den durchgehend donnernden Bass von Körper zu Körper fließen lässt.

Es ist ein schöner, schlauer Twist, als Outro dann noch die Leute zum kollektiven „Come on, baby, do the locomotion“ anzuheizen, weit weg von Ebonys Version aus 1979. Im hiesigen Musikzirkus ohne eine andere, vergleichbare Band dazustehen, ist allein schon ein Kompliment. Das Yukno-Debutalbum wird Anfang Februar erscheinen.

Ich möchte am liebsten gar nicht atmen

Auch in der FM4-Redaktion in der Ottakringer Brauerei läuft in diesem Moment schon alles auf Hochtouren. Christoph Sepin, der durch die Liveshow geführt hat, bekommt kurz vor deren Auftritt Besuch von Superorganism, und zwar von allen acht Mitgliedern. Es ist die hibbelige Unruhe, die sie ins Studio mitnehmen, vielleicht ist es auch das Glitzerkonfetti, das unter ihrer aller Augen klebt, und das gute, alte Lampenfieber, das die Stimmung noch ein bisschen verrückter macht - und die sie genauso mit auf die Bühne nehmen. Es bleibt leider viel zu wenig Zeit, sich mit allen acht lange genug auszutauschen - deshalb auch das Luft Anhalten und gar nichts Sagen, um mehr von ihnen zu hören.

Superorganism sind direkt vom Showcasefestival Eurosonic in Holland, Groningen, nach Wien gereist: Es ist so eine der Bands von morgen, eine wirre Mischung aus Neo- und 80er-Jahre-Disco, elektronischen Spielereien, 90ies-Bubblegumpop und eigentlich auch sonst allem, was gut ist. Ein aufgekratztes Kollektiv, wie man es etwa vom Go! Team kennt. Jemand schreit mir ins Ohr, he, einer da oben sieht ja aus wie ein schwarzhaariger Hansi Hinterseer. Tatsächlich. Und außerdem: roter Samt, ein herumgereichter Apfel, Zigaretten für die erste Reihe und der nächste Ebony-Verweis am FM4 Geburtstagsfest: Shalala-Duwap-Backgroundgesang wie back in the good old days.

Bussi Baby, Bitches

Ein schön adaptierter Wanda-Slogan, und auch sonst gibt es zum Auftritt von Superorganism fast zu viele schönste Sätze, sie alle aufzuschreiben.

Sauna!

Es ist voll, zum Bersten voll. Der Schweiß trieft zwar noch nicht von der Decke, aber erste Bläschen sammeln sich: Leyya haben das natürlich alles schon geahnt und nennen ihr neues Album prophetisch „Sauna“.

Am kommenden Freitag, den 26.1., erscheint das zweite Album - und gestern gab es einige Song-Livepremieren zu hören. „Drumsolo“ eröffnet das Set, und es ist von allen Vorab-Singles diejenige, die Leyyas neue Richtung vorgibt. Diese lässige Eleganz, die sich schon in Songs wie „Oh Wow“ abgezeichnet hat, durchdringt das ganze Album, es ist spannend, neu und - heiß.

Vienna, I especially love you for your Strudel

Dan Croll war schon oft in Wien, hat etwa als Support für Daughter in der Wiener Arena gespielt - und kürzlich auch seine Eltern hierher eingeladen, um Silvester zu feiern. Sein aktuelles Album „Emerging Adulthood“ ist ein dicht produziertes, auf dem er alles selbst eingespielt hat; live hat er zwar zwei Musiker mit, es ist soundtechnisch trotzdem die abgespecktere Akustikversion. Songs wie „From Nowhere“ ist ohne die treibenden Drums leider ein bisschen der Wind aus den Segeln genommen, aber die instrumentale Verlagerung auf Gitarre und Klavier hebt den hervorragenden Gesang erst richtig hervor. Das nächste Mal sollte Dan Croll Support für Fleet Foxes spielen.

Geburtstagsfeste sind immer auch eine Rückschau, ein Nachdenken, Erinnern, freudig, traurig, ausgelassen. Beim Auftritt der Beatsteaks jedenfalls muss die Nostalgie aus allen Poren kommen.

I don’t care as long as you sing

Jeder hat eine Geschichte zu dieser Band, die meisten haben sie, wie es zu den Berliner Rabauken passt, auf dem womöglich ersten selbst besuchten Sommerfestival gesehen; einige summen - man muss sie schon Evergreens nennen - „Cut Of The Top“ oder „Hello Joe“ beim Hineingehen, drinnen wird sie der Moshpit hineinziehen in einen Wirbelwind aus Dampf, bassgeschwängerter Hitze, aus dem Leib geschrieener Glückseligkeit.

Eine Band, die scheinbar nicht altert, und das eigentlich Schönste ist, dass sie im Keller spielen, auf der etwas kleineren der beiden Hauptbühnen. Genau da kommt heraus, was die Beatsteaks eigentlich sind und immer sein wollten, Punks, Rebellen, die im Keller spielen, dort, wo’s heiß und eng ist, man die Finger ausstreckt und sich ohne weitere Distanz berühren kann.

Ein Volk steht wieder auf, na toll

„Deiche“ aus dem schon 13 Jahre alten Album „Von Spatzen und Tauben, Händen und Dächern“ stürmt als Opener der Band Kettcar ungestüm, wahnsinnig, liebenswert die letzte große Bühne des Abends. Reimer Bustorff, Bassist, erzählt vor dem Auftritt, die Nervosität hat sich über die Jahre hinweg in eine Art „angenehme Grundspannung“ vor solch großen Auftritten verwandelt. Nostalgisch stimmen auch hier Songs wie der erwähnte Opener, oder etwa „48 Stunden“ vom selben Album das Publikum, aber nicht die Band: ein Zurückschauen aufs eigene Oeuvre ohne Staunen und übertriebene Demut, aber vielmehr mit Dankbarkeit für die Fans, die sie seit Jahren begleiten. Die alle Zeilen mitsingen, denen Kettcar und ihre Texte zum fixen Lebensbestandteil geworden sind.

Die Livesendung vom FM4 Geburtstagsfest gibt es im Anschluss an unsere Live-Übertragung aus der Ottakringer Brauerei für 7 Tage im FM4 Player. Und: Über die darauffolgende Woche verteilt gibt es online auch die besten Konzerte vom Fest als Video auf fm4.ORF.at - yeah!

Es ist aber nicht nur das alte Werk, das einen so hohen Stellenwert genießt, Kettcar sind eine Band, die sich seit bald 20 Jahren immer weiterbewegt. Bester Beweis ist die im letzten Sommer zum aktuellen Album „Ich vs. Wir“ veröffentlichte Single „Sommer 89“ – eine halbpolitische Liebesgeschichte am Grenzzaun, in auch für Kettcar-Verhältnisse gedrosseltem Sprechgesang, das Ganze klingt wie ein bildreich vertontes Hörbuch.

Auf die Frage hin, welchen Satz Reimer den Besuchern und Besucherinnen des FM4 Geburtstagsfests mitgeben will, überlegt er nicht lange. Er schreibt ihn sogar für uns auf.

Mach immer, was dein Herz dir sagt

Und das schlägt bei FM4 – und allen ZuhörerInnen – jetzt schon seit 23 Jahren.

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