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Bandportrait Calexico

Chris Hinkle

Was uns zusammenhält

Das neue, raue Calexico Album „The Thread That Keeps Us“ thematisiert die Probleme unserer Zeit und zelebriert dabei die Schönheit, die Liebe und die Musik.

Von Andreas Gstettner-Brugger

Das erste musikalische Lebenszeichen nach drei Jahren ist tief verwurzelt im Klang der Neunziger Jahre. Die Single „End Of The World With You“ ist rau, dreckig und scheppert mit dem Indie-Charme der vergangenen Zeit dahin. Sie transportiert die Spielfreude Calexicos und eine unbeschwerte Leichtigkeit. Sänger und Songschreiber Joey Burns erinnert sich:

„Es hat eigentlich alles mit diesem Gitarrenriff angefangen. Es hat uns in die Zeit zurückgeführt, als ich Bands wie Pavement gehört habe, mit denen wir später auch auf Tour waren. Dieses Riff hat einfach viel Spaß gemacht, auch wenn wir noch nicht wussten, wo es uns hinführen wird.“

Es ist die Liebe in extremen Zeiten, die Calexico hier besingen. Sie geben der Natur der Nationalparks eine Stimme und erinnern uns daran, sie zu achten und zu bewahren. Und sie legen uns nahe, aus dem digitalen Hochgeschwindigkeitshamsterrad auszusteigen, um wieder miteinander in Kontakt zu kommen.

Die Schiffsreste und das Waldmädchen

Um so einen starken Eröffnungssong schreiben zu können, bedarf es eines ganz besonderen Ortes, den Calexico an der Küste Kaliforniens gefunden haben. Das Panoramic House - von den Musikern liebevoll „Phantom Ship“ genannt - ist ein aus Schiffsresten und alten Hafenhäusern zusammengestückeltes Wohlfühlheim am Rande eines Nationalparks, wie Schlagzeuger John Convertino erzählt:

„Die Räume sind recht hoch, das meiste ist aus Holz gebaut und es klingt sehr gut. Du siehst durch die großen Fenster die Berge, das Meer und im abendlichen Sonnenschein auch schon mal eine Hirschfamilie vorbeiziehen. Es war toll, so verbunden mit der Natur aufzunehmen.“

Albumcover Calexico "The Thread That Keeps Us"

Calexico / City Slang

Das neue Album „The Thread That Keeps Us“ von Calexico ist am 26. Jänner bei City Slang erschienen.

Mit dem langjährigen Toningenieur Craig Schumacher haben Calexico dort den sehr erdigen Sound der Platte kreiert, die Gitarren wieder etwas lauter aufgedreht und die rohe Energie fließen lassen. Wie bei „Bridge To Nowhere“: ein treibendes Rockstück, das hinterfragt, welche Zukunftspläne wir machen und wie nachhaltig sie sind. Hier wird uns Konsumkritik und Kapitalismus nicht mit der Keule, sondern sehr subtil über die Frage nach unseren Bedürfnissen nähergebracht.

Auch bei „Dead In The Water“ kracht und rumpelt es in guter alter Tom Waits-Manier. Hier lässt Joey Burns auch mal dem Zorn und der Frustration freien Lauf und schlüpft in die Haut eines giftigen Monsters, das zu tiefem Glockenschlag seine Hände nach uns ausstreckt. Dieses Monster ist auch gleichzeitig der Antagonist zu dem „Girl In The Forest“. Dieses schöne country-eske Lied ist von Joey Burns’ sechsjährigen Zwillingstöchtern inspiriert worden. Sie hatten die Idee, der Papa solle über ein Mädchen singen, das mit den Tieren und der Natur sprechen kann. So ist das ursprünglich als Protestsong geplante Stück zu einer verträumten, aber auch wehmütigen Ballade geworden, die in einem den Wunsch aufkommen lässt, diesem Mädchen durch den schönen Wald zu folgen.

Bandportrait Calexico

Chris Hinkle

Es lebe die Vielfalt!

Aber keine Angst, auch wenn Calexico mit „The Thread That Keeps Us“ eine Reise in den Indierock der 1990er unternehmen, ist dennoch immmer noch viel von ihrem usrprünglichen Texas-Mexico-Stilmix in den Songs zu hören. Mit dem spanisch gesungenen „Flores Y Tamales“, das mit swingenden Percussions und den typischen Trompeten zum ausgelassenen Tanzen animiert, feiert die Band ihre Liebe zu musikalischer Vielfalt.

Calexico Sänger Joey Burns und Schlagzeuger John Convertino

Chris Hinkle

Calexico spielen eine FM4 Indiekiste Konzert am 19. März im PosthofLinz.

Joey: „Der Grund, warum wir immer noch Musik machen, ist, dass wir Vielfalt lieben und diese auch feieren wollen. Mit einem Song wie ‚Flores Y Tamales‘ wollen wir MusikerInnen und der Musik aus anderen Ländern eine Stimme geben, sie ins Rampenlicht stellen, auf eine sehr natürliche Art, da wir einfach so viele unterschiedliche Kulturen und Stile lieben.“

Auch die zweite Single „Voices In The Field“ hat etwas von diesem klassischen, rollenden Rhythmus, den Calexico mit Klatschen und Trompeten vorantreiben. Gleichzeitig ist es inhaltlich eines der bewegendsten Stücke, das aus Sicht eines Flüchtlings geschrieben ist.

Joey: „Ich war inspiriert von Gedichten auf Postkarten, die Flüchtlinge geschrieben haben, um mit ihren Familien und ihrer Community wieder in Kontakt zu kommen. Sie sind so berührend und vermitteln so viel Gefühl. Deshalb wollte ich einen Song schreiben, der das Gefühl vermittelt, wie es ist, vertrieben worden und abgeschnitten von der Heimat zu sein.“

Calexico haben es mit „The Thread That Keeps Us“ - wie es der Titel schon nahelegt - geschafft, ein Album zu schreiben, das uns zwar mit der Realität und den Problemen unserer Zeit konfrontiert, uns aber Hoffnung macht, dass wir uns als Menschen weiterentwickeln und wieder zusammenzuwachsen können.

Mit dem Zelebrieren der Diversität macht uns die Band gleichzeitig auf unsere Gemeinsamkeiten aufmerksam, die Gefühle, die wir alle teilen und den dahinter liegenden Wunsch, geliebt und respektiert zu werden.

So verneigt sich Joey Burns am Schluss der Platte mit dem zarten Stück „Music Box“ vor seiner Frau und seinen Kindern und gesteht ihnen darin ganz unumwunden seine Liebe. Ein mutiges und offenherziges Lied, das deutlich macht, worum des im Leben geht.

Joey: „Es ist wichtig, die Schönheit besonders herauszustellen, seine Liebe, die Bewunderung und den Respekt auszudrücken. Denn diese Dinge werden uns helfen, uns weiterzuentwickeln und Probleme zu lösen.“

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