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Alleinerziehende bräuchten mehr Kinderbetreuung und Unterhaltsvorschuss

Der erste Schritt der neuen Regierung in punkto Familienpolitik war eine Steuererleichterung. Alleinerziehende bräuchten aber dringender eine flächendeckende Kinderbetreuung und Unterhaltsvorschuss.

Von Irmi Wutscher

Eine der ersten Maßnahmen, die die ÖVP-FPÖ-Regierung umgesetzt hat, betrifft die Besteuerung von Familien: ab 2019 können Menschen 1.500 Euro Steuerbonus pro Kind geltend machen. Von dieser Regelung profitieren freilich nur Menschen, die mehr als 1.700 Euro brutto verdienen. Erst ab diesem Betrag zahlt man überhaupt Steuern. Eltern, die weniger verdienen, haben von diesem Familienbonus nichts.

Oft sind das Alleinerziehende, die wegen der Betreuungspflicht besonders häufig nur Teilzeit arbeiten. Für sie hat man jetzt eine Sonderregelung versprochen: Sie sollen von einer Erhöhung des Alleinerzieher- und Alleinverdienerabsetzbetrages profitieren. Wie groß diese Erhöhung ausfallen wird, ließ der Kanzler aber offen.

Was sagen Alleinerziehende zum Familienbonus und der Sonderregelung? „Beim Familien-Bonus werden Alleinerzieherinnen nicht berücksichtigt, man hat da eine Sonderlösung gesucht“, sagt Julia Stadlbauer, sie ist im Vorstand der österreichischen Plattform für Alleinerziehende, kurz ÖPA. Außerdem engagiert sie sich in einer selbstorganisierten Gruppe von Alleinerziehenden. „Das symbolisiert doch schon irgendwo das Familienbild dieser Regierung: man braucht für Alleinerzieherinnen eine Sonderlösung, sie sind nicht in der Familienstrategie der jetzigen Regierung inkludiert.“

“Man wurschtelt sich durch“

Julia Stadlbauer ist Studentin und hat eine vierjährige Tochter. Sie weiß also, wie es ist, als Alleinerziehende zu leben. Konnte sie früher neben dem Studium arbeiten, geht sich das mit Kind und Studium nicht mehr aus: „Ich lebe sehr sparsam, wohne zum Beispiel in einer WG. So wurschtelt man sich halt irgendwie durchs Leben.“ Julia ist kein Einzelfall: Mehr als 40 Prozent der Ein-Eltern-Haushalte in Österreich seien armutsgefährdet, heißt es in einer Aussendung der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende.

Julia Stadlbauer

Irmi Wutscher

Julia Stadlbauer

Das klassische Studentenleben mit Partys und Ausgehen gibt es bei Julia nicht mehr: „Das ich ins Kino gehe oder Yoga mache – das geht sich eigentlich überhaupt nicht mehr aus. Es geht sich auch schon selten aus, dass ich mir einfach einmal eine Stunde für mich selbst zum Klavierspielen nehme. Irgendwo hingehen - und auch noch am Abend - das kommt einmal im Monat vor, wenn überhaupt.“

Flächendeckende Kinderbetreuung

Um die Lage von Alleinerziehenden zu verbessern engagiert sich Julia in einer selbstorganisierten Gruppe von Alleinerziehenden. Eine ihrer Forderungen ist flächendeckende Kinderbetreuung: „Flächendeckend heißt: Kinderbetreuung auch am Land. Da ist die Problematik ja noch viel zugespitzter als in der Stadt. Aber auch da ist es schwierig, einen Betreuungsplatz für Kinder unter 3 Jahren zu bekommen“, sagt Stadlbauer.

Im Regierungsprogramm heißt es zu Kinderbetreuung im Kapitel „Familie und Jugend": „Die Betreuungseinrichtungen müssen sich zudem stärker an den Bedürfnissen der Eltern orientieren, vor allem was die Öffnungszeiten und die Qualität der Kinderbetreuung betrifft.“ Alternative Betreuungsformen wie „Tagesmütter, Betriebstageseltern, Generationenhäuser“ sollen gefördert werden. Und auch im Kapitel zu Frauen heißt es (gleich nach dem Satz „Familie ist eine gemeinsame Aufgabe von Frau und Mann“), dass im Sinne der Wahlfreiheit Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen flexibler werden sollen.

Konkrete Ankündigungen zum gesamten Themenbereich Kinderbetreuung gibt es von der Regierung aber noch keine. In Oberösterreich wurde allerdings im Herbst die Kinderbetreuung am Nachmittag wieder kostenpflichtig – was von vielen Stellen als bildungspolitischer Rückschritt kritisiert wurde.

Alleinerziehende bräuchten Unterhaltssicherung

Die wichtigste Forderung der Alleinerziehenden wäre aber die nach Unterhaltssicherung. Das bedeutet, dass der Staat einspringt, wenn der oder die Unterhaltspflichtige nicht zahlen will oder kann. In einem offenen Brief der Plattform für Alleinerziehende an die Regierung heißt es, dass laut eigenen Erhebungen „jede zweite Alleinerziehende für ihr Kind weniger Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss bekommt, als der Regelbedarf vorsieht." Und dass jede fünfte gar nichts bekommt.

Dem Unterhaltsvorschuss hatten im Wahlkampf bei einer Fernsehrunde schon einmal alle wahlwerbenden Parteien zugestimmt. Im Parlament war die Einstimmigkeit wieder verflogen, die Unterhaltssicherung wurde nicht beschlossen. „Dabei bedeutet das eine riesengroße finanzielle Unsicherheit für Alleinerziehende“, sagt Julia Stadlbauer.

Im Regierungsprogramm heißt es im Kapitel zum Zivil- und Familienrecht, man wolle Unterhaltshöchstgrenzen prüfen, um Alleinerziehende besser abzusichern. Insgesamt soll das Unterhaltsrecht vereinfacht werden, gemeinsame Obsorge und Doppelresidenz (das Kind ist in zwei Haushalten gemeldet) soll vereinfacht und dann auch beim Unterhalt berücksichtigt werden.

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