FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Global Game Jam 2018

Innerhalb von 48 Stunden sind weltweit wieder Tausende kleine Computerspiele entstanden. Auch in Graz und Wien wurde gejammt. FM4 spricht einige Empfehlungen aus.

Von Robert Glashüttner

Game Jams sind fantastisch: Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel kreative Energie sich innerhalb von 48 Stunden freisetzen lässt. Das ist die Zeit, die dabei zur Verfügung steht, um alleine oder als Team ein Computerspiel zu erdenken, zu designen und zu entwickeln. Der Weg ist dabei das Ziel, dennoch sind nach dem Schlusspfiff die allermeisten Einreichungen auch spielbar.

Game Jams gibt es seit etwa 15 Jahren. Sie sind vor allem aufgrund der heute viel einfacher zugänglichen Games-Entwicklungstools möglich.

Game Jams erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Vor genau zehn Jahren ist der größte von ihnen erstmals an den Start gegangen: der Global Game Jam, wo der Name Programm ist. Voriges Wochenende war es wieder soweit: An über 800 Orten auf der ganzen Welt verstreut - meist in Städten - sind circa 8.500 Spiele entstanden. Jedes Jahr gibt es ein Motto, an dem sich die JammerInnen in beliebiger Interpretation orientieren sollten. Heuer war das Motto „Transmission“.



Österreich mischt beim Global Game Jam natürlich auch immer mit. In Graz und Wien sind diesmal insgesamt zwölf Games beigesteuert worden. Ich habe mich durch alle heimischen Einsendungen und circa nochmal so viele der internationalen Einreichungen gespielt. Folgende Titel haben mir dabei besonders gut gefallen.

„Beep Boop Bu“

Beginnen wir mit den österreichischen Beiträgen. „Beep Boop Bu“ ist ein knuffiger Pixel-Platformer, der in sehr dunklen Farbtönen gehalten ist und an Titel wie „Super Meat Boy“ oder „VVVVVV“ erinnert. Sein Schöpfer ist kein Unbekannter: Er nennt sich Stuffed Wombat, ist 23 Jahre alt und aus Graz. Im letzten Jahr hat er durch seinen hohen Output an kleinen und teils wirklich guten Games auf sich aufmerksam gemacht - ein Talent, von dem man in den nächsten Jahren noch mehr hören und spielen wird.

"Beep Boop Bu"

Global Game Jam 2018

„Beep Boop Bu“

„Bunker Commander“

Die perverse Distanz zwischen einem militärischen Befehlshaber, der im geschützten Raum sitzt und dem Leid, das die Soldaten durch seine Entscheidungen durchstehen müssen, ist immer wieder Thema in Büchern, Filmen und auch Spielen. „Bunker Commander“, ebenfalls in Graz entwickelt, versetzt einen in besagten Bunker. Wir können uns nicht bewegen, nur nach links und rechts schauen. Ein Fax druckt uns eine kurze Begrüßung und dann gleich die erste Mission aus. Viele Optionen haben wir nicht, und bald schon schwindet die Truppengröße massiv. Haben wir beim nächsten Mal eventuell mehr Möglichkeiten?

"Bunker Commander"

Global Game Jam 2018

„Bunker Commander“

„BeatPiston“

Das Rhythmus-Game „BeatPiston“ ist in Wien entstanden. Piston ist Englisch für Kolben, und selbige stampfen am unteren Teil des Bildschirms vor sich hin - erst nur einer, später zwei und dann drei. Darüber rollt ein Zahnrad von links nach rechts, das von uns per Knopfdruck nach oben oder unten befördert werden kann. Während wir also im Rhythmus mit den Kolben klopfen, sollten wir auch immer darauf achten, dass unser Zahnrad in kein Hindernis läuft. Die Grafik im Steampunk-Stil ist für einen Game Jam bemerkenswert aufwendig ausgefallen, und das Spiel selbst ist erfreulich motivierend.

"BeatPiston"

Global Game Jam 2018

„BeatPiston“

Gehen wir nun über zu den internationalen Beiträgen. Über 8.500 Spiele zu sichten ist für eine Person schwer bis unmöglich - da hilft nur, sich durch die Games zu wühlen und nach bestem Wissen und Gewissen einige Titel rauszupicken, die konzeptionell und visuell interessant wirken. Wenn aber der Ideenreichtum und die Produktionsqualität dieses kleinen Ausschnitts auch nur annähernd einen Aufschluss auf die gesamten Einreichungen geben, dann ist die Zukunft der digitalen Spielkultur mehr als glorreich.

„Indestructible“ (UK/Schottland)

Ein Game, das mich in die Zeit der frühen Handys zurückwirft, ist „Indestructible“ von einem schottischen Jam-Team. Wer nicht weiß, wie man vor 15-20 Jahren SMS getippt hat, möge dieses Spiel spielen. Und die anderen frischen einfach ihre eingerosteten Skills wieder auf. Denn am Touchpad tappen kann jede/r!

"Indestructible"

Global Game Jam 2018

„Indestructible“

„Pitch Perfect Pickles“ (Australien)

Selten kann man sich wo so sehr in abgedrehten Spielideen suhlen wie bei einem Game Jam. Das Team um „Pitch Perfect Pickles“ hat sich das zu Herzen genommen und ein Game entwickelt, bei dem man sich als anthropomorphes Gemüse durch bunt-japanische Landschaften jodelt. Die Profitruppe macht’s vor, und wir müssen dann als Azubi aus vier verschiedenen Versatzstücken den jeweiligen Jodler nachträllern. Ein Fall für einen Juchitzer!

"Pitch Perfect Pickles"

Global Game Jam 2018

„Pitch Perfect Pickles“

„Brainjacked“ (Singapur)

Grafik und Sound sind oft mal retro, doch wenn sich auch das Gameplay auf heute weitgehend verschüttete Spielprinzipien beruft, ist das etwas Besonderes. „Brainjacked“ besinnt sich der Arcade-Klassiker „Robotron 2084“ und „Berzerk“ aus den frühen 80er Jahren. Bei diesen zwei Spielen war alles over the top: grelle Farben, hell blinkende Animationen und ein hektisches Spielgeschehen, das man nur mit ausreichend Übung und Geistesgegenwart zähmen kann. In „Brainjacked“ schießt man nicht einfach nur andere Figuren ab, sondern kann sie auch hacken und übernehmen - damit überlebt man in der Regel länger.

"Brainjacked"

Global Game Jam 2018

„Brainjacked“

„Hello, Operator?“ (Hongkong)

Aufgrund des Game-Jam-Mottos gab es manche Namen und Ideen, die mehrfach umgesetzt worden sind. So gibt es etwa 53 Einreichungen, die „Lost in Transmission“ heißen, und auch einige, die sich dem ausgestorbenen Job des Telefonisten oder, viel öfter, der Telefonistin angenommen haben. „Hello, Operator?“ ist speziell, weil hier nicht nur die richtigen Verbindungen gesteckt werden können, sondern es in Wahrheit darum geht, zu experimentieren, auch mal falsch zu stecken und so Einfluss auf den Verlauf von Beziehungen und Geschichten zu haben.

"Hello, Operator?"

Global Game Jam 2018

„Hello, Operator?“

„Lost Signals“ (Kanada)

Gleich zwei mittlerweile obsolete Medien treten in „Lost Signals“ in Kombination auf: der Plattenspieler und der Röhrenfernseher. Wir drehen uns mit dem Mausrad durch die TV-Frequenzen und die Position der Plattennadel dient dabei als Landkarte. Wir entdecken kryptische Tonaufnahmen, alte Demoscene-Würfel und Minigames, die uns bei erfolgreicher Absolvierung Signale übertragen lassen. Welche und wohin, das wird nicht beantwortet. Doch beim Drehen durch analoge Frequenzen war ja Neugierde und Entdeckung immer schon wichtiger als ein konkretes Ziel.

"Lost Signals"

Global Game Jam 2018

„Lost Signals“

„POTUS Simulator 2018“ (Hongkong)

Lust auf mehr? Auf dem Blog Game Jam Curator gibt es weitere Global-Game-Jam-Empfehlungen.

Was passt besser zum Thema „Transmission“ als ein twitternder Präsident? Man muss gar keine Namen nennen, sondern erkennt ihn an der Frisur. Unsere Katze ist aber noch gar nicht an der Macht, sondern nimmt sich den Twitter-Präsidenten als, nun ja, Vorbild. In „POTUS Simulator 2018“ ist das auch durchwegs amüsant und lässt einen den tatsächlichen politischen Wahnsinn, der als Anregung für dieses Spiel gedient hat, kurzfristig etwas besser ertragen.

"POTUS Simulator 2018"

Global Game Jam 2018

„POTUS Simulator 2018“

Aktuell: