FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Bernhard Fleischmann

Walter Mussi

Musik

Stop Making Fans!

Nach knapp zwei Jahrzehnten ist Bernhard Fleischmann immer noch einer der spannensten und besten Elektronikmusiker Österreichs. Das beweist er mit dem neuen Album „Stop Making Fans“.

von Andreas Gstettner-Brugger

Vor knapp zwanzig Jahren ist Bernhard Fleischmanns Solo-Debüt „Pop Loops For Breakfast“ erschienen. Eine Platte, die das geloopte Sample gefeiert und die elektronische Repetition geschickt mit einem Hauch der Indieattitüde der endenden Neuziger verbunden hat. Zugleich war es die erste Veröffentlichung des mittlerweile rennomierten Elektronik-Labels Morr Music und hat damit auch die Stilrichtung dieser Plattform geprägt.

Heute gehört Bernhard Fleischmann noch immer zu den besten und spannensten Elektronik-Produzenten aus Österreich. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass er sich nicht verbiegt, nicht auf die Hype-Züge aufspringt, sondern sie ganz bewusst vorbeirauschen lässt. Genau diese Entscheidung, sich nicht anzubiedern und immer den eigenen Weg zu suchen, ist das Thema des Eröffnungsstücks „Here Comes The A-Train“ seiner neuen Platte „Stop Making Fans“.

Wenn die Musik übernimmt

Wer am lautesten schreit, der verkauft am meisten, singt Bernhard Fleischmann in dem Track, der Krautrock-Beats mit der gewohnt blubbernden Elektronikwelt verbindet. Er selbst zieht es jedoch vor, nicht marktschreierisch durch die Gegend zu ziehen, sondern sich auf sich und seine Stärken zu konzentireren.

Bernhard: „Ich bin schon öfter gefragt worden, warum ich es denn nicht schaffen will, mit der Musik berühmter zu werden. Warum ich nicht mal einen Hit schreiben möchte. Letztendlich schreibe ich halt für mich Hits. Es ist halt mein Pech, wenn das alle anderen nicht auch so sehen.“

Bernhard Fleischmann live:

Bernhard muss bei dieser Aussage selbst laut lachen, denn natürlich fühlt auch er den Druck, der durch die schnelllebige Social Media Welt auf Künstler entsteht, permanent etwas ausspucken zu müssen. So ist auch der Albumtitel „Stop Making Fans“ ein deutliches Zeichen gegen diese Entwicklung, nur mehr große Klick- und Freundeszahlen generieren zu wollen.

Der passene Titeltrack dazu kombiniert kunterbunt durcheinanderhüpfende Melodien, mal gespielt von einer Orgel, mal von Synthesizern, mal von einer Maultrommel, mit einem treibenden und tanzbaren Beat, über den die Vocal-Schnipsel „stop making fans - stop making fences“ fliegen. Die Freude, die dabei sofort herauszuhören ist, verdankt Bernhard Fleischmann seiner immer noch sehr intuitiven Art des Nummernschreibens.

Bernhard: „Wenn ich Musik mache passiert es nachwievor noch so wie bei den ersten Versuchen, dass irgendwann die Musik übernimmt und ich dem quasi nur noch folge und die Songs fertigstelle, so wie es sich für mich richtig anfühlt.“

Und da darf dann schon auch mal ein richtiger Retro-Track dabei sein wie „There Is A Head“, das in seinem repetitiven Groove sehr an Kraftwerk erinnert.

Tag- und Nachtrhythmen

Für Bernhard war eine regelrechte Befreiung, das Album „Stop Making Fans“ so zu machen wie es sich richtig anfühlt, nämlich Songs für eine Tag- und eine Nachtseite zu schreiben, oder für eine - wie Bernhard es selbst nennt - „euphorische und eine entspannte Seite“. So ist das Liebeslied für seine Kinder „You’re The Sprnig“ eine High-Speed Disco Nummer geworden, während das unglaublich sphärische „Little Toy“ eine jazzige Ballade mit herrlich verschleppten, dahinstoplernden Beats und melancholischen Klavierakkorden geworden ist.

Ein weiteres Gegensatzpaar ist das wild durcheinander-pluckernde „We’ve Heard The Talking Heads Talking“, das mit seinen analogen Synthie-Sounds an die Internetmoden-Zeit erinnert und auf der anderen Seite verzaubert einen das verträumte Schlussstück „Endless Stunner“ mit seinen zarten Melodien und den schönen, von seinem langjährigen Kompagnon Markus Schneider gespielten Gitarrenakkordzerlegungen. Übrigens ist „Endless Stunner“ eine Hommage daran, das Bernhard nach all den Jahren immer noch staunen kann, über die Schönheit und Kraft von Musik.

Albumcover "Stop Making Fans" von Bernhard Fleischmann

Bernhard Fleischmann/Morr Music

Das neue Album „Stop Making Fans“ von Bernhard Fleischmann ist auf dem Label Morr Music erschienen.

Eines der absoluten Highlights ist „The Pros Of Your Children“, eine entspanntes, ruhig dahinfließendes Duett mit Lionoir Sängerin Gloria Amesbauer, verfeinert mit Schlagzeugsamples eingespielt von Valentin Duit. Ein Song inhaltlich inspiriert von dem Song „If You Tolerate This Then Your Children Will Be Next“ der Manic Street Preachers.

Bernhard: „Wenn man sich ausschließlich über den größen Benefit der eigenen Kinder kümmert, wird eher das Gegenteil eintreten. Weil man die Gesamtheit aller anderen Kinder außer Acht lässt und nur mehr kleine Egoisten erzogen werden, was dann wiederum sich auf die gesellschaft und damit auf die eigenen Kinder negativ auswirken wird. Mein Wunsch ist schon darauf hinzuweisen, dass die Wiese nicht nur für die eigenen Schäfchen da ist.“

Genau das ist die Kunst von Bernhard Fleischmann, elektronische Musik mit einer derartigen Leichtigkeit mit politischen Inhalten zu füllen, das es nicht aufgesetzt, sondern sehr ehrlich und dadurch berührend wirkt.

„Stop Making Fans“ ist eine prall gefüllte Platte mit den für Bernhard Fleischmann gewohnt ausufernden Tracks, die nach rund einer Minute immer einen extrem starken, hypnotischen Sog entwickeln. Insofern muss man sich für dieses Doppelalbum wirklich Zeit nehmen. Die detailverliebten Arrangements und die zart gesponnenen Mosaik-Soundteppiche geben auch nach mehrmaligem Hören viel her, man entdeckt immer wieder etwas Neues und verliebt sich einmal mehr in die eine oder andere Melodie.

Aktuell: