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Virtual Reality: Zwei Jahre danach

Im Jahr 2016 fiel mit der offiziellen Verkaufsversion des Oculus Rift der Startschuss für die aktuelle Welle an VR-Hardware und -Games. Wo stehen wir jetzt?

Von Christoph „Burstup“ Weiss

Eigentlich bereits im Jahr 2012 bittet das kleine Startup-Unternehmen Oculus um Crowdfunding für den Bau eines neuartigen VR-Headsets - der Prototyp basiert auf den Sensoren eines Smartphones und dem Bildschirm eines Tablets. Die Idee findet bei Videospiel-Enthusiasten soviel Anklang, dass die Kickstarter-Kampagne zur bis dahin erfolgreichsten wird. Diverse Entwicklerversionen sind ab dem Jahr 2014 für Unterstützer und Enthusiasten erhältlich. 2015 kauft der Social-Media-Riese Facebook das kleine Unternehmen. Im März 2016 erscheint die erste offizielle „Konsumentenversion“ des Oculus Rift.

Die Erfindung löst die bisher größte Welle an Virtual-Reality-Hardware und -Software aus. Fast jeder Mensch, der das erste mal eine moderne VR-„Brille“ aufsetzt, reagiert überrascht. Der WTF-Moment kommt vor allem durch die erstaunliche Raumtiefe und die realistischen Größenverhältnisse zustande.

In den zwei Jahren seit dem offiziellen Start des Oculus Rift und seiner zahlreichen Nachahmer ist viel passiert. Betrachten wir zuerst die schnöden Verkaufszahlen: Die meisten VR-Headsets hat nämlich erstaunlicherweise Sony verkauft – mit PlaystationVR, das rund zwei Million mal über den Ladentisch ging. Für PCs wurden weniger Headsets verkauft, nämlich ingesamt rund eine halbe Million - Oculus hat dabei seit kurzem wieder die Nase vorn: 47% der PC-VR-Spieler haben derzeit ein Rift, 45% ein HTC Vive. Microsofts „Mixed Reality“-Headsets, produziert von diversen Partnern wie HP, Acer und Samsung, haben gemeinsam einen Marktanteil von 5%, sind aber auch erst seit wenigen Monaten erhältlich.

Screenshot aus "Echo Arena"

Oculus Studios

Echo Arena

Viel Interesse herrscht bei den Spielerinnen und Spielern derzeit für die VR-Varianten neu aufgelegter Rollenspiel-Klassiker von Bethesda, nämlich Skyrim VR (auf der Playstation) und Fallout 4 VR (am PC) - beides sind Spiele in die man bekanntlich hunderte Stunden eintauchen kann, ohne sich zu langweilen – in VR ist das ein ganz schöner Mindfuck. Bereits eine zwei- bis dreistündige Session in der radioaktiv verseuchten Welt von Fallout führt zumindest bei mir dazu, dass ich einen Spaziergang in der physischen Welt unternehmen muss, um mich wieder zu erden. Tagelange VR-Dauersessions in der tristen Endzeit-Welt wären aufgrund der guten Spielinhalte zwar irgendwie reizvoll, sind aufgrund der hohen Immersion aber dann doch zu deprimierend.

Letzteres gilt auch für das im Dezember veröffentlichte Doom VR, eine Variante des Spiels Doom 2016: Die Alienjagd auf einem fremden Planeten ist so gruselig wie eh und je – nur kommen einem die Monster jetzt eben in Lebensgröße entgegen.

Alle drei Spiele - Skyrim, Fallout 4 und Doom - stammen von Bethesda, einem Entwicklerstudio, das trotz der Begeisterung für die VR-Varianten seiner Spiele auch viel Kritik einstecken muss. Der Bethesda-Mutterkonzern Zenimax befindet sich nämlich in einem Rechtsstreit mit Oculus. Es geht um VR-Technologie, die der legendäre Spieleentwickler John Carmack angeblich von Zenimax gestohlen und bei Oculus eingesetzt hätte (völliger Blödsinn, sagt Carmack), also um Geld. Wegen des Rechtsstreits weigert sich Bethesda, Skyrim, Fallout und Doom für das Rift zu veröffentlichen und verpfuscht bei allen drei Spielen die Steuerung absichtlich so, dass sie zwar mit den Vive- und Playstation-Move-Controllern funktioniert, aber nicht so gut mit den (eigentlich viel besseren) Oculus-Touch-Controllern. Die Spielerinnen und Spieler helfen sich selbst mit Hacks und Mods. Bethesda bzw. Zenimax verspielen Sympathien, indem sie die Kompatibilität von PC-Spielen absichtlich beeinträchtigen.

OrbusVR

Ad Alternum

Orbus VR

Ganz neu und in einer “Early Access”-Version spielbar ist seit kurzem Orbus VR: Es ist das erste echte Multiplayer-Onlinerollenspiel für VR-Headsets - quasi World of Warcraft in Virtual Reality, aber mit Manga/Anime-Grafik. Das beste daran: Die Spielercommunity ist äußerst freundlich. Es regiert das gesprochene Wort, kommuniziert wird also ausschließlich über das Mikrofon des VR-Headsets. Mehrmals wurde mir von anderen Spielern mit höherem Level weitergeholfen, bloß weil ich irgendwo herumgestanden bin und gesagt habe, dass ich irgendeinen NPC nicht finden kann oder einen bestimmten Ort suche. Quests sind - wie in einem MMORPG üblich - am unterhaltsamsten, wenn man sie gemeinsam absolviert, und es findet sich immer irgendjemand, der mitmacht. Die Welt ist groß und lädt zu Entdeckungsreisen ein. Die Spielmechanik ist innovativ - zum Beispiel werden Zaubersprüche mittels der Oculus-Touch-Controller oder Vive-Wands in die Luft gezeichnet.

Das zur Zeit beliebteste Multiplayer-Actionspiel in VR scheint Echo Arena zu sein, der PvP-Teil des Space-Adventures Lone Echo. Das ist zwar schon 2017 erschienen, ich erwähne es hier aber, weil es von Spielerinnen und Spielern weltweit regelrecht gefeiert wird. Echo Arena gibt dir das Gefühl, im Weltraum zu sein und auf einer Raumstation Räuber-und-Gendarm zu spielen – wobei du allerdings nicht mit Laserkanonen schießt, sondern mit Space-Frisbees herumwirfst. Spaß ist garantiert.

Heart of the Emberstone, die zweite, aber eigenständig spielbare Episode der Abenteuerserie The Gallery, ist für mich derzeit das lohnendeste Solo-Adventure, das man kaufen kann. Es dauert zwar nur circa vier Stunden, ist aber sowohl grafisch als auch hinsichtlich der Geschichte einfach nur schön.

18 Floors

Shanghai Wishing Entertainment

Jetzt aber noch ein ganz neues VR-Game: Ich habe gerade die Betaversion von 18 Floors gespielt, einem fernöstlichen Escape-Room-Puzzler. Er ist ganz schön gruselig. Eine junge Frau macht sich auf die Suche nach ihrer wahren Identität in einem sehr alten Gebäude. Großartige Rätsel und furchteinflößende Mysterien, denn jede Tür ist gleichzeitig ein Tor in eine andere Welt. Auch das wirkt dank Virtual Reality viel intensiver als auf einem herkömmlichen Bildschirm.

Fazit: Virtual Reality ist zwar noch nicht Mainstream – doch die Zahl an guten VR-Spielen steigt exponentiell. Neue, verbesserte Headsets sind von allen Herstellern angekündigt – wichtigster Trend dabei: die VR-Brillen der Zukunft werden endlich kabellos.

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