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Michael Shannon in "The Shape of water"

Kerry Hayes / 20th Century Fox

Wahnsinn mit Methode

Wer sich den zwiespältigen Kriegsfilm „Operation 12 Strong“ mit Michael Shannon lieber sparen will: Hier sind fünf großartige Filme mit dem Ausnahme-Schauspieler.

Von Christian Fuchs

Benötigt die Welt einen weiteren Film, der uns zwar sagt, dass Krieg eine schmutzige Angelegenheit ist, aber gleichzeitig unvermeidbar und dass auf dem Schlachtfeld echte Helden geboren werden? Zumindest scheint Hollywood ein zwiespältiges Werk wie „Operation 12 Strong“ zu brauchen.

Das einzig wirklich Interessante an dem Actionthriller, der auf der (halb-)wahren Geschichte einer Special-Forces-Einheit im Afghanistan-Krieg beruht, ist der große Michael Shannon. Eine ausgesprochen zwingende Performance liefert der Ausnahme-Schauspieler an der Seite von „Thor“ Chris Hemsworth aber nicht im Wüstensand ab. Darum hier fünf Alternativen, die auch Nicht-Eingeweihte zu Gläubigen in der Church of Michael Shannon machen könnten.

Sugardaddy mit Psycho-Touch: „The Runaways“

Mit äußerst auffälligen Auftritten in dem bizarren William-Friedkin-Schocker „Bug“, dem desolaten Beziehungsdrama „Revolutionary Road“ und dem durchgeknallten Werner-Herzog-Experiment „My Son, My Son, What Have You Done“ macht sich Michael Shannon in den späten Nullerjahren einen Namen. Manche fragen sich damals, ob der Typ einen echten Huscher hat, andere freuen sich über einen würdigen Nachfolger von Christopher Walken. In dem sträflich unterschätzten Band-Biopic „The Runaways“ sorgt Shannon dann so richtig für Gänsehaut.

Michael Shannon in "The Runaways"

Capelight Pictures

Als sagenumwobener Musikfädenzieher Kim Fowley verkörpert Michael Shannon die dunklen Seiten des Rock’n’Roll-Business. Wie ein psychotisch angehauchter Suggardaddy stakst er durch den Proberaum der blutjungen Frauenband The Runaways, deren Story der Film erzählt. Die Musikerinnen rund um Joan Jett (gespielt von Kristen Stewart) verdanken Fowley zwar ihre Weltkarriere, aber das Verhältnis zum sleazy Manager darf man nach #metoo-Maßstäben als fragwürdig bezeichnen.

There’s a storm coming: „Take Shelter“

Michael Shannon, abseits der Kamera anscheinend ein lakonischer staubtrockener Kerl, scheint abonniert auf zwielichtige Männer. Aber er wirkt sogar spooky, wenn er eigentlich einen wohlmeinenden Mitbürger spielt. In dem auf zurückhaltende Weise mitreißenden Drama „Take Shelter“ spielt er einen Ehemann und Vater, der von apokalyptischen Visionen geplagt wird. Als sich ein gewaltiger Sturm ankündigt und der fragile Curtis seine Familie in einen selbstgebauten Schutzbunker drängt, droht die Stimmung zu eskalieren. Topregisseur Jeff Nichols festigt mit seinem kleinen Indie-Meisterwerk den guten Ruf von Jessica Chastain und gibt Michael Shannon den Raum für eine atemberaubende Meisterleistung.

Michael Shannon in "Take Shelter"

Ascot Elite

Kneel before Zod: „Man of Steel“

Nahezu alle Bösewichte in aktuellen Comicverfilmungen sind ein freiwilliger oder unfreiwilliger Witz, siehe „Thor: Ragnarok“ oder „Justice League“. Wer einen wirklich furchterregenden Superschurken sehen will, sollte sich „Man of Steel“ ansehen, mit dem Zack Snyder seinen besten Beitrag zum DC-Universum lieferte.

Michael Shannon lässt Planeten erzittern als hasserfüllter General Zod, Supermans kryptonischer Erzfeind. Seine Ankunft auf der Erde in einem gigantischen Raumschiff ist schon perfekt inszeniert, die Konfrontation mit dem Todfeind Kal-El aber dann ganz großes Theater. Man kennt vergleichbare Duelle aus unzähligen Blockbustern, aber ausnahmsweise glaubt man hier einem Bösewicht, wenn er schwört die Menschheit auszulöschen. Weil Shannon als big bad Zod einfach ein Wahnsinn ist.

Michael Shannon in "Man of steel"

Warner

Liebevoller Vater mit stechendem Blick: „Midnight Special“

Es ist erfrischend, Michael Shannon auch mal als Helden zu sehen. Wie etwa in Tom Fords unheimlicher Noir-Hommage „Nocturnal Animals“, wo er als cleverer Polizist aber trotzdem fast so creepy rüberkommt wie die Verbrecher. In dem melancholischen Sci-Fi-Thriller „Midnight Special“ nimmt man ihm die besorgte Rolle eines Vaters, der für seinen Sohn alles tut, aber wirklich ab.

Konstante Anspannung liegt in dem Roadmovie in der Luft, schließlich ist neben dem FBI und CIA auch ein gruseliger Kult dem übersinnlichen Kind auf der Spur. „Midnight Special“ ist ein tief berührender Film und ausnahmsweise kann man sich mit Shannon sogar identifizieren. Sein stechender Trademark-Blick verleiht aber sogar dem liebevollen Vater eine spezielle Präsenz.

Michael Shannon in "Midnight Special"

Warner

Der personifizierte Faschist: „The Shape of Water“

Um Guillermo del Toros wunderbaren Oscar-Abräumerfilm kommt man in diesem Kontext nicht herum. Alle zentralen Bösewichte, die Michael Shannon in seiner bisherigen Karriere spielte, vom religiös besessenen Agenten in der Serie „Boardwalk Empire“ bis zum Auftragskiller in „The Iceman“, kulminieren in Colonel Strickland, der in „The Shape of Water“ ein Fischwesen in einem Untergrundbunker im Regierungsauftrag foltert.

Michael Shannon in "The Shape of water"

20th Century Fox

Der diabolische Militär-Bürokrat hätte zu einer bloßen Karikatur geraten können, aber das Drehbuch schenkt ihm ambivalente Momente, die Shannon virtuos nutzt. Strickland, mit seiner Blockwart-Mentalität, dem Technologie-Fetisch, der brüchigen Familienidylle und dem Drang zum Funktionieren personifiziert den Übergang vom Raubtierkapitalismus zum offenen Faschismus. Eine auch erschreckend zeitgemäße Figur, auf den Punkt gebracht von einem der umwerfendsten Schauspieler im Hier und Jetzt, Mr. Michael Shannon.

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