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The Voidz

The Voidz

Der Song zum Sonntag

Bunte Perücken

Der Song zum Sonntag: The Voidz - „All Wordz Are Made Up“

Von Christoph Sepin

In einer zeitlosen Welt der ewigen Referenzen, der Vermischungen und Verwirrungen, in der popkulturell alles anders, aber trotzdem irgendwie gleich ist, da ist die Vergangenheit abgeschafft.

Everything is a remix and a copy of a copy of a copy. Schämen muss man sich für nichts, auch nicht für die böse „guilty pleasure“, für den Sound, den man schrecklich und gleichzeitig gut findet. Permanentes Zeitreisen, in das, was war, und zurück ins Jetzt. Alles verschwimmt, das Echte und die Fälschung, das Original und die Imitation. Also mach dir keine Sorgen um fake und real, um neu und alt und um die Zeit.

Seit 2013 macht der als Frontmann der Strokes in die Öffentlichkeit getretene Julian Casablancas Musik mit seinen Voidz. Als Reaktion auf den übertriebenen und belastenden Hype, der um die Gitarrengruppe schwirrte und unaufhaltsam zu sein schien, soviel Druck, dass es ein Ding der Unmöglichkeit für die Strokes war, da irgendwie unbeschadet rauszukommen.

Die große Leere, wenn das Hypekonstrukt zusammenfällt, das Abtauchen in den Wahnsinn. The Voidz puzzlen sich als wunderliches Konstrukt der Seltsamkeiten zusammen, Lieder auf dem Ende März erscheinenden Album „Virtue“ werden mal groß mal klein geschrieben, suhlen sich in Wiederholungen und Auffälligkeiten, bis irgendwann alles bedeutungslos wird. Ins Ohr hinein, kapitulieren, rekapitulieren. Nicht umsonst heißt der finale Track auf der Platte „Pointlessness“.

Alles ist erfunden

„All Wordz Are Made Up“ zelebriert die Sinnlosigkeit. Wortfetzen tauchen auf und verschwinden wieder, ein Blitzen am Bildschirm, eine Erinnerung an das, was man schon mal irgendwo gehört hat. Aber zuordnen soll man gar nicht mehr, sondern in der Übersättigung verloren gehen. Im groß gefeierten, bunten, zuckersüßen Eskapismus. Ein lauwarmes Rauschen durchs Gehirn, ausgerissene Zeitungsartikel, mit Highlighter für später angemalte Notizzettel.

Der Titelsong für den Fiebertraum über die 90er-Jahre-Sitcom, die nie gemacht worden ist. In der Menschen unermüdlich ihren eigenen Wahnsinn feiern und betanzen. Kostümiert mit bunten Perücken, Truckerkappen und bedeutungslos bestickten Lederjacken.

The Voidz

The Voidz

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

Casablancas ist ein Genie im Heraufbeschwören dieser Ruhelosigkeit und verrückten Übersteuerung. Hektisch und panisch wird sich durch überladene Melodien gerackert. Irgendetwas muss da am Ende sein und auf einen warten, für das es sich lohnt, sich durchzukämpfen durch die aufgeregten Drumsamples und bedeutungsschwangeren Synthesizer. „War Speed“ huscht über den Bildschirm und „Travelling“. Hohe Geschwindigkeiten, Beschleunigung, die große Reise.

Und dann endlich das Finale: Mit ausgeschnittenen Lettern und der Zeile „Nothing is more powerful than an idea, whose time has come“ wird Victor Hugo zitiert. Als ob sich Casablancas hier über die Zeit lustig macht. Über die Referenz und die Sachen, die schon waren. Als ob in den letzten drei Minuten hier irgendeine Idee geboren wurde. Übertriebene Selbstsicherheit, herrliche Ohrwürmer, verpackt in ein überschwängliches Stück Kurzweiligkeit.

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