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Amadeus Austrian Music Awards

APA/GEORG HOCHMUTH

Aber, die Aftershowparty war gut

Von dramaturgischer Fadesse und dem Wunsch nach stärkerer weiblicher Beteiligung. Der Amadeus-Galaabend 2018 im Wiener Volkstheater.

Von Lisa Schneider

„Rock Me Amadeus“ eröffnet den 18. Amadeus-Abend, das ist schön und passend, vor allem, weil es eine Frau singt. Conchita Wurst führt durch den Abend, in neuem Ponyhaarschnitt, silberglitzerndem Oberteil, Lacklederleggins und Adidas-Sportsocken OHNE Pumps. Punk(t). Man sieht sie auf einer großprojizierten Leinwand, nicht einmal, gleich gedoppelt. Und das ist auch schön, um dabei zu bleiben, weil Conchita eine Hose trägt. Die Feminismusdebatte soll an diesem Abend noch ein großes Thema werden.

Und „Rock Me Amadeus“ geht über in den mittlerweile Bilderbuch’schen Klassiker, für den sie auch für „Song des Jahres“ nominiert sind, es ist „Bungalow“. Die Brücke von Alt zu Neu ist hiermit geschlagen, der Amadeus will scheinbar kein altes, verstaubtes Event sein. Und es geht weiter mit einem Medley durch die österreichische Musiklandschaft, bevor es wieder zurückgeht zu „Rock Me Amadeus“.

„Ihr schauts olle so schoarf aus – dieser Abend gehört der Vielfalt der österreichischen Musikszene, es ist der wichtigste deutschsprachige Musikpreis“ flüstert Conchita theatralisch ins Mikro. Ja, mittlerweile stimmt das, der Echo ist ja abgeschafft, zumindest in seiner aktuellen Form.

Song des Jahres

Und es ist unser aller Lieblingsdetektiv, classy im beigen Trenchcoat, natürlich „Columbo“. Wanda sagen, „Columbo“ ist deshalb der beste Song des Jahres, weil sich alle hineinfühlen können, in diesen Typen, der im Pyjama vorm Fernseher liegt. Es ist einfach ein Song für alle, zum Mitsingen, zum Mittanzen, und deshalb: Amore Schatzi.

Alternative

Mavi Phoenix ist in dieser Kategorie nominiert, sie hätte sich einen Amadeus Award schon länger verdient, am besten eigentlich aber in der Kategorie Hiphop. Anyways, auch Garish hätten schon länger gerne diesen Amadeus Award im Regal – aber Leyya gewinnen, und auch das ist verdient. Letztes Jahr haben Leyya den FM4 Award entgegengenommen; heuer gab es gleich zwei Nominierungen. Ein bisschen unverständlich bleibt dabei, dass sie nicht auf die Bühne gehen, um den Award entgegenzunehmen. Wir schieben es mal auf die Einhaltung der straffen Sendeuhr.
„Unseren Traum haben wir zum Beruf gemacht“,sagt Marco Kleebauer. Und dieser Beruf bringt ihnen mittlerweile Gigs von New York bis Barcelona ein. Und nächstes Jahr vielleicht schon drei Nominierungen beim Amadeus Award.

Wanda spielen im Anschluss live- und sie spielen nicht ihren Jahressong „Columbo“, sondern „Lascia mi fare“. Auch ein schöner Moment, der Brücken schlägt, nämlich vom Jetzt zurück zu den ersten großen Hits, zum Amore-Hype, den die Band mit ihrem ersten geichnamigen Album ausgelöst hat.

Electronic / Dance

Der Award geht an Möwe, eines der wohl erfolgreichsten österreichischen Elektronik-Producer- und DJ-Duos. Sie schreiben Mainstreamhits mit gelegentlichem Panflötengesang, Sommerhits für die späte, verschwitzte Clubstunde.

Live Act des Jahres

Geht verdient an Bilderbuch. Nach dem dreimal ausverkauften Arena-Wahnsinn, und dem schon geplanten Gig auf der Schönbrunner Gloriette 2019 ist Bilderbuch eine der größten, erfolgreichsten österreichischen Livebands. Die auch, wie momentan, auf einer erneuten Deutschland-Clubtour ihre Erfolge feiert. Da haben sie wieder zurückgerudert, und auch, wenn sie die Hallen füllen könnten, haben sie Clubs gebucht, was deshalb sehr schlau ist, weil sie sich dadurch noch rarer und kostbarer für ihre Fans machen. Jede Tour mit neuen Outfits, neuem Bühnenbild, einem Pool an Songs, dem immer neue hinzugefügt werden – das ist Unterhaltung auf höchstem Popniveau. Schade, dass Bilderbuch an diesem Abend nicht vor Ort sind, um die Trophäe entgegenzunehmen; man will sich zurückerinnern an ihren vergangenen Auftritt beim Amadeus Award, oder aber auch ihre Soloshow im Wiener Volkstheater 2016.

FM4 Award

Farewell Dear Ghost stehen schon seit gut einem Monat als FM4 Amadeus Award Gewinner fest, was die Euphorie natürlich nicht schmälert. Man will sich gern vorstellen, die Band noch einmal im Überraschungsmoment zu sehen, weil sie wahrscheinlich die ist, die sich am meisten über die Auszeichnung gefreut hat.

Amadeus Austrian Music Awards mit Farewell Dear Ghost

APA/GEORG HOCHMUTH

Gerard, in dessen Liveband Andreas Födinger und Alexander Hackl von Farewell Dear Ghost schon öfter mitgespielt haben, verleiht den Award als nahestehender Künstler und Freund. „FM4 ist der erste Sender, der unsere Musik einem größeren Radius präsentiert. Die Musik gewinnt am Ende immer, egal auf Tour in Österreich, oder in China.“

Farewell Dear Ghost: „Pink Noise“

Farewell Dear Ghost waren bereits 2014 für den FM4 Award nominiert. 2018 haben sie ihn gewonnen. Bei den Amadeus Austrian Music Awards treten sie mit dem Titel „Pink Noise“ auf.

Bevor der Preis übergeben wird, tritt die Band live auf, uns spielt die erste Albumsingle „Pink Noise“. Es ist ein bunter Dschungel, ebenso wie das Album. Das heißt „Neon Nature“,das strahlt, kräftig und überzeugt. „Bei einer Awardpremiere ist der Drang nach großen Worten sehr groß – aber es gilt danke zu sagen an alle, die uns ermöglicht haben, hier stehen zu dürfen. Hinter jeder Band steht auch immer ein Team, das stetig wächst, und die nennen wir jetzt.“ Die Freude steht den Gewinnern in die Gesichter und Schweißperlen geschrieben, es wird hoffentlich nicht die letzte Auszeichnung sein.

Schlager

Nockalm Quintett gewinnt. „Ich möchte meinen KollegInnen danken, dafür, dass sie rausgehen und spielen.“ Das Quintett bedankt die Dichte der Szene, dass so viele Bands schon so lange dieses Genre bedienen, und es erfolgreich bedienen.

Conchita ist zurück, nachdem sie als Moderatorin bei den letzten Slots etwas vermisst wurde. Es hätte der Livequalität der Sendung gut getan, wenn es mehr Interaktion von der Bühne zum Publikum, sei es im Saal oder vor dem Fernseher, gegeben hätte.
Pizzera und Jaus spielen live, mit zwei Gitarren, auch sie sind alte Bekannte am roten Teppich des Amadeus.

Hiphop/Urban

In der Kategorie Hiphop/Urban ist neben vier männlichen Musikern nur eine Frau nominiert, Yasmo, und sie ist überhaupt die erste Frau, die in dieser Kategorie nominiert ist. Sie gewinnt ihn nicht. Der Preis geht an Raf Camora. Aus dem 15. Wiener Gemeindebezirk ist er nach Berlin gegangen, wo er unglaublich erfolgreich ist, von Österreich lange Zeit trotzdem medial ignoriert. Ein Fehler, den zu beheben sich mittlerweile alle bemühen.

Ina Regen spielt, eine Klavierballade in Mundart, es gibt sogar Standing Ovations, aber leider keinen Amadeus Award für die Künstlerin an diesem Abend.

Best Sound

Geht an Bilderbuch. Auch hier verdient, und auch, wenn die Konkurrenz sehr stark war. 5KHD zum Beispiel, die große Teile des Albumausarbeitens auf die Produktion verwendet haben; das Album „And To In A“, das von Andreas Gstettner-Brugger nicht umsonst schon als „Album, das Björk gern geschrieben hätte“ bezeichnet hat.

Ein bisschen verwirrend, dass jetzt Yasmo mit ihrer Klangkantine die Bühne betritt – man hätte sie vielleicht logischer gleich nach dem Hiphop/Urban-Award einplanen sollen. Der Auftritt ist nichtsdestotrotz grandios und das absolute Highlight des Abends.

Amadeus Austrian Music Awards

APA/GEORG HOCHMUTH

In golden glitzerndem Mantel steht sie im Publikum, wo sie sitzt, auf, beginnt zu rappen, über die Männer, die ihr beim Fotoshoot an den Hintern fassen, die, die sie fragen, wessen Freundin sie ist, wenn sie im Backstage sitzt. Sie macht am Weg zur Bühne aus dem Evergreen „Girls Just Wanna Have Fun“ einen feministischen Rap-Feldzug, der die Schwierigkeiten von Frauen im großen Zirkus Musik anspricht: „Girls verdienen viel mehr als nur ein bisschen fun“ ist der wohl bisher beste Satz des Abends, 5/8erl in Ehr’n sind nur drei der wenigen, die aufstehen.
Mieze Medusa, Clara Luzia, Soia, Paenda, Patricia Ziegler, Jeanne Drach um nur einige zu nennen, sie alle Musikerinnen aus Österreich, kommen auf die Bühne und machen den Background-Choir. „Girls just wanna have fundamental rights.“

Yasmo & die Klangkantine: „Girls Wanna Have Fun“

Beim Titel „Girls Wanna Have Fun“ möchte man an Cyndi Lauper denken und könnte nicht weiter daneben liegen. Garantiert kein 80er-Jahre-Synthpop.

Es ist soweit, alle stehen, alle klatschen und jubeln. Nächstes Jahr soll es soweit sein, die Jury, die die Bands für die Amadeus-Awards auswählt, soll zu 50 Prozent aus Frauen bestehen. Der so ersehnte Abstaubungsprozess der Amadeus-Awards würde damit einen großen, wichtigen Schritt tun, es bleibt zu hoffen, dass der Vorsatz auch Wahrheit wird.

Songwriter

Wird von Voodoo Jürgens im knallroten Anzug übergeben, und er geht an Folkshilfe. Es ist ihre erste Nominierung und somit auch ihr erster Awardgewinn, die Freude ist riesig. Und es ist schön, dass hier die Band aus dem Publikum aufsteht, und auf die Bühne geht, und eine offen überraschte und freudige Rede hält.

Pop/Rock

„Die Tour ist das Leben, und alles andere ist ein virtueller Haufen Scheiße“, Marco Wanda ist ehrlich im Interview, das wieder per Screen eingespielt wird.

„Das musikalische Schaffen wird im Publikum gewürdigt, und nicht von einem Preis. Ich versuch, hineinzuschauen, in den Preis, aber ich seh’ mich halt nicht. Die Initialzündung geht von den Menschen aus, wenn ich vor ihnen steh, und da kommt unsere Energie her. Es hat eine ganz eigene Macht, das mit den Menschen gemeinsam zu tun, das macht einen demütig und leise, und in sich gekehrt. Man wird nachdenklich, und das sind vielleicht die schönsten Momente“.

Weiter gehts: vor drei Jahren haben sind sie mit dem Band des Jahres-Award nach Hause gegangen, heuer stehen sie auf der Bühne des Volkstheaters: die steirische Überflieger-Band Tagträumer. Die sich in den Mainstream-Charts schon mal auf Platz drei mit neuem Album setzt.

Album des Jahres

Der erste Award für das Musik- und Kabarretduo Pizzera und Jaus heute, für ihr Debutalbum „Unerhört Solide“; die Kategorie, in der auch Falco nominiert gewesen wäre; wie aktuell es ist, einen verstorbenen Künstler zwischen ZeitgenössInnen zu platzieren, soll dahingestellt sein.

Julian Le Play kommt auf die Bühne und zitiert ein scheinbar endloses Gedicht über die Liebe, ah nein, es geht um die Musik. „Sie bringt uns Freude, sie bringt uns Phantasie, sie macht, dass unsere Träume Realität werden; dann versteckt sie sich wieder, sie bringt und Zweifel, und Ängste, und dann bringt sie uns an Orte, die dunkel und finster sind."

Ich lasse diese Worte an dieser Stelle wirken.

Jazz/World/Blues

5/8erl in Ehr’n nehmen den Preis entgegen, auch hier ein eingespieltes Video am Stream,schade.

Und jetzt Liveprogramm: Melissa heißt die Künstlerin, sie bringt uns Softtechno mit Fransenstiefeln und Akkordeon. Turbofolk, man darf mitgrölen, oder sich einfach nur fremdschämen, Ballermann im Volkstheater.

Hard’n’Heavy

Kurzes Scheppern draußen, bis klar wurde, die Gewinner der Kategorie Hard’n’Heavy, Kaiser Franz Joseph haben einen riesigen Truck direkt vor dem Red Carpet bestiegen, um ein Ständchen für all die schön angezogenen Gäste zu spielen. Eine kleine Vorbereitung auf den Auftritt drinnen? Sie haben’s vielleicht geahnt, sie bekommen den Hard’n’Heavy-Award. Auch sie werden per Monitor eingespielt, schöner wärs gewesen, sie live nicht nur draußen spielen zu hören, sondern auch live auf der Bühne.

Es gibt noch ein Medley, unter anderem sind
Simon Lewis und Onk Lou dabei.

Lebenswerk

Den Amadeus Award bekommt heuer der im Vorjahr verstorbene Wilfried Scheutz verliehen, eine Austropoplegende zwischen Rock- und Volksmusik. In der Kurzdoku, die eingespielt wird, ist wohl der beste, und treffendste Satz: “Dann is man plötzlich out, dann wart ma a zeitl, dann is ma wieder in." Alles in Pop und Mode kommt irgendwann wieder, es war eine sehr schöne Würdigung im Rahmen der Gala.

Fazit Amadeus 2018: die Gala, die leider an der Dramaturgie gescheitert ist. Bands, die im Publikum sitzen, und ihren Award statt auf der Bühne in einem voraufgezeichneten Video entgegennehmen. Dadurch nimmt sich die Show selbst den Elan und die Überzeugungskraft. Für nächstes Jahr gerne mehr Mut, live Fehler zu riskieren; und vor alle, da sind wir alle ganz bei Yasmo, viel, viel mehr weibliche TeilnehmerInnen auf der Bühne, und in den Kategorien.

Die Gewinner der Amadeus Austrian Music Awards 2018

Lebenswerk: Wilfried
Song des Jahres presented by Hitradio Ö3: Columbo – Wanda
Album des Jahres: Unerhört Solide - Pizzera & Jaus
Live Act des Jahres presented by oeticket.com: Bilderbuch
Alternative: Leyya
Pop/Rock: Wanda
Electronic/Dance: Möwe
Hard & Heavy: Kaiser Franz Josef
HipHop/Urban: Raf Camora
Jazz/World/Blues: 5/8erl In Ehr´n
Schlager/Volksmusik: Nockalm Quintett
FM4 Award: Farewell Dear Ghost
Best Sound presented by FAMA: Bilderbuch „Magic Life“, Recording: Bilderbuch, Zebo Adam & Alex „Fire“ Tomann, Mix: Alex „Fire“ Tomann
Mastering: Martin Scheer, Künstlerische Produktion: Bilderbuch & Zebo Adam
Songwriter des Jahres presented by AKM / austromechana: Florian Ritt, Gabriel Haider (Musik & Text), Paul Slaviczek (Musik), und Mathias Kaineder (Text) für „Mir Laungts“ von Folkshilfe

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