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Filmstill aus "Isle of Dogs"

Twentieth Century Fox

„Isle of Dogs“ ist fast schon ein zu großes Spektakel

Wes Andersons neuer Stop-Motion-Film „Isle of Dogs“ ist ein wildes Sammelsurium an Witz und den ganz großen Themen. Ein bisschen weniger wäre am Ende aber mehr gewesen.

Von Jan Hestmann

„Was wird aus dem besten Freund des Menschen?“, versucht Professor Watanabe den aufgebrachten Mob noch umzustimmen, doch der kennt kein Mitleid. Bürgermeister Kobayashis Beschluss ist längst gefasst - die Metropole Megasaki verbannt sämtliche Hunde aus der Stadt. Um der grassierenden Hundegrippe Einhalt zu gebieten, werden die Vierbeiner auf schnellstem Wege nach Trash Island deportiert und dort zwischen Müllbergen ihrem Schicksal überlassen. So weit die Ausgangslage von Wes Andersons neuestem Film „Isle of Dogs“.

Wes Anderson mit seiner unverkennbaren Handschrift, die kann man mögen oder nicht, ist einer der großen Kultregisseure der Gegenwart. Die Aufregung ist also immer dementsprechend groß, wenn sich ein neuer Film ankündigt. „Isle of Dogs“ ist nach „Fanstastic Mr. Fox“ sein zweiter Stop-Motion-Langfilm. Und es ist mit Abstand sein aufwändigster. Um die 1.000 Figuren wurden für diesen Film in mühevoller Kleinarbeit hergestellt. Das Ergebnis ist durchaus ein Spektakel, ästhetisch natürlich wieder ein lupenreiner Anderson; ein buntes, streng symmetrisches und maximal verspieltes Manifest.

Der 12-jährige Atari will sich nicht damit zufrieden geben, dass er seinen Wachhund Spots nie wieder sehen soll, und begibt sich auf die riskante Reise nach Trash Island. Statt seines Hundes trifft er dort ein schlagkräftiges Hunderudel: Chief, Rex, Boss, Duke und King. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach Spots.

Isle Of Dogs

Twentieth Century Fox Film

Wie es für einen Wes Anderson-Film üblich ist, ist auch „Isle of Dogs“ hochkarätig besetzt. Die Hunde auf Trash Island werden unter anderen von Bill Murray, Jeff Goldblum, Edward Norton, Scarlett Johansson und Liev Schreiber gesprochen. Der mürrische Streuner und Alpha-Hund Chief bekommt seine Stimme von Brian Cranston geliehen, und der ist wie immer hervorragend. Neben Atari und den Hunden auf Trash Island gibt es aber auch noch jede Menge Nebenschauplätze und Nebenfiguren. Etwa die rebellische, afrotragende Schülerin Tracy (gesprochen von Greta Gerwig) oder eine von Yoko Ono gesprochene Wissenschaftlerin, die an einem Heilserum für die Hunde tüftelt.

Der hohe Anspruch führt zur Überladung

Anders als in „Fantastic Mr. Fox“ will Wes Anderson in „Isle of Dogs“ nicht bloß einen Mikrokosmos ausleuchten, wie etwa den Fuchsbau der Familie Fox, sondern ein großes komplexes Bild einer verrohenden Gesellschaft zeichnen, die - sich im Angstzustand befindend - unmenschliche Entscheidungen trifft. Parallelen zu gegenwärtiger Gesellschaftspolitik sind dabei natürlich absichtlich und überdeutlich gezogen.

Das ist ein spannender Anspruch, den Anderson da stellt, führt aber auch dazu, dass der Film ganz schön überladen wirkt - ähnlich wie Andersons letzter Film „Grand Budapest Hotel“, der zu einem nicht unwesentlichen Teil aus einer Aneinanderreihung kurzer Star-Cameoauftritten besteht. In „Isle of Dogs“ geht dieses gefühlte Zuviel an Story und Figuren vor allem auf Kosten der weiblichen Charaktere. So wird die Hündin Nutmeg (Scarlett Johansson) zwar vielversprechend in die Handlung eingeführt, bleibt aber im Lauf des Films ganz schön auf der Strecke. Ähnlich wie Nutmeg ergeht es der Rebellenführerin Tracy im Lauf des Films. Dass die ausgerechnet eine Austauschschülerin aus Ohio sein muss, lässt außerdem die nicht ganz unverdiente „White Savior“-Kritik im Netz laut werden, die dem Film anhaftet.

Still aus "Isle of Dogs"

Twentieth Century Fox

„Isle of Dogs“ ist nicht zuletzt aber auch eine große Hommage an die japanische Kultur. Natürlich wird dabei jedes Klischee abgearbeitet, aber diese Würdigung Andersons wirkt schließlich doch sehr charmant - vom Kirschblüten-Haiku über Sumo-Ringen bis hin zu einer spektakulären Szene, in der Sushi zubereitet wird (vielleicht ist diese kleine Szene sogar die schönste im ganzen Film). Dieser Anspruch einer Hommage wirkt sich auch auf den Soundtrack aus, der Anderson-untypisch nicht aus einer Ansammlung von Indie-Tracks besteht, sondern vor allem von Trommeln dominiert wird. Schön!

Ein Dauergrinsen im Gesicht

Was Wes Anderson in „Isle of Dogs“ aber vor allem wieder eindrucksvoll beweist, ist, wie gut er das Zwischenmenschliche - in diesem Fall wohl eher das Zwischentierische - auf die Leinwand bannen kann, mit den kleinsten Bewegungen, Mimik, und mit feinst geschliffenen Dialogen, die einem beim Zuhören ein Dauergrinsen ins Gesicht zaubern. Man könnte den Figuren ewig dabei zuhören, wie uneinig sie sich nicht sind. Diese Kunst beherrscht tatsächlich kaum einer so gut wie Wes Anderson.

An alle Katzenliebhaber hier zum Schluss noch eine Warnung: Auch ihr werdet nach diesem Film ein neues Lieblingshaustier haben. #dogcontent

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