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Rauchen im Flugzeug

Der Song zum Sonntag: Underworld & Iggy Pop - „Bells & Circles“

Von Christoph Sepin

Iggy Pop kann sich an Dinge erinnern. An das Rauchen in Flugzeugen, ans Stewardessen Anquatschen, ans Kokain Ziehen und dann ans Vergessen von dem, was er da alles so gemacht hat. Früher, in den alten Zeiten. Von Dingen, die echt passiert sind oder vielleicht auch gar nicht.

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  • Auch der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar macht sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song seine Gedanken.

In „Bells & Circles“ erzählt der Stooge von diesen Erfahrungen. „I remember smoking on the aeroplane, I used to love to smoke on the aeroplane.“ Gemeinsam mit Underworld hat sich Iggy an die Arbeit an dem Track gemacht. Angeblich sei die Idee dazu während einem gemeinsamen Nachmittagstee gekommen. Man möchte aber den Eindruck bekommen, das hier gar nicht zuviel vorbereitet wurde.

Ein vor sich hin marschierender Beat, ein Erzähler, der viel und wenig gleichzeitig sagt, ab und zu unterbrochen von verwaschenem Gesang aus dem Hintergrund. „Sunlight on my wings“, der kurze Refrain, der einer sein will, aber irgendwie keiner ist. Eine kurze Gesangseinlage, bevor Iggy weitererzählt.

Das sagt einiges aus über die Entstehung dieses Songs. Als hätten Underworld einfach mal ein Instrumental an Iggy geschickt und gesagt: „‚Sunlight on my wings‘ soll das Thema des Ganzen sein, was fällt dir dazu ein?“ Und Iggy habe nicht lange überlegt. Sondern einfach mal angefangen. Stream of consciousnesskann man das nennen. Das Wiedergeben von Gedanken, bevor die überhaupt zu Ende gedacht wurden.

If I had wings, I wouldn’t do anything beautiful and transcendent

Lautet die Eröffnungszeile, bevor Iggy seine Geschichte über das Flugzeugfliegen beginnt, über „the golden days of air travel“ wie er selbst dazu sagt. Und man weiß nicht, wie so oft bei Iggy Pop, was hier jetzt ernst gemeint ist und was nicht.

Das sind einerseits die Gedanken eines reaktionären Nostalgikers, der über die „guten“, alten Zeiten sinniert. Der die Jahre vermisst, in denen man halt alles irgendwie machen konnte, was man wollte. Vorausgesetzt, man war schon von Haus aus mit einem gewissen Grundprivileg ausgestattet.

You can’t do that

Andererseits ist das alles wieder ein satirischer Blick auf die, die sich die Welt einfach denken wollen. Die alles vereinfachen und für „gar nicht so schlimm“ befinden. Und das erreicht Iggy in „Bells & Circles“ durch komplette Übersimplifizierung und ins absurde wandernde Gedanken.

Da wird eine Flugzeugentführung durch ein paar Teenager als Lausbubenstreich betrachtet, über die „European ideas of good and bad“ geraunzt und über „a vengeful God“, der es Iggy nicht erlaubt, im Flugzeug zu rauchen.

Eine abstrakte Aneinanderreihung immer wirrer werdender Gedanken, stabil gehalten durch den eingängigen, repetitiven Beat und eine überglückliche Grundstimmung, die sich eigentlich mit dem Rest des Songs nicht vertragen sollte. In fast acht Minuten, die sich deutlich kürzer anfühlen, ein Lied der Zufälligkeiten und Wunderlichkeiten. Schnell und dreist und um sich selbst tanzend.

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