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Parquet Courts - Wide Awake!

Ebru Yildiz

Parquet Courts im House of Pain

Die Parquet Courts aus New York sind eine der besten zeitgenössischen Punk-Bands. Im FM4-House Of Pain erzählen sie von ihrem neuen Album „Wide Awake!“, der Zusammenarbeit mit Danger Mouse und dem Ende des Quaterbacks in der amerikanischen Gesellschaft.

Von Christian Lehner

„If the kids are united then we’ll never be devided”. Was die britische Punkband Sham 69 im Juli 1978 in die Welt brüllte, ist auch auf dem neuen Album der Parquet Courts aus New York Programm. In einer Zeit, in der politischer Pop in Partikularinteressen zerfallen ist, wirkt dieser Ansatz etwas aus der Zeit gefallen. Genau so wie der Punk und Art-Rock dieser klassisch mit vier Männern besetzten Gruppe aus Brooklyn, New York. Oder doch nicht?

We are conductors of sound, heat and energy
And I bet that you thought you had us figured out from the start
We are conduits of clear electricity
Now you’re back on the pitch to take the apparatus apart
- „Total Football“

Co-Sänger Andrew Savage sieht eine neue Ära des kollektiven Aufbegehrens heraufziehen. Frei nach Žižek wurde sie von der großen Nemesis aller Vernunft initiiert. Es geht also wieder einmal um Donald Trump. Weil gute politische Popmusik aber den ganzen Gesellschaftsscheiß entweder auf eine persönliche Ebene herunterbrechen kann, oder zumindest neue Sichtweisen auf alte Probleme eröffnet, geht es im Opener „Total Football“ um genau das, den Volkssport aller High-School-Jocks. Und natürlich um viel mehr.

„Am Ende des Songs steht ein stellvertretendes „Fuck Tom Brady!“, so Andrew Savage im FM4-Interview in Berlin. „Die Idee des Quarterbacks hat sich überlebt. Diese Rolle des aggressiven, männlichen und schlussendlich einsamen Wolfes, der allein das Spiel entscheidet, ist ein Auslaufmodell.“

Parquet Courts - Wide Awake!

Rought Trade

„Wide Awake“ von Parquet Courts ist auf Rough Trade erschienen. Hier geht’s zum Interview-Podcast.

Für die Parquet Courts sind die lauten Töne, die von Machos wie Trump gespuckt werden, das letzte Aufbäumen einer alten Ordnung. #metoo und die landesweiten Proteste von SchülerInnen gegen die Waffenlobby in den USA sind ein Indiz dafür. Noch vor wenigen Jahren wären sie in dieser Größenordnung undenkbar gewesen.

Dass aber ausgerechnet in einer der Keimzellen der amerikanischen Männlichkeitskultes eine Flamme der Widerstandes zu lodern beginnt, davon wagten wohl nicht einmal die kühnsten Systemkritiker zu träumen. Der anhaltende Beef des US-Präsidenten mit einzelnen Spielern und ganzen Teams der NFL (National Football League) dient den Parquet Courts als Prisma für ihre Utopie.

Only through those who stay awake can an institution be dismantled
It is dishonest, nay, a sin to stand for any anthem that attempts to drown out the roar of oppression
- „Total Football“

Der Titel des Songs ist eine Projektion des niederländischen Begriffes „totaalvoetbal“ (Totaler Fußball) auf den amerikanischen Football und die US-Gesellschaft an sich. Es gibt keinen Dominator, jeder Spieler kann am Feld jede Position einnehmen, ohne dabei seine Individualität aufgeben zu müssen. Mannschaftssport als Gesellschaftsmodell, als Weg zurück in die Zukunft. Das hat sich auch auf die Arrangements ausgewirkt. „Deshalb hörst du auch erstmals auf einem Parquet Courts Album sich überlagernde Stimmen und Chöre“, so Gitarrist Austin Brown, „wir wollten das auch ins Formale übersetzen.“

Parquet Courts - Wide Awake!

Christian Lehner

Parquet Courts beim FM4-Interview in Berlin: Andrew Savage (l), Austin Brown (r), Lichtschalter.

Power-Akkorde und Dada Referenzen: „Total Football“ ist die Essenz des Parquet-Courts-Punks. Die Regler, Riffs und Intonationen auf Buzzcocks gestellt, zitiert Andrew Savage jede Menge Namen aus der Kunstwelt und feiert mit Dada die Idee vom individualistischen Kollektiv. Das klingt dann eigentlich wieder ganz vernünftig. Leidenschaftliche Vernunft, vielleicht ist das ja der neue Punk.

Swapping parts and roles is not acting but rather emancipation from expectation
Collectivism and autonomy are not mutually exclusive
Those who find discomfort in your goals of liberation will be issued no apology
And fuck Tom Brady!
- „Total Football“

Warum die Parquet Courts eine ausgeprägte Hassliebe zur ihrer Heimatstadt New York empfinden, wie ihre Musik mit Hilfe von Superstar-Produzent Danger Mouse (U2, Adele, Black Keys) Tanzbeine bekommen hat und warum Armut für sie ein Verbrechen ist, erfahrt ihr hier im FM4-Interview-Podcast. Wer zu den Sprechblasen die Songs vom neuen Album „Wide Awake!“ hören möchte, klopfe heute Nacht ab 22:00 Uhr beim FM4-House of Pain an und begebe sich dort in den Dachboden der Basement Show mit Rainer Springenschmid.

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