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Blumenaus WM-Journal

Brasilien leuchtet - weit über die sonst seltsame Gruppe E hinaus.

Sidestep: warum Österreich gestern Brasilien hosten durfte. Außerdem: ob es zur Hexa kommt, warum Assimilation dröge macht und schlechte Personalpolitik ein Killer ist.

Von Martin Blumenau

Um Brasilien zu kriegen, muss man normalerweise tief in die Tasche zu greifen. Wieso es dem ÖFB gelungen ist, den letzten Test des attraktivsten Teams der Welt nach Wien zu bekommen, das hat Trainer Tite vorab unabsichtlich verraten, als er seiner Freude darüber Ausdruck verlieh, das Vorrunden-Spiel gegen Costa Rica simulieren zu können, weil Österreich ja mit einer Fünfer-Abwehr spielt und „davor eine Linie mit vier Spielern“ hat. Nun, so spielt Österreich nie, das 3-4-3 ist mit diesem Vorsicht-Ansatz nicht vergleichbar. Gestern Abend allerdings lief die ÖFB-Truppe genau so auf. Wie bestellt. Wohl weil so bestellt.

Kein schlechter Deal. Denn mit einer offensiveren Ausrichtung wäre Foda der Seleção eh schon in Halbzeit 1 ins Messer gelaufen. Dann lieber Costa Rica simulieren.

The daily blumenau bietet seit 2013 ebenso wie sein Vorgänger, das Journal, regelmäßig Einträge zu diesen Themenfeldern.

República Federativa do Brasil

Der fünfte Titel ist auch schon wieder her, 2002, seitdem steht die Hexa auf der Agenda, der sechste Gewinn einer WM. Und wieder stehen die Vorzeichen gut. Diesmal sogar besser als gut.

Das hat mit Tite zu tun, dem wortgewandten Coach. Der ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil seines dogmatischen Vorgängers Dunga und vor allem Schüler von Luiz Felipe Scolari, dem WM-Trainer von 2002 (aber auch dem 1:7-Verantwortlichen der Heim-WM). Tite hat vom lange dominanten, klassischen 4-2-4 auf ein italienisch anmutendes 4-3-3 umgestellt, ohne dabei die traditionelle Offensiv-Power zu verlieren (was mit den pushenden Außenverteidiger und der innovativen Rolle der beiden Achter zu tun hat), die sich vor allem in gezielter Drei- oder gar Viereck-Bildung an den Flügeln auszeichnet, gegen deren kombinatorische Kraft wenig auszurichten ist.

Tites Personalpolitik zeugt von Fingerspitzengefühl. Obwohl er einige (Ex-)Spieler seines Vereins Corinthians (Renato Augusto, Paulinho, Fagner, Cassio, Marquinhos...) dabei hat, ziehen auch exponierte Stars wie Willian, Neymar oder Coutinho (der sogar auf einer ungewohnten Position) eifrig mit. Und im Gegensatz zu früheren brasilianischen Teams gibt es keine echte Schwachstelle, sondern zwei Top-Torleute und zwei Top-Center; vielleicht ist die Innenverteidigung ein paar Zentimeter zu klein.

Tites Brasilien strahlt jedenfalls vor berechtigtem Selbstbewusstsein und steht - bei optimalem Verlauf und guten Winden - erst im Halbfinale vor einer echten Herausforderung.

República de Costa Rica

Die Mannschaft, die Österreich die Ehre hatte simulieren zu dürfen, ist in großen Teilen noch die von 2014, vor allem der Stamm mit Supergoalie Keylor Navas, Gamboa, Acosta, Gonzales, Tejeda, Borges, Bryan Ruiz, Bolanos und Campbell ist noch dabei. Und auch das 5-4-1 von Jorge Luis Pinto hat der Neue, Óscar Ramírez, übernommen.
Und genau das ist das Problem der Ticos. Keiner wird sie mehr unterschätzen, jeder kann sie ausrechnen und lesen und vier Jahre älter sind sie auch geworden, und die wenige Neuzugänge sind zumeist in der MLS unterwegs.
Bei aller vor vier Jahren (vor allem im heroischen Kampf gegen die Niederlande) aufgebauten Liebe: Diesmal kann nicht arg viel herausschauen, es sei denn Navas hält halt wirklich jeden Ball.

Confoederatio Helvetica - Schweizerische Eidgenossenschaft- Confédération suisse - Confederazione Svizzera - Confederaziun svizra

Das Team der Schweiz, die Nati (gesprochen: Nazi) sehe ich - als treuer Kunde des SRF - sehr oft. Und sie ist die langweiligste Mannschaft der Welt. Spult ihr Ding runter, ist ergebnisorientiert, erreicht Ziele und hat nichts zu erzählen.

Dabei wurde die Erfolgsgeschichte vor 10, 15 Jahren mit einem grandiosen Narrativ gestartet: die Secondos, die Kinder der Einwanderer aus dem Balkan (vor allem Albanien/Kosovo) und Afrika, würden den zuvor biederen Schweizer Kick neue Seele, neuen Mut und neue Kraft einhauchen. Und der aktuelle Kader spiegelt das wider: Xhaka, Behrami, Dzemaili, Shaqiri, Seferovic, Drmic, Gavranovic, Rodgizuez, Fernandez, Mvogo, Akanji, Moubandje, Zakaria, Embolo... das steht für geballte Qualität.

Nur: einmal in das von Vladimir Petkovic übernommene, strikte 4-3-3 gepresst, verlieren diese Könner prompt ihre Strahlkraft und werden zu biederen Bediensteten einer Beamten-Auswahl.

Das hat mit Assimilation zu tun, dem Konzept, das eine weit nach rechts gerückte Schweiz im Bereich Migration fährt - ein Kurs, der auch die österreichische Regierung anstrebt: Anpassung durch Leistung. Die Neubürger, egal welcher Generation, solange man es ihnen äußerlich ansieht, werden sie dementsprechend gefordert, legen ihre alten Identitäten und Konzepte ab und werden zu Schweizern. Und genau so spielen sie auch. Es ist grauenvoll anzusehen, aber in Maßen erfolgreich, Achtelfinale halt.

Република Србија - Republika Srbija

Verhindern kann das nur ein serbischer Einspruch. Und der ist fraglich. Wer sich jetzt wundert und an die wirklich hervorragende Qualifikation der Serben erinnert (ua zweimal gegen Österreich): seitdem ist in Belgrad kein Stein auf dem anderen geblieben, es hat sich alles verändert; und nicht aus guten Gründen und auch nicht zum Besseren.

Absurde Geschichte: Erfolgscoach Slavoljub Muslin wurde letzten Oktober gefeuert, der unerfahrene Mladen Krstajic, zuvor Assistent, übernahm. Hintergrund: Muslin hatte sich geweigert, den von Verbands-Kräften dringend geforderten Sergej Milinkovic-Savic zu seinem Länderspiel-Debüt zu verhelfen, weil ihm der Jungspund nicht in seine WM-Planung passte.

Daraufhin brach ein interner Machtkampf zwischen den Führungsspielern Ivanovic (Kapitän unter Muslin), Kolarov (Kapitän unter Kristajic) und Nemanja Matic los. Von Muslins Quali-Stamm fehlen im WM-Kader Nastasic, Gacinovic, Rukovina, Obradovic oder Gudelj.

Von Muslins hocheffizientem 3-4-3 ist nichts übrig geblieben. Kristajic hat sich auf ein 4-2-3-1 eingependelt und seltsame Tests gegen afrikanische, asiatische und südamerikanische Teams gespielt.

Mit anderen Worten: alles sehr befremdlich. Serbiens Nationalmannschaft war unter Muslin aus einer wirklich sehr sehr tiefen Talsohle wieder nach vorne gekommen, und hatte gerade wieder Anschluss gefunden, ehe diese freiwillige Selbstdemontage vom Zaun gebrochen wurde.

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